In Österreich werden an die 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen von zu Hause von Angehörigen gepflegt und versorgt. Wenn diese mit ihren zu pflegenden Verwandten zu einem Arzt oder ins Krankenhaus müssen, ist oft nicht klar, wer von den beiden eigentlich dringender Hilfe braucht. Nicht selten leiden Angehörige, die einen dementen oder bettlägerigen Partner versorgen, selbst an Beschwerden. Sie sind überfordert, übermüdet, überarbeitet.
Wissenschaftlich untersucht
Dass pflegende Angehörige buchstäblich „fertig“ sind, ist eine Tatsache, die weltweit Tag täglich in Wartezimmern von Ärzten oder Notaufnahmen von Krankenhäusern auftritt. Wissenschaftlich untersucht wurde dieses Phänomen bisher allerdings wenig.
Ein Team um Gesundheitsforscherin Claire Ankuda von der University of Michigan zeigt in einer aktuellen Studie, veröffentlicht im Journal of the American Geriatrics Society, wie wichtig es für Ärzte sein kann, die Angehörigen pflegebedürftiger Menschen als potenzielle Patienten in den Fokus zu nehmen. Die Wissenschaftler untersuchten mehr als 3.100 Menschen über 65, die ihre Partner bei der Körperpflege, beim Anziehen und beim Essen unterstützten.
Analysiert wurden Daten wie anfallende Krankenhauskosten und wie oft ein Besuch in einer Notaufnahme notwendig war. Parallel dazu wurde das Wohlbefinden wie Daten zu Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen oder dem gesundheitlichen Gesamtzustand der pflegenden Lebenspartner geprüft.
Fokus auch auf pflegende Angehörige
Die Auswertung ergab, dass Patienten, die von einem erschöpften oder niedergeschlagenen Partner gepflegt wurden, höhere Versorgungskosten verursachen als Pflegebedürftige in der Obhut eines fitten und zufriedenen Partners.
So fanden sich Patienten mit angeschlagenen Partnern in einem Zeitraum von sechs Monaten ca. 23 Prozent häufiger in einer Notaufnahme ein. Auch waren die Behandlungskosten von Patienten, die von erschöpften Angehörigen gepflegt wurden, um knapp 2.000 Dollar höher.
Die Autoren der Studie fordern, dieses instabile Gleichgewicht zwischen Pflegendem und Pflegebedürftigen rechtzeitig zu erkennen. Es ist hinlänglich bekannt, dass die tägliche Pflegearbeit, insbesondere ohne Anleitung, Bezahlung und Wertschätzung, die Gesundheit des Pflegenden bis hin zur Depression stark beeinträchtigen kann. Ebenso möglich ist der umgekehrte Effekt: Ein schlechter Gesundheitszustand des Pflegenden kann die Situation des Patienten verschlimmern. Daher muss die Notfallmedizin angeschlagene Angehörige in Zukunft viel stärker in den Blick nehmen.
Häufige Besuche in der Notaufnahme und erhöhte Behandlungskosten könnten ein versteckter Hinweis auf Angehörige in Not sein. Pflegende Partner sind ebenso ein verletzlicher Teil der Gesellschaft.
Weitere Informationen
Mehr zum Thema „Pflegende Angehörige“ finden sie HIER auf Help.gv.at.
Dort finden sie auch zahlreiche weiterführende Links zu diversen Förderstellen und Hilfsorganisationen, die ihnen im Fall des Falles Unterstützung zusichern können.
(Bilder: Pixabay.com)