Rund um den Sommerbeginn treiben viele Bauern ihr Vieh wieder auf die Almen. Darum heißt es für Wanderbegeisterte, die auf Wegen durch bewirtschaftete Almen unterwegs sind, Vorsicht walten zu lassen und sich mit den wichtigsten Verhaltensregeln bei Almwanderungen vertraut zu machen. Sicherheit in den Bergen ist oberstes Gebot. Und da viele Wanderwege über bewirtschaftete Almen führen, haben die Naturfreunde Österreich wertvolle Tipps für das richtige Verhalten beim Wandern zusammen gestellt, damit Touren über Weiden problemlos verlaufen.
Gefährliche Situationen bei Almwanderungen vermeiden
Grundsätzlich soll ein großer Sicherheitsabstand zur Viehherden auf Almen gehalten und keinesfalls mitten durch die Herde gegangen werden. Selbstverständlich sollen die Tiere auch niemals gefüttert oder gestreichelt werden. Die Tiere brauchen Ruhe, Respekt und Abstand, damit sie sich nicht bedroht fühlen. Kommt es trotzdem zu Drohgebärden der Almtiere soll jegliche Hektik vermieden und ein langsamer Rückzug in Bereiche mit schützenden Bäumen und Sträuchern gemacht werden.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Almgäste Hunde mitführen, denn der Hund wird von den Rindern als natürlicher Feind angesehen und ist somit eine Bedrohung. Regina Hrbek von den Naturfreunden Österreich appelliert daher an alle Hundebesitzer•innen: „Bitte achten sie am besten schon bei der Tourenplanung darauf, dass Almweiden, auf denen sich Weidetiere befinden, großräumig umgangen werden können.“ Wenn dies nicht möglich ist, dann finden sie weiter unten hilfreiche Informationen, wie man sich am sichersten mit Hunden innerhalb von Almgebieten bewegt.
Eine jahrtausendealte Tradition
Der Ursprung der Almwirtschaft geht zurück bis in die Bronzezeit. Im Salzkammergut gilt die erste Almnutzung mit den Anfängen des Bergbaubetriebs der Kelten um zirka 1300 v. Chr. als bestätigt. Die heutigen Almregionen sind also keine Naturlandschaften, sondern über Jahrtausende von landwirtschaftlicher Nutzung geprägte Kulturlandschaften mit vielfältigen Funktionen. Die Almbewirtschafter•innen produzieren dort qualitativ hochwertige Nahrungsmittel wie Milch, Käse, Butter und Fleisch. Dank der standortangepassten Bewirtschaftung der Almflächen können Bedrohungen durch Bodenerosion, Muren und Lawinen verringert werden.
Die reich strukturierten und extensiv bewirtschafteten Almen sind auch aus ökologischer Sicht von großer Bedeutung. Sie gehören zu den artenreichsten Lebensräumen im Alpenraum. Des Weiteren haben Almen auch einen sehr hohen touristischen Wert, weil sie vor allem in den Sommermonaten von vielen Wanderinnen und Wanderern besucht werden.
In Österreich gibt es rund 8.400 bewirtschaftete Almen. Die Almwirtschaft ist somit ein zentraler Bestandteil der heimischen Berglandwirtschaft. In den Sommermonaten sorgen an die 7.000 Hirtinnen und Hirten für 300.000 Rinder, 10.000 Pferde, 114.000 Schafe und 11.000 Ziegen [Quelle: BMLFUW]. In nur etwa hundert Tagen erzeugen Almbäuerinnen und -bauern in Österreich 60.000 Tonnen Milch. Sie verarbeiten 13.000 Tonnen Milch zu Käse, Butter und sonstigen Milchprodukten. Weiters werden auf Almen pro Jahr 6.500 Tonnen Fleisch produziert.
Weideviehfreie Zonen sind keine Lösung!
Auch wenn es hin und wieder zu gefährlichen Zwischenfällen kommt, ist die Forderung, Wanderwege im Weidegebiet zu verlegen oder gar die Weidewirtschaft auf Almen abzuschaffen, inakzeptabel – sie wird von den Naturfreunden strikt abgelehnt. Eine Trennung von Wandernden und Weidevieh ist nirgendwo machbar und auch nicht sinnvoll. Die bewirtschafteten Almen gehören zu unserem Kulturgut und erbringen auch wichtige ökologische Leistungen.
Viel wichtiger ist es in diesem Sinn, beim Wandern über Almen Vernunft und Hausverstand einzuschalten. Ein gutes Miteinander ist nur möglich, wenn sich alle an gewisse Regeln halten. Denn jede und jeder, die•der eine Alm besucht oder durchwandert, muss wissen: Das ist kein Streichelzoo und auch kein Abenteuerspielplatz.
Drohgebärden von Weidetieren
Ein drohendes Rind erkennt man daran, dass es die Gefahrenquelle fixiert, den Kopf senkt, seine Hörner bzw. Stirn präsentiert und immer näher kommt. Wenn Pferde Respekt einfordern, geschieht das in sehr feinen Abstufungen. Eine ernst zu nehmende Drohung wäre, wenn das Pferd seine Ohren zurück legt und ein Hinterbein anhebt. Es kündigt damit sein bevorstehendes Ausschlagen an. Wenn diese Warnhinweise keine Wirkung zeigen, schlägt das Pferd mit beiden Hinterbeinen aus. Schafe und Schafböcke stampfen mit den Vorderbeinen auf. Ziegen heben selbstbewusst den Kopf und zeigen die Hörner. Wenn die Ohren nach hinten gelegt sind, ist dies eine Steigerung der Drohgebärde.
Was tun bei Drohgebärden?
Wenn sie nun eine dieser Drohgebärden bei Weidetieren bemerken, ist das oberste Gebot, Hektik zu vermeiden und niemals wegzulaufen! Wenn ein Weidetier auf einen zukommt, sollte man sich langsam zum Ausgang bzw. Weidegatter entfernen und ihm nicht den Rücken zudrehen. Bäume und Sträucher können ebenfalls sehr guten Schutz bieten.
Grundsätzlich empfiehlt sich die Mitnahme eines Stockes. Wenn ein Weidetier angreift, kann man es meist mit lautem Zurufen und Heben des Stockes – keine hektischen Bewegungen – abschrecken.
Reagiert eine Herde unruhig, wenn man sich ihr nähert [wird man beispielsweise von einzelnen Tieren fixiert], halten sie unbedingt Abstand und ziehen sie sich ruhig und langsam zurück. Das Motto sollte heißen: „Lieber einen größeren Umweg in Kauf nehmen, als von Weidetieren angegriffen zu werden!„
Allgemeine Tipps für Wandernde
Damit es idealer Weise erst gar nicht so weit kommt, sollte man folgende Tipps berücksichtigen:
- halten sie einen großen Sicherheitsabstand zu Herden – mindestens 20 Meter
- wenn ihnen ein Weidetier den Weg versperrt, umgehen sie dieses mit großem Abstand
- streicheln und füttern sie keinesfalls Tiere
- gehen sie nicht mitten durch eine Herde
- vermeiden sie Lärm und hektische Bewegungen
- bleiben sie immer am markierten Weg
- durchqueren sie Almen zügig, aber ohne Angst zu zeigen
- schließen sie immer die Weidegatter
- jausnen sie nicht auf Almweiden, auf denen sich Weidetiere befinden
Tipps für Wandernde mit Hunden
Egal, ob groß oder klein: Ein Hund wird von Weidetieren als Feind angesehen, weil diese in ihm einen Wolf sehen.
- Suchen sie schon bei der Tourenplanung mögliche Alternativrouten. Falls es keine Alternativroute gibt, umgehen sie die Gebiete mit weidenden Tieren − wenn möglich.
- Hunde sind während der ganzen Tour immer an der Leine zu führen, auch hinter dem Weidezaun!
- Nehmen sie nur ausgebildete Hunde mit, die den Befehlen der Besitzerin/ des Besitzers Folge leisten.
- Nehmen sie keine ängstlichen Hunde mit, die sich bei Gefahr hinter der Hundehalterin bzw. dem Hundehalter verstecken und sie/ ihn damit in Gefahr bringen.
- Lassen sie bei erkennbaren Drohgebärden des Weidetieres den Hund sofort von der Leine. Ein Hund kann selbst am besten ausweichen und wegrennen.
- Stellen sie sich niemals schützend vor ihren Hund. Gegen ein ausgewachsenes Rind oder Pferd hat man keine Chance.
Tipps für umweltverträgliche Wanderungen
Wandern heißt neben der körperlichen Ertüchtigung auch, die Schönheit der Natur zu genießen. Damit eben diese erhalten bleibt, hier auch ein paar Tipps, wie ihre nächste[n] Wanderung[en] umweltverträglich sind:
- planen sie ihre Tour sorgfältig und beachten sie die Wettervorhersage
- parken sie vernünftig, auf keinen Fall auf Wiesen und/ oder Feldern
- nehmen sie den gesamten Abfall wieder mit nach Hause bzw. entsorgen sie diesen beim nächsten Mistkübel
- hinterlassen sie in der Natur keine Spuren
- nehmen sie auf andere Erholungsuchende, die die Ruhe in der Natur genießen wollen, sowie auf Wildtiere Rücksicht und vermeiden sie Lärm
- beachten sie die Regeln in Schutzgebieten und halten sie jagd- und forstrechtliche Bestimmungen ein
- pflücken sie keine Pflanzen – Fotos sind auch schön und vor allem langlebiger
- wandern sie nur tagsüber – Dämmerung und Nacht gehören den Wildtieren
Ein kleines Weidetier-ABC
Ziegen und Schafe
Im gesamten Alpenraum werden Ziegen und Schafe schon immer zur Pflege der Almen eingesetzt – vor allem auf extrem steilen Flächen, weil diese von Rindern nur mit erheblichem Risiko zu begehen sind. Weidende Ziegen und Schafe stellen meist keine Bedrohung dar, einzig Böcke können aggressiv sein und sollten daher im Auge behalten werden. Ziegen sind sehr neugierig und kommen einem gerne sehr nahe. Am besten sie nicht beachten und ruhig weitergehen.
Pferde
Pferdeherden auf Almen bestehen meist aus friedlichen Haflingern und Kaltblütern. Nichtsdestotrotz handelt es sich um große, kräftige Tiere, die sich bei Gefahr zu wehren wissen. Jungtiere toben gerne herum, Rangeleien gehören mit dazu. Was meist wild aussieht, ist eher harmlos − nur mittendrin sollte man nicht sein. Falls man von aufdringlichen Pferden verfolgt wird, ignoriert man sie am besten und tritt vorsichtig den Rückzug an.
Rinder
Auch Rinder sind von Natur aus friedfertige Tiere, die bei einer Bedrohung eher selbst davonlaufen. Sie greifen nur an, wenn sie keine andere Möglichkeit haben oder jemanden verteidigen wollen. Eine Kuhherde besteht aus Kühen, die regelmäßig gemolken werden und daher an den Kontakt mit Menschen gewöhnt sind. Hier gilt: Sind Stiere in der Herde, ist besondere Vorsicht geboten.
Trifft man auf eine Mutterkuhherde, muss man besonders zurückhaltend sein. Der Mutterinstinkt der Kühe ist nämlich stark ausgeprägt. Mutterkühe würden ihre Jungen sofort verteidigen. Viele Jungtiere sind sehr neugierig und gehen auch auf Menschen zu. In einem solchen Fall die Kälber nicht streicheln oder füttern, sondern einfach langsam weitergehen und dabei die Mutterkühe beobachten. Gibt es in der Herde Stiere, heißt es, doppelt vorsichtig zu sein.
Bei Jungtieren stehen vor allem ihre Neugierde, ihr Bewegungsdrang und ihr Übermut im Vordergrund. Einfach Abstand halten und ruhig vorbeiwandern ist die beste Strategie.
Service
Die Naturfreunde Österreich haben die wichtigsten Informationen für sichere Wanderungen auf und über die heimischen Almen kompakt in einem kleinen Folder zusammen gefasst. Diesen Folder können sie HIER kostenlos bestellen oder als Pdf downloaden.
(Bilder: AdobeStock, Naturfreunde Österreich/ Doris Winder, Naturfreunde Österreich/ Regina Hrbek, AdobeStock)