Eine der dringlichsten Aufgaben des Österreichischen Seniorenrates ist es, ein neues Bild des Alter[n]s in der Gesellschaft zu verankern. In diesem Sinn drückte nicht nur Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Rahmen der 12. Vollversammlung seine Anerkennung und Wertschätzung für Arbeit des Seniorenrates im Interesse der Seniorinnen und Senioren aus. Würdigende Worte kamen auch vom Nationalratspräsidenten, Bundeskanzler und Sozialminister.
Gewürdigt wurde von allen Seiten der unermüdliche Einsatz des Seniorenrats für die älteren Menschen, wobei der Bundeskanzler insbesondere die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg hervorhob. Durch die Geschlossenheit verfüge der Seniorenrat über eine starke Stimme, unterstrich dazu der Nationalratspräsident. Auch der Bundespräsident zeigte sich „beeindruckt“ vom Einsatz des Seniorenrats für ältere Menschen und nannte diesen eine „Brücke zu unseren Traditionen“.
Pflegereform, Altersarmut, Altern in Würde, Alterseinsamkeit, Digitalisierung
Im Mittelpunkt der Reden standen die aktuellen Herausforderungen, wie eine dringend notwendige Pflegereform, der Kampf gegen Altersarmut sowie die Sicherung der Pensionen. Seitens der Regierung wurde bekräftigt, dass man zügig an der Pflegereform arbeite und die Sicherung des Alterns in Würde zu den Prioritäten der Arbeit gehöre. Auch die Forderung, das Problem der Alterseinsamkeit zu einem politischen Thema zu machen, wurde mehrmals erhoben. Ebenso wurde die Digitalisierung angesprochen. Niemand soll zurückgelassen werden, so der Tenor, es brauche ein bedarfsgerechtes Angebot an Schulungen. Wichtige Dienstleistungen und Informationen müssten auch weiterhin in analoger Form zur Verfügung stehen.
Was die Neuregelung des assistierten Suizids betrifft, so lehnten die Seniorenvertreter•innen jegliche Regelung ab, die Missbrauch Tür und Tor öffnet und Druck auf die Betroffenen zulässt. Es brauche mehr Alternativen, wie den Ausbau des Palliativ- und Hospizangebots, mahnte der Seniorenrat ein.
Dank an Senior•innen für deren Beitrag in der Freiwilligenarbeit
Die Redner•innen hoben vor allem auch das ehrenamtliche Engagement der älteren Generation als einen wesentlichen Faktor des gesellschaftlichen Zusammenhalts hervor und würdigten deren Vorbildwirkung und Beitrag im Kampf gegen Corona. Es geht darum, den Respekt und das Gemeinsame aller Altersgruppen in den Vordergrund zu stellen, sagte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Er unterstrich insbesondere den Beitrag der Senior•innen in der Freiwilligenarbeit sowie die Notwendigkeit, das Bild des Alter[n]s neu zu zeichnen. Die ältere Generation sei „aktiv, engagiert und erfahren“, zitierte es Ingrid Korosec.
Sobotka ging besonders auf die Unterstützung der Senior•innen im Rahmen der Integration, etwa durch Deutschkurse für Migrant•innen, ein, wodurch sie das Entstehen von Parallelwelten vermeiden helfen. Senior•innen würden durch das Weitergeben von Erinnerungen auch dazu beitragen, ein objektiveres und lebendigeres Geschichtsbild weiterzutragen.
Begrüßt wurden die Gäste vom Präsidenten des Pensionistenverbands Österreichs, Peter Kostelka, und der Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes, Ingrid Korosec. Die Versammlung fand in den Räumlichkeiten des Parlaments statt. Neben der Staatsspitze waren auch die ehemaligen Präsidenten des Seniorenrats, Karl Blecha und Andreas Khol, sowie Mitglieder des National- und Bundesrats anwesend.
Seniorenrat fordert adäquate Einstufung als Sozialpartner
Der Österreichische Seniorenrat ist der Dachverband von Seniorenorganisationen. Ihm obliegt die gesetzliche Interessenvertretung von über 2,4 Millionen Seniorinnen und Senioren in Österreich. Er wurde im Jahr 2000 gesetzlich als Sozialpartner anerkannt.
Sowohl Korosec als auch Kostelka zeigten sich unzufrieden mit der bisherigen Einbindung des Seniorenrats und forderten unter anderem eine entsprechende Repräsentanz in der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger. Um adäquat als Sozialpartner eingestuft zu werden und eine aktivere Rolle in der Sozialpartnerschaft übernehmen zu können, fordern sie eine Novellierung Bundes-Seniorengesetzes, wonach § 24 Abs. 3 lauten soll: „Der Österreichische Seniorenrat ist Sozialpartner der österreichischen Seniorinnen und Senioren. Er ist den gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer, der Wirtschaftstreibenden und der Landwirte gleichgestellt.“
Dieser Punkt ist einer der vielen anderen in dem umfangreichen Leitantrag, der im Rahmen der Vollversammlung beschlossen wird. Tatsache sei, „dass die Vertretung von über 2,4 Millionen älteren Menschen, und damit rund 28 Prozent der österreichischen Bevölkerung effektiver verankert werden muss. Das Hauptziel ist und bleibt die Verbesserung der Lebenssituation sowie der Stellung der Seniorinnen und Senioren in unserer Gesellschaft“ heißt es darin.
Korosec und Kostelka: Ein neues Bild des Alter[n]s
Neben den zahlreichen Forderungen geht es dem Seniorenrat vor allem auch darum, das in der Gesellschaft vorherrschende Bild des Alter[n]s der heutigen Realität anzupassen. „Ältere Menschen sollen ermutigt werden, ihre Fähigkeiten selbstbestimmt in die Gesellschaft einzubringen, jüngere Menschen sollen angeregt werden, ihr Bild vom Alter[n] laufend zu überprüfen„. Es gehe um einen Paradigmenwechsel, sagte Ingrid Korosec, von „alt und krank“ zu „aktiv, engagiert und motiviert“.
Senior•innen würden einen großen Teil der unbezahlten Arbeit leisten, und zwar in einer Größenordnung von 6,2 Mrd. Euro, was zirka dem jährlichen Bildungsbudget entspreche. Ihr Anteil am privaten Konsum liege bei 27 Prozent, von ihnen stammen 17 Mrd. Euro des Steueraufkommens, rechnete Korosec den rein finanziellen Beitrag der älteren Generation vor und strafte somit das Vorurteil Lügen, Senior•innen würden eine Belastung für die Gesellschaft darstellen.
Kostelka ging in diesem Zusammenhang auch auf die aktuelle Debatte zum Pensionssystem ein. Von den Pensionen müsse man auch leben können, sagte er und merkte an, dass die Armutsgrenze bei 1.138 Euro liege, die Ausgleichzulage aber nur 1.030 Euro betrage. Beim Beschluss des ASVG im Jahr 1956 sei man von einer Drittelaufteilung ausgegangen, erinnerte er. Viel von dem, was aus dem Budget für die Pensionen bezahlt wird, komme wieder zurück, sagte Kostelka, Pensionist•innen würden durch ihre Leistungen einen Nettobeitrag zum Budget beisteuern.
Er sieht daher keinen Grund für Panikmache und wies auch darauf hin, dass sich die Humanität einer Gesellschaft im Umgang mit den Schwachen zeige. Es gehe darum, den Jungen Chancen zu geben, den Älteren ein Leben in Würde zu garantieren, so Kostelka. Mit der ökosozialen Steuerreform werde vieles bewegt, räumte Kostelka ein, man müsse aber auch mittelfristig denken und die älteren Menschen auch finanziell in die Lage versetzten, ihre Heizsysteme umzubauen, ging er auf das aktuelle Budget ein.
Das Umlagesystem habe sich bewährt, bekräftigte dazu Sozialminister Wolfgang Mückstein, die Altersversorgung sei weiterhin gesichert. Man werde die bisherigen Errungenschaften weiterentwickeln und alles tun, um Altersarmut sowie soziale Ausgrenzung zu verhindern. Bundeskanzler Alexander Schallenberg sprach von einer politischen und moralischen Verpflichtung, Pensionen zu sichern. Er erwähnte in diesem Zusammenhang die geplante Pensionsanpassung, die ökosoziale Steuerreform und kündigte an, dass das automatische Pensionssplitting umgesetzt werden soll.
Altersarmut darf es nicht geben, schon gar nicht in einem relativ reichen Land, wie Van der Bellen sagte.
Pflegereform hat in Regierung Priorität
Korosec und Kostelka umrissen in ihren Reden die anstehenden Herausforderungen, die auch im Leitantrag enthalten sind. Als vordringlich nannten Ingrid Korosec und Peter Kostelka die Pflegereform. Internationale Beispiele gebe es genug. Sie werde aber nicht gelingen, wenn sich wirtschaftliche Interessen durchsetzen, warnte Korosec. Kostelka konkretisierte dazu die Forderungen des Seniorenrats nach einer gesetzlichen Verankerung des Rechts auf Pflege. Das umfasse nicht nur das subjektive Recht des Individuums, sondern auch die Aufgabe des Staates, für ein entsprechendes Angebot zu sorgen. Es brauche ein serviceorientiertes Angebot, die Finanzierung aus dem Budget und eine Qualitätssicherung.
Man wolle die Pflege auf nachhaltige Beine stellen, versicherte dazu Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Sie habe oberste Priorität der Regierungsarbeit, sagte er und präzisierte, die Menschen sollten die Möglichkeit haben, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben, aber auch so rasch wie nötig einen Pflegeplatz zu bekommen. Dabei stehe auch die Qualität der Pflege und eine faire Bezahlung des Pflegepersonals im Vordergrund.
Sozialminister Mückstein wies auf die 150 Pilotprojekte zum Community Nursing hin, die einen wesentlichen Beitrag zur Prävention darstellen und helfen, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu stärken und den Verbleib von Pflegebedürftigen im eigenen Heim unterstützen. Es gehe um die bestmögliche Unterstützung von Betreuungsbedürftigen und deren Angehörigen, so Mückstein. Der Sozialminister bekräftige ebenso, dass man in der Regierung mit Hochdruck an der Pflegereform arbeite.
Wie heißt es so treffend: „Dem ist nichts hinzuzufügen.“ 😉
(Bilder: Parlamentsdirektion/ Thomas Jantzen)