Österreich geht mittlerweile in die fünfte Woche nach dem Coronavirus bedingten Lockdown. Obwohl es bereits zu leichten Lockerungen kommt, gelten nach wie vor Ausgangsbeschränkungen. Viele Menschen vermissen Freunde und Abwechslung jetzt stärker als zu Beginn der Corona-Krise.
Mag. Regina Nicham, Psychologin und Leiterin der Arbeitspsychologie bei Österreichs größtem betrieblichen Gesundheitsdienstleister IBG, nennt Strategien/ Maßnahmen, wie die soziale Abschottung gemeistert werden kann: „Es ist nur zu natürlich, dass vielen Menschen nach mittlerweile vier Wochen der Beschränkungen die Decke auf den Kopf fällt. Regelmäßige Aktivitäten und ein geordneter Tagesablauf helfen, die Zeichen der Isolation in den Griff zu bekommen.“
Was zu Beginn der rigiden Maßnahmen für die einen noch ein wenig wie „Urlaub“ geklungen hat, ist inzwischen für viele Bürger*innen beängstigend und besorgniserregend geworden. Über einen Monat des Shutdowns liegen hinter uns, und niemand kann sagen, wie viele Wochen es noch sein werden. Verzweiflung und Einsamkeit werden mit jedem Tag belastender. Dem kann man entgegenwirken, indem man aktiv bleibt und seinen Tagen Struktur gibt. Wir haben hier für sie ein paar Tipps für Aktivitäten, um sich positiv abzulenken und die Zeit für sich sinnvoll zu nutzen!
Tipp 1: Einen Plan machen
Erstellen sie sich zunächst einen Plan für die kommende Woche. Wenn sie im Home-Office tätig sind, ist der Großteil des Tages vermutlich schon durchorganisiert. Ist dies nicht der Fall, versuchen sie dennoch eine Tagesstruktur beizubehalten und sich gewisse Dinge vorzunehmen, um beschäftigt zu sein. Planen sie ein Highlight pro Tag, auf das sie sich freuen können.
Tipp 2: Frühjahrsputz
Nutzen sie die gewonnene Zeit und nehmen sie den Frühjahrsputz in Angriff. Gerade jetzt ist es sinnvoll alles möglichst sauber zu halten. Putzen sie auch ihre Fenster und nutzen sie die Gelegenheit, dabei ein wenig frische Luft zu tanken.
Tipp 3: Dokumente sortieren
Über das Jahr sammeln sich viele Dokumente und Unterlagen an, die meist, ohne sich Gedanken zu machen, wie man sie später wiederfindet, in einer Schublade oder einem Kasten verschwinden. Jetzt wäre die perfekte Gelegenheit dazu, Ordnung in ihre Unterlagen zu bringen.
Tipp 4: Sich fit halten
Gerade wenn man viel Zeit in den eigenen vier Wänden verbringt und auch der Weg in die Arbeit wegfällt, ist es wichtig sich fit zu halten – auch wenn die Möglichkeiten begrenzt sind. Bewegung hilft erwiesenermaßen Stress und Anspannung abzubauen. Es gibt viele Übungen, die sich sehr gut mit dem eigenen Körpergewicht machen lassen [Liegestütz, Sit-ups, Kniebeugen, etc.], aber auch im Internet lassen sich viele Videos mit Anleitungen für zum Beispiel Yoga finden. Und nicht vergessen: Bewegung darf Spaß machen.
Tipp 5: Sich weiterbilden
Vielleicht gibt es ein Sachbuch, das sie schon längst lesen wollten, aber nie die Zeit dafür gefunden haben? Oder eine Sprache, die sie schon immer gerne lernen wollten? Neue Medien machen es möglich, dass wir uns in verschiedenen Bereichen jederzeit weiterbilden können – sei es über Apps, eBooks oder Workshops und Vorträge auf YouTube.
Tipp 6: Andere unterstützen
Wenn sie nicht selbst zur gefährdeten Gruppe zählen, bieten sie gefährdeten Nachbarn ihre Unterstützung an und übernehmen sie Erledigungen wie den Einkauf oder das Besorgen von notwendigen Medikamenten – dies sollte selbstverständlich möglichst ohne direkten Kontakt und unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen geschehen und natürlich mit ihren Ressourcen übereinstimmen.
Tipp 7: Brettspiele ausprobieren
Sollten sie die Isolation nicht alleine verbringen, greifen sie auf die vielleicht schon etwas verstaubten Brettspiele zurück und vertreiben sie sich die Zeit gemeinsam. Sie werden staunen, wie viel Spaß so eine Runde Mensch ärgere dich nicht macht 🙂
Tipp 8: Lesen, Musik und Kultur
Wie viele Bücher stehen noch in ihren Regalen und warten darauf gelesen zu werden? Oder hören sie mal wieder Musik, schauen sie sich ein Konzert, eine Oper oder Theaterstück online an oder gehen sie virtuell ins Museum. Vieles wird mittlerweile schon im Internet zur Verfügung gestellt.
Tipp 9: Bleiben sie in Kontakt und verabreden sie sich online
Nutzen sie Skype, WhatsApp, Telefon und andere soziale Medien, um mit ihrer Familie und ihren Freunden in Kontakt zu bleiben und sich auszutauschen. Wählen sie bewusst auch andere Gesprächsinhalte als das Coronavirus und fokussieren sie sich auf Positives und Lustiges.
Tipp 10: Gesunde Ernährung stärkt Körper und Psyche
Versuchen sie sich gerade jetzt etwas Gutes zu tun und sich dafür Zeit zu nehmen – dazu gehört auch darauf zu achten, was wir essen und trinken. Vielleicht ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, wieder einmal für sich selbst gesund zu kochen oder ein neues Gericht auszuprobieren. Viele Menschen finden auch, dass Gewichtsreduktion unter den Umständen einfacher gelingt als unter normalen Arbeitsbedingungen. Und vergessen sie nicht, regelmäßig und genug zu trinken.
Wichtig bei all dem: Grundsätzlich kann man bei Anzeichen von Lagerkoller und Einsamkeitsgefühlen selbst gegensteuern. ABER: niemand muss alles alleine bewältigen. Es gibt auch und gerade jetzt zahlreiche Hilfsangebote und Hotlines, die sie kontaktieren können, um sich zu entlasten und auszusprechen.
Aber nicht immer geht es um einen selbst: Wenn sie eine Person im Verwandten- oder Bekanntenkreis haben, die mit der häuslichen Isolation zu kämpfen hat, hilft es schon sehr, Kontakt zu halten. Ein Anruf, ein Brief, eine kurze Nachricht oder ein kleines Päckchen vor der Tür – alles Signale, die zeigen, dass die Person nicht alleine ist.
Isolationsreport zeigt: Wir halten durch!
Das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent hat untersucht, wie die Österreicherinnen und Österreicher die aktuelle Ausnahmesituation managen und wahrnehmen. In seinem Isolationsreport* wird die bundesweite Stimmungslage während der Corona-Zeit in mehreren Wellen erhoben, um den zeitlichen Verlauf sowie mögliche Veränderungen feststellen zu können. Nach einer ersten Erhebungswelle zu Beginn der Isolation folgt nun die Welle Nummer 2 vom 25. März bis zum 14. April – und somit noch vor der Lockerung der Maßnahmen. Die aktuellen Ergebnisse zeigen: Die Isolation hält an und die österreichische Bevölkerung durch.
Die Isolationsmaßnahmen aufgrund des Coronavirus bedeuten eine enorme Umstellung und gehen mit einer Einschränkung der eigenen Arbeits- und Freizeitgestaltung einher. So nahmen knapp zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung die Situation zu Beginn der Isolation wahr [65%]. An diesem Eindruck hat sich bis zum 14. April kaum etwas verändert, wie der Vergleich mit den Ergebnissen der zweiten Welle verrät [64%]. „Oberflächlich betrachtet könnte man meinen, dass die aktuellen Daten eine schlechte Kopie von jenen Werten unmittelbar nach dem Lockdown sind. Tatsächlich lesen wir aber heraus, dass die Österreicher sehr gefestigt mit der Situation und den Einschränkungen umgehen. Die Isolationsmüdigkeit bleibt demnach mehrheitlich aus und die Moral ist nach wie vor gut
“, so Geschäftsführer Thomas Schwabl.
Isolation leicht gemacht
Wie stellt sich diese Erkenntnis nun auf persönlicher Ebene, in den Einstellungen und der Alltagsgestaltung der Österreicherinnen und Österreicher, dar? Die Gelegenheit, sich auf Dinge und Tätigkeiten zu konzentrieren, zu denen sonst die Zeit fehlt, wird gemeinsam mit mehr Ruhe und Entspannung von jeweils mehr als 4 von 10 Befragten als besonders positiv an den Corona-Maßnahmen wahrgenommen [42%]. Geschätzt wird außerdem die zusätzliche Zeit mit Familie, Partner und Kindern im eigenen Haushalt [37%], aber auch Liegengebliebenes wird nun im Vergleich mit der Zeit vor der Isolation von knapp jedem Zweiten vermehrt erledigt [47%].
Die Attraktivität von Tätigkeiten zum Zeitvertreib wie Fernsehen oder das Schauen von Videos [54%] sowie das Surfen im Internet [46%] ist wie schon zu Beginn der Isolation ebenfalls am aufsteigenden Ast. Soziale Kontakte werden vermehrt durch Telefonieren [43%] sowie persönliche Nachrichten über WhatsApp oder SMS [36%] aufrechterhalten. Dadurch bleiben wie schon in Welle 1 vor allem das Internet [67%] und Handy bzw. Smartphone [64%] für etwa zwei Drittel der Befragten sowie Fernseher [55%] und Computer bzw. Laptop [51%] für mehr als jeden Zweiten unverzichtbare Begleiter in der Corona-Zeit.
Die soziale Isolation ist und bleibt der größte Wermutstropfen
Knapp zwei Drittel der Befragten [66%], unter den Frauen sogar mehr als 7 von 10 [73%], stört an den Maßnahmen am meisten, sich von Familie und Freunden fernhalten zu müssen. „Vor allem die Familie [58%], aber auch die Freunde [51%] gehören gemeinsam mit der eigenen Bewegungsfreiheit [54%] zu jenen drei Aspekten, die am stärksten vermisst werden“, informiert Marketingleiterin Lisa Patek. Der hohe Stellenwert des sozialen Umfeldes wird nochmals dadurch betont, dass die häufigste Sorge in Zeiten wie diesen nahestehenden Personen gilt, denen bei möglichen Erkrankungen nicht geholfen werden kann [57%]. Wie in Welle 1 ist das Risiko, selbst zu erkranken, für gut zwei Drittel die zweitgrößte Sorge [34%].
Die Zeit in der Isolation tut dem Durchhaltevermögen der Österreicherinnen und Österreicher jedoch keinen Abbruch: Wie schon zu Beginn der Maßnahmen geben die Befragten auch nach knapp einem Monat an, durchschnittlich gut 10 Wochen unter diesen Bedingungen durchzuhalten [71 Tage]. Dass die in Corona-Zeiten gesammelten Erfahrungen einen nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft haben werden, erwarten dabei gut drei Viertel der Befragten [77%].
Service
*Im Rahmen der zweite Welle der Umfrage wurden zwischen 25.03.–14.04.2020 insgesamt 781 Interviews mit Personen aus Österreich ab 14 Jahren mittels Online Access Panel durchgeführt.
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse können sie HIER als Pdf downloaden.
(Bilder: Pixabay.com; Grafik: Marketagent)