Es tut sich was beim Thema Schnarchen – sowohl in Sachen Therapie als auch bei der Diagnostik der Schlafapnoe. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse führen in der Fachwelt zu einer Diskussion hinsichtlich gängiger diagnostischer Kriterien und therapeutischer Optionen. Insbesondere die als Standard geltende Überdrucktherapie mittels Schlafmaske [PAP] ist neuen Erkenntnissen nach zumindest hinsichtlich der Vermeidung schlafapnoe-bedingter Herz-Kreislauferkrankungen nicht so wirksam wie bisher angenommen.
Alternative Behandlungsmethoden – von der Schnarchschiene bis zum implantierten Zungenschrittmacher – können, je nach Schlafapnoe-Typ, zur Anwendung kommen. Auch an der Entwicklung einer medikamentösen Therapie der Schlafapnoe wird derzeit intensiv geforscht. Und in der Diagnostik könnten, neben der Zahl der Atemstillstände pro Stunde [AHI-Index[1]], vermehrt andere Parameter herangezogen werden.
Personalisierte Therapie gegen „gefährliches Schnarchen“
Bei Schlafapnoe führt die Erschlaffung von Muskulatur und Weichteilen in den oberen Atemwegen während des Schlafs zu einer Verengung oder Blockierung der Atmung. Der Körper erhält zu wenig Sauerstoff und ist großem Stress ausgesetzt. Die Auswirkungen reichen von Tagesmüdigkeit, Konzentrationsproblemen – mit erhöhtem Unfallrisiko – bis zur Entwicklung von Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch Krebs und Diabetes stehen mit der häufigsten Form, der Obstruktiven Schlafapnoe, in Verbindung.
„Die Behandlung von Schlafapnoe muss individuell erfolgen und darauf abzielen, die spezifischen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen. Ziel ist, das ‚Anforderungsprofil‘ der jeweiligen Patient•innen immer besser zu verstehen, um eine möglichst maßgeschneiderte Therapie anbieten zu können“, so OA Dr. Sabin Handzhiev, Leiter der ÖGP-Expert•innengruppe Schlafbezogene Atemstörungen.
Behandlung mittels Überdrucktherapie und/ oder Zungenschrittmacher
Am häufigsten wird die Schlafapnoe mit einer Überdrucktherapie [Positive Airway Pressure, PAP] mittels Schlaf-Atemmaske behandelt. Handzhiev: „Die Überdrucktherapie stellt die Standardbehandlung zur Bekämpfung von Tagesmüdigkeit dar. Hier stehen ihre Wirksamkeit und Effektivität außer Frage. Jedoch haben mehrere große randomisierte Studien der letzten Jahre überraschenderweise keine markante Reduktion des kardiovaskulären Risikos mit dieser Therapieform nachweisen können. Angesichts dieser Erkenntnisse erhalten nun vor allem jene Patient•innen die Überdrucktherapie, die unruhig schlafen, unter großer Tagesmüdigkeit leiden und/ oder bereits Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen, Herzinsuffizienz, Schlaganfall etc. haben.“
Für bestimmte Patient•innen, die die PAP-Therapie nicht tolerieren, kann ein sogenannter Zungenschrittmacher in Betracht gezogen werden. Leichtere Formen können auch mittels Protrussions- oder Schnarchschiene gelindert werden.
Tabletten gegen Schlafapnoe
Vor allem bei Patientinnen und Patienten, die trotz anderer Therapien an anhaltender exzessiver Tagesschläfrigkeit leiden, kann eine medikamentöse Therapie erwogen werden. Hier stehen bereits Medikamente zur Verfügung, die jedoch nicht von den Krankenkassen erstattet werden. Es gibt aber noch verschiedene Mechanismen, an denen mittels pharmakologischer Therapie angegriffen werden kann, wie zum Beispiel eine Verbesserung der Reaktivität der Rachenmuskulatur oder eine Senkung der Arousalschwelle.
„Aktuell werden verschiedene medikamentöse Ansätze in laufenden Studien für die Behandlung von OSA überprüft. Die publizierten Daten geben Hoffnung auf eine baldige Zulassung“, so Handzhiev.
Smart Phone & Co als Erst-Diagnostiker?
Bei der Diagnostik können mittlerweile auch zunehmend smarte Devices genützt werden. OA Dr. Lukasz Antoniewicz, PhD, stellvertretender Leiter der ÖGP-Expert•innengruppe: „Mittels Smartphones, Smartwatches und sogenannter Sleep Tracker können erste Daten zur Beurteilung der Schlafqualität gesammelt werden. Ergibt sich ein Verdacht auf Schlafapnoe, sollte eine ambulante Polygraphie [aPG] erfolgen, die zu Hause durchgeführt und von niedergelassenen Lungen- und HNO-Ärzt•innen angeboten wird. Erhärtet sich der Verdacht auf eine Schlafapnoe, erfolgt die weitere Abklärung im Schlaflabor.“
AHI – nicht das „Maß aller Dinge“?
Zusätzlich zum bisherigen diagnostischem Hauptparameter – der Messung der Atemaussetzer pro Stunde [AHI] – könnten zukünftig auch andere Parameter wie die Zahl der Weckreaktionen [Arousals], die Sauerstoffsättigung [Hypoxic Burden] oder eine Analyse der Pulswellen zur Diagnostik herangezogen werden. Denn, sehr vereinfacht gesagt, ist die Morbidität umso höher, je mehr Arousals man hat.
Die Hypoxic Burden wiederum wäre vor allem bei Frauen vermehrt zu erheben, da gerade sie bei einer längeren Sauerstoffsättigung unter 90 Prozent von Herz-Kreislauf-Komplikationen betroffen zu sein scheinen. Und auch die Pulswellen-Analyse kann uns Aufschlüsse über eine Erhöhung des Herz-Kreislaufrisikos geben. Handzhiev: „Es ist aber auch dringend erforderlich, das Bewusstsein für die gesundheitlichen Risiken einer Schlafapnoe auch in der breiten Öffentlichkeit zu schärfen und Ressourcen für verbesserte Diagnostik und Behandlung bereitzustellen. Nur so können wir Lebensqualität und Gesundheit der Betroffenen verbessern und die sozialen und wirtschaftlichen Belastungen zu minimieren.“
[1] AHI – Apnoe-Hypopnoe-Index
Weitere Informationen zur Thematik finden sie hier.
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