Im Rahmen des EU-Projektes AMBAVis (Access to Museums for Blind and Visually Impaired People) wurden zwei Jahre lang 3D-Technologien entwickelt, die Menschen mit Sehbehinderung ein neues Kunsterlebnis ermöglichen sollen. Unter anderem wurde der „Kuss“ von Gustav Klimt als interaktives Tastrelief angefertigt, das zum Abschluss des Projektes an die Österreichische Galerie Belvedere übergeben wird.
Klimt’s „Kuss“ zum Anfassen im Belvedere
Pünktlich zum internationalen Tag des Weißen Stockes am 15. Oktober können Menschen mit Sehbehinderung Gustav Klimts „Kuss“ im Oberen Belvedere auf eine besondere Art erleben. Das Gemälde wurde computergestützt in eine 42 x 42 cm große Reliefdarstellung übergeführt. Viele kompositorische und ornamentale Details wurden pixelgenau fühlbar und tastbar gemacht. Mit Hilfe einer einzigartigen Finger-Tracking-Technologie geben bestimmte Bereiche des Reliefs bei Berührung sogar Audioinformationen wieder. Damit wird das Relief zum Audioguide, der das autonome Erleben des Kunstwerkes vertieft.
Der Rahmen: das EU-Projekt AMBAVis
Dieses Relief ist ein Ergebnis des EU-Projektes AMBAVis, das seit zwei Jahren läuft. Folgende Partner waren dabei mit an Bord: Economica Institut für Wirtschaftsforschung (AT), die VR Vis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung Forschungs-GmbH (AT), die Österreichische Galerie Belvedere (AT), der Österreichische und der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband, das Manchester Museum (GB) sowie die NGO Trnka (SK).
Das EU-Projekt versteht sich als treibende Kraft zur Weiterentwicklung und Verbreitung taktiler und auf 3D-Technologien basierender Vermittlungspraktiken in Museen. Ziel ist es, Menschen mit Sehbehinderung einen barrierefreien Zugang zu den Kunstwerken zu ermöglichen.
Neue Wege, Kunst zu erleben
Das neue Relief vom Kuss zeigt, dass Gemälde auch etwas für blinde Menschen sind. Mithilfe der interaktiven Audioinformationen geht es nicht mehr nur um ein abstraktes Verstehen des Bildaufbaus, sondern das Bild kann direkt in seiner Emotionalität und Strahlkraft zum Betrachter sprechen. AMBAVis öffnet neue Wege hin zum Kunsterleben von Menschen mit Seheinschränkungen.
Neben dem Kuss-Relief entstand bei dem Projekt eine digitale Replik eines 2500 Jahre alten Katzensarkophags aus dem Manchester Museum, unter deren Oberfläche berührungssensitive Sensoren eingebettet wurden. So ist es für den Benutzer möglich, mit unterschiedlichen Berührungen Zusatzinformationen zu erhalten.
Künftig noch mehr
Für die Zukunft wird an einem Relief-Printer-Medium gearbeitet, mit dem es möglich sein sollte, mehrere Bilder in einem Museum variabel als temporäres 3D-Relief darzustellen. Dieses innovative Konzept, inspiriert durch das PinArt-Spielzeug, besteht aus zehntausenden beweglichen Stäben, die jede Oberfläche nachahmen können.
Wir sagen: Weiter so! 🙂
(Bilder: Andreas Reichinger, VRVis)