Von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlen und in Estland bereits Realität: Ein „Digital Health Space“ im Sinne einer übergreifenden Gesundheitsplattform dient dort als Basis eines digitalen Gesundheitssystems und unterstützt die bestmögliche Behandlung sowie selbstbestimmte Patientinnen und Patienten. Wir haben und angesehen, wie es in Österreich um die Digitalisierung im Gesundheitsbereich bestellt ist.
Den eigenen Gesundheitszustand besser im Blick
Eine Vielzahl an medizinischen Studien weist nach, dass sich gerade bei chronischen Erkrankungen der Behandlungsprozess und der Gesundheitszustand durch aktive Einbeziehung der Patientinnen und Patienten verbessern und damit auch die Gesundheitskompetenz steigern lässt.
Ein wichtiges Element auf dem Weg zu gesteigerter Gesundheitskompetenz ist eine Gesundheitsplattform, die alle relevanten Daten der Patientinnen und Patienten bündelt und sowohl für behandelnde Mediziner•innen als auch für die Betroffenen selbst abrufbar ist. So können Patientinnen und Patienten ihren Gesundheitszustand mit überwachen und eine aktivere Rolle in der Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten einnehmen.
Digital Health Space: Vom „Musterschüler“ Estland lernen
Als „Musterschüler“ des digitalen Gesundheitswesens gilt Estland, wo eine digitale Gesundheitsplattform bereits im Jahr 2008 umgesetzt wurde. Die Funktionen der Plattform orientieren sich dabei umfassend an den zentralen Prozessen des Gesundheitssystems: Patient•innenakten, Notfallreports, Verschreibung von Medikamenten, Labordiagnosen, Krankschreibung, Überweisungen, Beratung und Forschung. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass behandelnde Allgemeinmediziner•innen die Daten zu Krankenhausaufenthalten einsehen. Umgekehrt hat das Krankenhaus im Notfall Zugang zu allen relevanten Daten und kann optimal behandeln.
Verschreibungen von Medikamenten können ebenfalls bereichsübergreifend abgerufen werden und ein Warnsystem weist automatisch auf mögliche Kontraindikationen und/ oder Wechselwirkungen hin. Grundsätzlich können Patientinnen und Patienten bei Bedarf ihre Daten unzugänglich machen und jederzeit nachvollziehen, von welchen Stellen auf ihre persönlichen Gesundheitsdaten zugegriffen wurde.
Genau definierte öffentliche Stellen haben die Möglichkeit, aus den Datenbanken aggregierte und anonymisierte Statistiken zu erstellen und erhalten so einen schnellen Überblick über die Gesundheit der Bevölkerung – was gerade in Pandemiezeiten von unschätzbarem Wert ist. Bereits bei der Entwicklung wurde großer Wert auf den Schutz der Daten und die Sicherheit des Systems gelegt.
Potenzial in Österreich
Bislang gibt es in Österreich [immer noch] keine bundesländerübergreifende E-Health-Strategie. Mit ELGA [elektronische Gesundheitsakte] wurde zwar eine wesentliche technische Grundlage für ein digitales Gesundheitssystem und einen Digital Health Space gelegt und durch die Anwendung in der Pandemie in der öffentlichen Wahrnehmung verankert. ELGA fokussiert sich jedoch bislang „nur“ auf Daten aus dem stationären Bereich und Einrichtungen der mobilen wie stationären Pflege.
Wertvolle Daten liegen unverknüpft bei verschiedensten Institutionen und können so nicht für die Forschung genutzt werden, und Patientinnen und Patienten haben nur eingeschränkt Zugriff. Es gibt zwar zahlreiche funktionierende Einzelanwendungen wie zum Beispiel den Grünen Pass für die Covid-19-Impfungen, die es allerdings gleichzeitig erschweren, den Überblick über Daten und Qualität der Angebote zu behalten. So ist es aktuell auch nicht möglich, die hochgeladenen Informationen strukturiert abzurufen oder automatisiert zu verarbeiten und so beispielsweise für Forschung und Versorgungssteuerung zu nutzen.
Für einen optimalen Überblick und eine optimale Betreuung
Der Schlüssel zum Erfolg bleibt die Bündelung der Gesundheitsdaten in einer Struktur, die alle beteiligenden Stellen gleichwertig einbindet. Dabei besteht vor allem bei der Integration von Daten aus dem nicht-ärztlichen Bereich, zum Beispiel Diätologie und Physiotherapie, ein enorm großes Potenzial. Unumgänglich sind natürlich die Einbindung der Betroffenen, die Berücksichtigung der Datenhoheit sowie umfassender Datenschutz – letztlich die Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten.
In einer idealen Datenplattform wäre der Weg der Patientinnen und Patienten durch das gesamte Gesundheitssystem abgebildet. Alle Bürgerinnen und Bürger hätten somit nicht nur einen umfassenden Überblick und Verfügungsgewalt über ihre eigenen Gesundheitsdaten, sondern könnten auch über alle Stellen des Gesundheitssystem hinweg optimal betreut werden.
Länder wie Estland haben es bereits vorgemacht und gezeigt, welche Vorteile ein moderner Ansatz im Health-Bereich bringt. In diesem Sinn gilt es, nachzuziehen und aufzuholen!
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(Bilder: AdobeStock)