Zur Zeit dreht sich so ziemlich alles um das Thema Nummer 1: das Coronavirus und die damit verordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus. Neben den zahlreichen „analogen“ Maßnahmen – häusliche Isolation, Hände waschen, Abstand halten, Mund-Nasen-Schutzmasken – gibt es mittlerweile auch einige digitale „Stopp-Corona-Apps“, die dabei helfen sollen.
Wir haben uns einmal die aktuell sicher bekannteste Stopp-Corona-App [erhältlich für iOS bzw. Android] des Österreichischen Roten Kreuzes [ÖRK] angesehen: Was kann diese App? Wie funktioniert sie? Was bringt sie im Kampf gegen das Coronavirus? Und wie ist es dabei um den Datenschutz bestellt?
Digitaler Handshake wird im Kontakttagebuch gespeichert
Die zur Zeit aufpoppenden Corona-Apps haben alle ein gemeinsames Ziel: mittels digitalem Tracking soll eine zweite Ansteckungswelle mit dem Virus verhindern und die Infektionsketten möglichst rasch unterbrochen werden. Kernstück dieser Apps ist ein „Kontakttagebuch„, in dem sämtliche Kontakte mit anderen Personen gespeichert werden, die einen gewissen Abstand von zumeist zwei Metern unterschreiten – vorausgesetzt, diese Personen verwenden ebenfalls die gleiche App.
Dazu muss der automatische „Handshake“ in der App aktiviert sein, der über Bluetooth-Signale mit Geräten in der Umgebung kommuniziert. Zusätzlich können auch manuell etwaige bekannte Kontakte hinzugefügt werden. Dabei gibt es kein direktes Tracking – die „Stopp Corona“-App wurde nach dem von Datenschützern vielfach geforderten Prinzip Privacy by Design entwickelt –, sondern jeder User hat eine eigene ID-Nummer, die per Zufall generiert wird. Nur diese ID wird bei einem digitalen Handshake mit anderen App-Nutzern ausgetauscht. Die partizipierenden Smartphones erkennen einander und speichern bei einem potenziell infektiösen Kontakt die ID des anderen ab. Dadurch wird eine anonyme Nutzung der App gewährleistet, wie mittlerweile auch von externen Datenschutzexperten bestätigt wird.
Lediglich beim Versenden einer Meldung über den Verdacht oder die Bestätigung einer Infektion wird die Telefonnummer des Users/ der Userin abgefragt. Mit dieser Funktion wird ein etwaiger Missbrauch verhindert. Dabei wird die Nummer verschlüsselt auf einem Server für 30 Tage gespeichert, und danach gelöscht, wie es auf der Website des Roten Kreuzes heißt.
Warnungen werden über die Stopp-Corona-App versendet
Treten bei einem Nutzer/ einer Nutzerin der App Symptome einer Corona-Erkrankung auf oder wird eine Infektion durch einen Arzt bestätigt, kann der User/ die Userin eine anonymisierte Meldung über die App abgeben. Dadurch werden alle Personen, zu denen in den letzten 48 Stunden ein infektionsgefährlicher Kontakt – näher als zwei Meter – bestanden hat, gebeten, sich selbst zu isolieren bzw. testen zu lassen. „Damit kann ich meine Freunde, meine Arbeitskollegen und -kolleginnen und meine Familie vor einer weiteren Infektion schützen, weil ich die Informationen habe, bevor ich selbst noch infektiös werde“, erklärt Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des ÖRK, den großen Vorteil der App.
Userinnen und User, die eine derartige Warnung über die App erhalten, werden aufgefordert, zu Hause zu bleiben und beim Einsetzen von Symptomen zunächst einmal den Hausarzt/ Hausärztin telefonisch zu kontaktieren. Alternativ kann natürlich auch die Corona-Hotline 1450 angerufen werden, um das weitere Vorgehen abzuklären.
Auf keinen Fall sollten diese Menschen persönlich einen Arzt/ Ärztin aufsuchen oder ins Krankenhaus fahren. Denn genau das würde die App ad absurdum führen. Denn mit Hilfe dieses Frühwarnsystems will ja die „Stopp Corona“-App dazu beitragen, die Infektionskette im Fall einer Infizierung mit Sars-Cov-2 schnellstmöglich zu unterbrechen.
Theorie und Praxis – Kritikpunkte an der App
Was in der Theorie eigentlich schon fast zu schön um wahr zu sein klingt, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, sei aber am Ende des Tages „nicht praxistauglich“ – meint etwa die Organisation ARGE Daten. So liegt nämlich die Matching-Wahrscheinlichkeit – also die Tatsache, dass ein von der App aufgezeichneter Match auch einen tatsächlichen Kontakt innerhalb eines Radius von weniger als zwei Metern bedeutet – bei weniger als einem Promille. Oder anders gesagt: der Gewinn eines Lottojackpots ist wahrscheinlicher.
Außerdem könne die App weder feststellen, ob jemandem die Hand gegeben wurde, noch ob eine kontaminierte Fläche berührt wurde – ein weiterer Kritikpunkt der ARGE Daten. Schließlich seien auch die technischen Möglichkeiten zur Distanzmessung für die Datenschutzorganisation unzureichend, da es schlichtweg an Genauigkeit fehle. Das bedeutet wiederum, dass die Wahrscheinlichkeit, die genaue Distanz zu anderen Personen über Bluetooth festzustellen, nur bei – „optimistisch geschätzt“ – höchsten 25 Prozent liegt.
Nicht zuletzt gebe die Anwendung das Gefühl einer „falschen Sicherheit“ nach dem Motto „Ich habe die App, kann mich daher frei bewegen und werde im Fall des Falles informiert, wenn ich mit einem Virus-Träger in Kontakt gekommen bin.“
Daher gilt natürlich auch weiterhin – egal, ob sie die Stopp-Corona-App verwenden oder nicht: Abstand halten und regelmäßig Hände waschen!
#GemeinsamSchaffenWirDas
(Bilder: Pixabay.com; Video: Youtube.com)