Vegetarisch, flexitarisch oder vegan – viele, vor allem jüngere Menschen, entscheiden sich heutzutage für alternative Ernährungsmodelle. Die Lebensmittelbranche weiß diesen Trend zu nutzen und hat in den vergangenen Jahren ihre Produktpalette entsprechend ausgebaut. Dabei gibt es eine weitere, durchaus große Gruppe, die ganz eigene Anforderungen an ihre Nahrungsmittel hat und vom Lebensmittelsektor bislang kaum beachtet wird: Seniorinnen und Senioren.
Das Projekt „Pioneering Innovative Food for Seniors“ [PIFS], das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der FH Münster als Lead Partner betreuten, ging dieses Problem an und möchte die Entwicklung altersgerechter Lebensmittelprodukte und -dienstleistungen für die „Silver Economy“, also den Markt, der sich speziell mit den Bedürfnissen von Menschen ab 65 beschäftigt, in Europa fördern.
Besondere Ernährungsbedürfnisse für Seniorinnen und Senioren
„Mit zunehmendem Alter macht unser Körper Veränderungen durch. Dadurch entstehende Kau- und Schluckbeschwerden oder ein nachlassender Geschmacks- und Geruchssinn können zu Appetitlosigkeit oder einer ungenügenden Aufnahme von Nährstoffen führen“, erklärt Projektleiterin Dr. Choiwai Maggie Chak vom Science-to-Business Marketing Research Centre [S2BMRC] am Fachbereich Wirtschaft, der Münster School of Business.
„Gleichzeitig mangelt es auf dem Markt aber an Nahrungsmitteln und Dienstleistungen, die den besonderen Ernährungsbedürfnissen von Seniorinnen und Senioren gerecht werden. Unterernährung ist daher ein häufig beobachtetes, aber vernachlässigtes Problem bei Erwachsenen“, so die Wissenschaftlerin weiter. „Der Silver-Food-Markt hat ein immenses und unerforschtes Potenzial für die Geschäftsentwicklung und kann gleichzeitig zu einer gesünderen, alternden Gesellschaft beitragen.“
Internationale Zusammenarbeit
Eine Hilfestellung bieten die Ergebnisse des PIFS. Die Idee zu dem Vorhaben entstand bereits im Jahr 2019 im irischen Bildungsunternehmen Momentum Marketing Limited. 2020 nahm sich schließlich ein internationales Team aus Deutschland, Großbritannien, Irland, Spanien, Litauen und Dänemark der Herausforderung an: Im Rahmen einer strategischen Erasmus+ Partnerschaft, die von der Europäischen Kommission kofinanziert wurde, erhielt das Projekt für zwei Jahre eine Förderung.
An der FH Münster bildete sich dafür ein interdisziplinäres Team mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Wissenschaftsmarketing aus dem S2BMRC, Innovation und Technologietransfer in Form der TAFH Münster GmbH, sowie Vertreterinnen und Vertretern aus der Lebensmittelchemie und Ernährungswissenschaft aus dem food lab muenster. Am Projekt beteiligt waren außerdem das European E-Learning Institute aus Dänemark, das Food Innovation Centre der University of Nottingham, die Fundación Ageing Lab aus Spanien und das Lithuanian Innovation Centre.
Arbeit an Themen, die gesellschaftlichen Nutzen haben
Das Ergebnis der zweijährigen Zusammenarbeit ist eine offene E-Learning-Plattform, die unter innovatingfoodforseniors.eu kostenlose Online-Bildungsmodule, -werkzeuge und -ressourcen zur Verfügung stellt. „Die Inhalte richten sich an kleine und mittlere Unternehmen, Personen im Bereich der beruflichen Bildung und politische Entscheidungsträger in der Lebensmittelindustrie. Alle Materialien haben Fachleute aus der Lebensmittelindustrie und Berufsbildungseinrichtungen getestet und validiert“, erläutert Chak.
Die Inhalte sind online auf Englisch, Spanisch, Deutsch und Litauisch verfügbar. Zu den kostenlosen Materialien gehören unter anderem Good-Practice-Leitfäden für kleinere und mittlere Unternehmen [KMU] mit 20 bewährten Verfahren zur Lebensmittelinnovation für Seniorinnen und Senioren, Bildungsmaterialien für Ausbilderinnen und Ausbildner sowie eine digitale Lernplattform mit Online-Kursmodulen, um Lernende in KMU, in der Berufsbildung und politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern praktische Einblicke und Grundlagenwissen in die nachhaltige Entwicklung von Lebensmittelprodukten für Seniorinnen und Senioren zu vermitteln. „Es macht Spaß an Themen zu arbeiten, die einen gesellschaftlichen Nutzen haben und Anwendung finden“, resümiert Chak.
Hintergrund
In ihrem aktuellen Hochschulentwicklungsplan hat die FH Münster – University of Applied Sciences – das Thema Gesundheit für weitere fünf Jahre als eine von sechs gesellschaftlichen Herausforderungen definiert, die sie bei ihrer Weiterentwicklung in besonderer Weise berücksichtigen wird. Ziel ist es, Gesundheit als deutlichen Schwerpunkt in den Strategieperspektiven Bildung und Forschung weiter zu stärken und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern.
Service | weiterführende Information
- Mehr zu Dr. Choiwai Maggie Chak finden sie HIER
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(Bilder: Screenshot, AdobeStock, Fundación Ageing Lab/ José Miguel Gimenez)