Jeden Frühling werden sie wieder aktiv: die Zecken. Aufgrund des Klimawandels bleiben sie das auch bis weit in den Herbst, manchmal sogar bis in den Winter hinein. Sie können FSME und Borreliose übertragen und in ganz seltenen Fällen sogar eine Fleischallergie auslösen. Gegen FSME gibt es eine hochwirksame Schutzimpfung. Allerdings bleibt der Schutz nur dann so hoch, wenn die Impfung regelmäßig aufgefrischt wird. Und da haben viele Österreicherinnen und Österreicher – teilweise auch pandemiebedingt – Nachholbedarf. Ob eine Auffrischung fällig ist oder nicht, zeigt ein Blick in den Impfpass.
Wissenslücken nach wie vor vorhanden
In den FSME-Fallzahlen für 2021 zeigt sich immer noch deutlich, dass FSME in vielen Fällen keine harmlose Krankheit ist. 128 Personen mussten stationär aufgenommen werden, die meisten davon in Oberösterreich [48], Tirol [25] und Salzburg [19]. Dass die Übertragung des Virus durch Zeckenstiche erfolgt, ist grundsätzlich bekannt. „Dennoch fällt in der Praxis auf, dass viele Menschen die Häufigkeit von Zeckenstichen unterschätzen,“ erläutert Doz.in. Dr.in Ursula Hollenstein, Infektiologin, Fachärztin für Tropenmedizin und Mitglied der Science Busters und ergänzt: „Das liegt vermutlich teilweise daran, dass etwa die Hälfte der Zeckenstiche übersehen wird.“
Die Zeckensaison hat übrigens bereits begonnen. „Zecken werden bereits bei niedrigen Plusgraden aktiv,“ betont Dr. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer. Gefährdet sei jede und jeder, die•der die sich in der Natur aufhält, so Hollenstein. „Es gibt auch keine „sicheren“ Orte, denn das ganze Land gilt als Endemiegebiet.“
Zeck verdirbt das Steak!
Neben FSME und Borreliose gibt es noch einen zusätzlichen Aspekt im Zusammenhang mit Zeckenstichen, der bisher weitgehend unbekannt ist: „Ein Zeckenstich kann nicht nur FSME und Borreliose verursachen, sondern auch zu einer erworbenen Fleischallergie führen,“ erläutert MR Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer. 2019 hat dies ein Team von Wissenschaftler•innen der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der Medizinischen Universität Innsbruck und der AGES publiziert.
Ausgangspunkt war der Fall eines damals 51-jährigen Österreichers, der im Frühling 2017 von einer Zecke gestochen wurde und danach immer wieder von teils schweren allergischen Reaktionen nach dem Konsum von Rindfleisch betroffen war. „Diagnostiziert wurde schlussendlich ein alpha-gal-Syndrom, also eine erworbene Fleischallergie,“ berichtet Schmitzberger. „Das heißt: Neben der Impfung ist auch die Vermeidung von Zeckenstichen ein zentrales Thema. Also Vermeidung der Lebensräume von Zecken wie hohes Gras, Gebüsch, Dickicht, Unterholz. Wenn möglich, sollte man dort zumindest geschlossene und helle Kleidung tragen. Natürlich ist Vermeidung nicht immer möglich und daher ist es wichtig, sich gegen das höchste Risiko durch Zeckenstiche zu wappnen – und das ist nach wie vor die FSME-Erkrankung,“ so der Impfspezialist.
FSME-Impfung wichtiger denn je
„Die FSME-Impfung ist heute wichtiger denn je. Die Covid-Pandemie hat uns nicht nur Impflücken, sondern gleichzeitig durch Einschränkungen in der Reisetätigkeit und vermehrten Aufenthalt im Freien einen starken Anstieg an FSME-Erkrankungen beschert – keine Altersgruppe ist davor gefeit,“ betont Schmitzberger. „Damit grundimmunisierte Menschen weiterhin vor dem FSME-Virus geschützt sind, ist eine regelmäßige Auffrischungsimpfung der Impfung alle fünf Jahre beziehungsweise ab dem 60. Lebensjahr alle drei Jahre notwendig,“ betont Apotheker Kobinger.
Aus Sicht von Hollenstein muss man gerade das noch besser erklären. „Bei vielen Impfungen sind mehrere Impfdosen nötig bis ein guter Schutz aufgebaut ist. Auffrischungsimpfungen braucht man, weil die Schutzwirkung der meisten Impfstoffe nach einiger Zeit wieder nachlässt.“
Überimpfen geht nicht
Es käme jedoch immer wieder vor, dass einzelnen Personen glauben würden, das vorgegebene Auffrischungsintervall der FSME-Impfung individuell abändern zu können, berichtet die Infektiologin aus der täglichen Praxis. „Manche vertrauen dabei einer Titerbestimmung, die mindestens gleich viel kostet wie die Impfung.“ Vorhandene Antikörper würden aber nur zeigen, dass man auf die Impfung angesprochen hat. Sie betont: „Ähnlich wie bei der Covid-19-Impfung gibt es kein klares Schutzkorrelat. Es lässt sich aus dem gemessenen Wert auch nicht ableiten, wie lange die Schutzwirkung noch anhalten wird.“
Am besten sei es daher, die Grundimmunisierung und Auffrischungen wie vorgeschrieben durchzuführen. Sie stellt klar: „Man kann nicht überimpfen.„
FSME-Impfaktion in Apotheken
Der FSME-Impfstoff wird derzeit im Rahmen einer Impfaktion der österreichischen Apotheken vergünstigt angeboten. Diese läuft noch bis zum 31. August 2022. Die Sonderpreise betragen für Erwachsene EUR 35,80 und für Kinder EUR 31,30. Darüber hinaus gewähren alle Krankenkassen einen ganzjährigen Kostenzuschuss in unterschiedlicher Höhe. Der Kostenzuschuss wird direkt in der Apotheke vom Aktionspreis abgezogen.
Wer nicht genau weiß, wann die nächste Auffrischungsimpfung fällig ist, kann einfach mit dem Impfpass in die nächste Apotheke um‘s Eck kommen und den Impfstatus überprüfen lassen.
Service: Neue Video-Serie mit Martin Moder
Gemeinsam mit dem Molekularbiologen und Science Buster Martin Moder arbeitet der Österreichischer Verband der Impfstoffhersteller [ÖVIH] an einer Videoserie, in der die wichtigsten impfpräventablen Erkrankungen erklärt werden und aufgezeigt wird, welchen Nutzen die jeweiligen Impfungen bringen können. Das Video rund um FSME sehen sie hier:
(Bilder: AdobeStock, Fine Facts/ Uta Müller-Carstanjen; Grafik: ÖVIH; Video: Youtube.com)