Während in der warmen Jahreszeit das Infektionsgeschehen rund um SarS-CoV-2 zurückgeht, ist es bei FSME genau umgekehrt. Dieses Virus ist in den Sommermonaten besonders präsent. Und das nicht nur in Österreich. Wer sich heuer nach der Durststrecke im letzten Jahr wieder in „unsere Lieblingsurlaubsländer“ nach Italien, Slowenien oder Kroatien begibt, ist auch dort nicht vor FSME-übertragenden Zecken sicher. Aber auch weiter oben im Norden wurde das FSME-Virus schon nachgewiesen, ebenso wie in Nordafrika oder Japan. In Österreich ist das Virus ohnehin in jedem Bundesland verbreitet, ein Entkommen gibt es praktisch nicht. Am besten ist es also, wenn man sich durch die FSME-Impfung davor schützt.
FSME-Landkarte dehnt sich aus
Man weiß nicht genau warum – als Faktoren kommen menschliche Verhaltensweisen, verbesserte Diagnostik und/ oder Klimawandel in Frage –, aber das FSME-Virus verbreitet sich laufend in alle Himmelsrichtungen weiter.[1] Mittlerweile ist es sogar in der Gegend rund um den Polarkreis in Russland angekommen. Dort dürften jedenfalls die markanten Temperaturanstiege der letzten Jahrzehnte zumindest stark dazu beitragen, dass sich die Anzahl der Zeckenstiche zwischen den Jahren 2000 bis 2018 um das 40-fache gesteigert hat.[2]
Auch die Höhenlagen im Gebirge, in denen das Virus nachgewiesen wurden, gehen weiter nach oben. Außerdem wurde das FSME-Virus neben Europa und dem nordöstlichen Russland mittlerweile auch in Nordchina, in Südkorea und in Japan nachgewiesen. Jedes Jahr werden bis zu 12.000 Fälle in jenen Ländern identifiziert, in denen es derzeit ein Reporting gibt. Die Mortalität liegt je nach Region und möglicherweise auch Virus-Subtyp zwischen 0,2 und 20 Prozent. Da FSME-Viren ihr Reservoir in Tieren haben, ist eine Eradikation, sprich ein Ausrotten bzw. ein völliges zum Verschwinden Bringen der damit assoziierten Erkrankung unmöglich.[1]
Lieblingsurlaubsländer der Österreicher•innen betroffen
Heruntergebrochen auf Länderebene zeigt sich, dass in unserem Nachbarland Slowenien die FSME-Inzidenz eine der höchsten in der gesamten Europäischen Union ist. Die Zahlen der letzten Jahrzehnte liegen zwischen 62 und 531 Fällen pro Jahr. Das Virus tritt praktisch im ganzen Land auf.[3] In Kroatien werden jedes Jahr zwar nur etwa 20 FSME-Fälle gemeldet, allerdings gibt es insgesamt relativ wenige Daten zu FSME-Erkrankungen. Vor kurzem wurden zwei neue Hotspots gefunden.[4] FSME gibt es auch in Italien, grundsätzlich gilt das Land aber als Niedrig-Inzidenzgebiet. Am meisten verbreitet ist das Virus im Nordosten des Landes, in waldigen und gebirgigen Gebieten. Analog zu Österreich sind die Fallzahlen 2020 allerdings auch in Italien stark angestiegen.[5]
In Österreich selbst sind wir nach wie vor besonders stark von FSME betroffen, das ganze Land gilt als Endemiegebiet. Das bedeutet, dass sich jede und jeder einzelne praktisch überall vor FSME schützen muss.
Primar Rainer Gattringer, Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin am Klinikum Wels-Grieskirchen dazu: „Anders als bei anderen Infektionskrankheiten können wir FSME nicht dadurch eindämmen, dass möglichst viele Menschen geimpft sind. Aufgrund des Übertragungsweges über die Zecken gibt es nur die Möglichkeit eines individuellen Impfschutzes. Das Virus bleibt in jedem Fall präsent, bei Geimpften kann es allerdings nur noch sehr selten zu FSME-Infektionen kommen. Die Zahlen der anderen Länder zeigen auch, dass man selbst im Urlaub in vielen Ländern nicht sicher sein kann, nicht mit FSME in Berührung zu kommen.“
Zweiphasiger Krankheitsverlauf
Wer nicht geimpft ist und sich mit FSME infiziert, muss – ähnlich wie bei Covid-19 – mit allem rechnen: Von einem asymptomatischen bis hin zu einem extrem schweren Krankheitsverlauf. „Glücklicherweise treten bei einem Großteil der Infizierten wenig bis gar keine Symptome auf, allerdings kann man nicht vorhersagen, bei wem das der Fall ist und bei wem nicht,“ so Gattringer.
Beim Rest – Schätzungen gehen von 5 bis 30 Prozent[6] aus – kommt es meist zu einem zweiphasigen Krankheitsverlauf, in dem die ersten Symptome nach etwa einer Woche auftreten. In dieser Phase haben Patient•innen oft Fieber und ähnliche Symptome wie bei einer Grippe. Nach Abklingen der Symptome und einer weiteren beschwerdefreien Woche kann ein zweiter Krankheitsgipfel auftreten, in dem das Fieber zurückkehrt und neurologische Beschwerden auftreten. „Typische Symptome sind Kopf- und Nackenschmerzen, Übelkeit, Bewusstseinsstörungen und Krampfanfälle“, erklärt der Infektiologe.
In ganz schweren Fällen komme es zu Entzündungen von Gehirn und Hirnhäuten. „Insgesamt können wir die Erkrankung bis heute nicht ursächlich, sondern nur symptomatisch behandeln,“ betont Gattringer. „Besser ist also, man schützt sich gleich von vornherein durch eine Impfung.“ Und das auch deshalb, weil bei etwa einem Drittel der Patient•innen nach durchgemachter Erkrankung langdauernde Folgeschäden bleiben.[7]
[1] Erber W., Schmitt HJ., Vukovic-Jankovic T., TBE-epidemiology country by country – an overview, in: Dobler G., Erber W., Bröker M., Schmitt HJ., The TBE book, 2021
[2] Vladimirov LN et al., Quantifying the Northward Spread of Ticks (Ixodida) as Climate Warms in Northern Russia, Atmosphere. 2021; 12:233. doi:10.3390/atmos2020233
[3] Simonovic Z., Vukovic-Jankovic T., TBE in Slovenia, in: Dobler G., Erber W., Bröker M., Schmitt HJ., The TBE book, 2021
[4] Erber W., Vukovic-Jankovic T., TBE in Croatia, in: Dobler G., Erber W., Bröker M., Schmitt HJ., The TBE book, 2021
[5] Taglapietra, V., Riccardo F., Del Manso M., Rezza G., TBE in Italy, in: Dobler G., Erber W., Bröker M., Schmitt HJ., The TBE book, 2021
[6] Robert Koch Institut, zuletzt abgerufen am 01.06.2021
[7] Österreichischer Impfplan 2021
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