Wie wollen wir in Zukunft leben, wie können wir in Zukunft leben? Wie werden unsere Landschaften in zehn, zwanzig Jahren aussehen? Was werden wir essen? Angesichts von Klimakrise, Artensterben und Pandemien ist eines klar: um weiterhin Ernährungssicherheit, Wohlstand und Bevölkerungsgesundheit gewährleisten zu können, müssen wir rasch einiges ändern.
Diese zukunftsweisenden Fragen richtete die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 im Rahmen des großen internationalen Online-Kongresses „Visions for Transition – wie Landwirtschaft und Städte der Zukunft die Artenvielfalt bewahren“ an die Wissenschaft. Über 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer lauschten den 24 Vortragenden aus der ganzen Welt. Das einhellige Credo lautete: „Weitermachen wie bisher ist keine Option!„
Nur ein gemeinsames Umdenken führt zum Ziel
„Eine Transformation unserer Landwirtschaft verlangt nach Veränderungen in der gesamten Lebensmittelkette. Das umfasst auch das Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten, aber vor allem Handel und Vertrieb sowie gesetzliche Vorgaben und Anreize,“ betonte Umweltchemiker Helmut Burtscher von Global 2000.
Hans Herren, Träger des alternativen Nobelpreises und einer der Hauptautoren des Weltagrarberichts von 2008, bekräftigt, „dass für die Sicherstellung der Welternährung nicht die Steigerung der Produktivität um jeden Preis entscheidend ist, sondern dass der Fokus wieder verstärkt auf die regionale Vermarktung und weniger auf den Export gelegt werde soll.“
Das bedeutet jetzt nicht, dass wir alle Veganer werden müssen. Aber eine gesunde und klimaschonende Ernährung sollte mehr Wertschätzung erfahren. „Besonders bei Fleisch sollte Qualität vor Quantität stehen“, meint der Ökologe Wolfgang Cramer. Aber nicht nur bei tierischen Produkten sollten wir umdenken, auch bei pflanzlichen.
Die Corona-Pandemie wird nicht die letzte gewesen sein
Laut dem Biologen und Mitglied des Weltbiodiversitätsrates Josef Settele drohen in Zukunft noch viel größere Pandemien, denn 70 Prozent aller neu auftretenden Krankheiten werden von wilden oder domestizierten Tieren auf den Menschen übertragen. Fehlende, weil zerstörte, ökologische Barrieren, fördern diesen Umstand. In diesem Sinn ist die aktuelle Corona-Krise auch eine Chance, alte Strukturen zu hinterfragen und neu zu ordnen, meint auch die Politikwissenschaftlerin und Angehörige des österreichischen Biodiversitätsrates, Alice Vadrot.
Rob Hopkins, britischer Umweltaktivist und Begründer der Transition-Towns-Bewegung, weist auf die Bedeutung von Kreativität und positiven Visionen hin. Es sei wichtig, neue, nachhaltige Wege des Wirtschaften und des Zusammenlebens erfolgreich und mit einem Gewinn an Lebensqualität umzusetzen.
Dass auch Siedlungsräume einen wesentlichen Beitrag zum Wandel leisten können und müssen und wie eine erfolgreiche Transformation in einer Gemeinde aussehen kann, veranschaulichen Leo Kudlicka und Martin Summer an konkreten Beispielen. Die Architektin Ina Homeier betonte das Smart City Konzept der Stadt Wien als ein positives Beispiel.
Die Agarwissenschaftlerin Violette Geissen von der Agraruniversität Wageningen prangert die falsche Verteilung und die Verschwendung von Lebensmitteln an. Billig produziertes Essen ist nicht nur ungesund, sondern kommt der Umwelt teuer zu stehen.
Achtsam einkaufen und konsumieren ist [auch] klimafreundlich
Aufgrund der Coronavirus bedingten Ausgangsbeschränkungen haben viele Menschen vorgesorgt und größere Mengen an Lebensmitteln eingekauft, die jetzt die Vorrats- und Kühlschränke füllen. Um auch in dieser besonderen Situation unnötige Lebensmittelabfälle zu vermeiden, hat die Umweltschutzorganisation WWF Österreich fünf einfache Tipps zusammengestellt: Sachgemäße Lagerung, eine gute Einkaufs- und Kochplanung und kreative Resteverwertung helfen dabei besonders, wertvolle Lebensmittel nicht sinnlos zu verschwenden. Auch Mindesthaltbarkeitsdaten seien lediglich Richtwerte und daher immer mit den eigenen Sinnen zu prüfen. „Wir sollten alles tun, damit unsere Nahrungsmittel auf unseren Tellern landen und nicht in der Tonne„, sagt Olivia Herzog, Programmleiterin Nachhaltige Ernährung beim WWF Österreich
Private Haushalte sind für rund 50 Prozent der vermeidbaren Lebensmittelabfälle verantwortlich, obwohl sich dieser hohe Wert relativ einfach verringern ließe: „Der Weg zu weniger Lebensmittelverschwendung beginnt schon vor dem Einkauf, in dem man sich einen Überblick über die Vorräte schafft, nachschaut, was bald gegessen werden muss, und sich die Zeit nimmt, einen Einkaufszettel vorzubereiten. Sind die Lebensmittel einmal daheim, sollte man auf die richtige Lagerung und Haltbarkeit genauso achten wie auf die Verwertung von Resten„, rät Herzog..
Lebensmittel möglichst effizient zu verwenden, spart nicht nur Geld und Ressourcen, sondern ist auch ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Etwa 20 Prozent des persönlichen CO2-Fußabdrucks werden in Österreich durch den Lebensmittelkonsum verursacht. Olivia Herzog erklärt: „Es ist immens wichtig, sich klar zu machen, wie wertvoll unsere Lebensmittel sind und wie wichtig es ist, dass wir sorgsam mit ihnen umgehen. Regional und biologisch einkaufen heißt das Gebot der Stunde.“
Tipps gegen Lebensmittelverschwendung im Haushalt
# Überblick bewahren, Kühlschrank checken
Es zahlt sich aus, ab und zu darauf zu schauen was im Kühlschrank noch da ist und womit der Gefrierschrank gefüllt ist. Zusätzlich zu einem Einkaufszettel kann man sich auch einen Verbrauchszettel an den Kühlschrank heften: angebrochene und alte Sachen zuerst verwenden, bevor neue gekauft werden.
# Richtig lagern
Werden Lebensmittel entsprechend der Verpackungsempfehlungen und am richtigen Ort im Kühlschrank aufbewahrt, erhöht dies Haltbarkeit und Frische. Als Grundregel gilt: Neue Einkäufe immer hinten verstauen, Essensreste luftdicht verpacken und informieren, welche Nahrungsmittel am besten wie und wo gelagert werden. Manche Gemüse- und Obstsortenwie zum Beispiel Äpfel produzieren etwa Gase, die andere Lebensmittel schneller verderben lassen.
# Haltbar machen
Zu viele Äpfel oder Brot gekauft? Ab damit in das Gefrierfach oder den Kochtopf. Fast alle Lebensmittel können eingefroren werden, man kann Gemüse zu Saucen verkochen oder Obst zu Kompott und es so länger aufbewahren.
# Mindesthaltbarkeitsdatum richtig interpretieren
Schmeckt noch? Das Mindesthaltbarkeitsdatum [MHD] besagt, dass ein Produkt mindestens bis zum angegebenen Zeitpunkt haltbar ist. Mindestens. Danach hilft der 3-Sinne-Check: einfach mal genau ansehen, daran riechen oder kosten – unsere Sinne sind sehr gut ausgebildet und erkennen Unstimmigkeiten meist sofort.
# Kreativ verwerten
Essensreste oder angebrochene Lebensmittel lassen sich oft in neue Kreationen verwandeln. Überreife Früchte werden zu Smoothies und altes Brot zur Suppeneinlage oder Knödeln. Der WWF Deutschland bietet einen Blog mit Rezepten zum Reste-Kochen an.
Service
Sie können den Kongress „Visions for Transition – wie Landwirtschaft und Städte der Zukunft die Artenvielfalt bewahren“ in seiner Gesamtheit mit allen Videos der Vorträge [in den Originalsprachen und in Übersetzungen] jederzeit HIER nachsehen.
Weitere Tipps gegen Lebensmittelverschwendung gibt es auf der Webseite des WWF Österreich.
(Bilder: Global 2000, Pixabay.com (2x))