Ist ein gemeinsamer veganer Lebensstil eine gute Basis für die Zufriedenheit und die Stabilität in einer Beziehung – oder werden Veganer•innen mit Fleisch essenden Partner•innen ebenso glücklich? Die Kennenlernplattform Gleichklang.de wollte dies wissen und befragte dazu in einer Dating-Studie* 635 vegan lebende Personen, die alle zum Zeitpunkt der Umfrage in einer Beziehung lebten.
Kurzzusammenfassung der Ergebnisse
In der Umfrage schilderten Veganerinnen und Veganer mit veganen Beziehungspartner•innen glücklichere und stabilere Beziehungen als Veganer•innen, die Beziehungen mit Fleisch essenden Personen führten. Unabhängig davon, ob die eigenen Beziehungspartner•innen vegan lebten oder Fleisch aßen, gab die große Mehrheit der Befragten an, sich vegane Beziehungspartner•innen zu wünschen.
Als Vorteile für eine eine gemeinsame vegane Lebensweise in Beziehungen benannten die Befragten
- eine Erleichterung des Alltages,
- eine bessere Passung von Moral und Ethik,
- ein tieferes und harmonischeres Verstehen,
- die Möglichkeit, sich gemeinsam in der veganen Lebensweise zu bestärken,
- die Vermeidung von Konfrontation mit Tierprodukten im eigenen Haushalt oder mit dem Fleischessen von Partner•innen, sowie
- die Erleichterung einer gemeinsamen Kindererziehung.
Vegane Frauen waren wesentlich seltener mit veganen Beziehungspartner•innen zusammen als vegane Männer, obwohl ihr Wunsch nach veganen Partner•innen ebenso groß war wie der entsprechende Wunsch der Männer. Ursache hierfür war, dass es wesentlich mehr vegane Frauen als Männer gibt, was sich auch in der aktuellen Umfrage widerspiegelte.
Über die Studie
Die Teilnehmenden für die Umfrage wurden über den Newsletter von Gleichklang, die von Gleichklang betrieben Webseite vegan.eu, sowie über bezahlte Facebook-Anzeigen, die sich an Personen mit dem Interessenschwerpunkt Veganismus richteten, gewonnen. Eingeschlossen wurden in die Auswertung nur Daten von Personen, die in der Umfrage schilderten, sich rein pflanzenbasiert zu ernähren und weder Fleisch oder Fisch noch Milch oder Eier zu konsumieren. Eingeschlossen wurden zudem ausschließlich Personen, die aktuell in einer Beziehung lebten und deren Beziehungspartner•innen entweder ebenfalls vegan lebten oder aber Fleisch aßen.
*An der Befragung beteiligten sich insgesamt 635 Personen, die den genannten Einschlusskriterien entsprachen. Es nahmen 479 Frauen, 137 Männer und 19 nicht-binäre Personen teil. Das Übergewicht von Frauen in der Stichprobe entspricht dem Überwiegen von Frauen unter vegan lebenden Personen.
Das Durchschnittsalter der Befragten betrug 34,9 Jahre und schwankte zwischen minimal 16 und maximal 84 Jahren. Durchschnittlich betrug die Dauer der aktuellen Beziehung 6,8 Jahre.
Die Befragung wurde als Online-Befragung durchgeführt und schloss einen quantitativen Teil mit Ankreuzoptionen und einen qualitativen Teil ein. Der qualitative Teil bezog sich auf die Analyse der von den Befragten frei benannten Vorteile einer gemeinsamen veganen Lebensweise in Partnerschaften.
Die Teilnehmenden wurden in der quantitativen Befragung nach ihrer globalen Beziehungszufriedenheit sowie der Stabilität ihrer Beziehung gefragt. Hier wurden ihnen auf einer vier-stufigen Skala [starke Ablehnung, Ablehnung, Zustimmung, starke Zustimmung] folgende beiden Fragen vorgelegt:
- ich bin mit meiner Partnerschaft rundum zufrieden und glücklich
- meine Partnerschaft ist stabil und dauerhaft
Die Befragten wurden ebenfalls – unabhängig davon, ob ihre Beziehungspartner•innen vegan oder Fleischesser waren – dazu befragt, ob sie sich vegane Beziehungspartner•innen wünschten oder nicht.
Es wurden außerdem Informationen zu Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Beziehungsdauer, Dauer der veganen Lebensweise, Strenge der veganen Lebensweise [Vermeidung von Honig? Vermeidung von Gelatine? etc.] erhoben.
Zusätzlich wurden die Befragten gebeten, in einem freien Text mögliche Vorteile oder Nachteile einer gemeinsamen veganen Lebensweise in einer Beziehung zu schildern. Es resultierten 549 freie Texte, die in einer thematischen Analyse qualitativ ausgewertet wurden.
Die Untersuchung wurde von dem Diplom-Psychologen Guido F. Gebauer angeleitet.
Die Ergebnisse der Dating-Studie im Detail
- Bei 57,2 Prozent der Befragten lebten die Partner•innen ebenfalls vegan, während bei 42,8 Prozent der Befragten die Partner•innen weiterhin Fleisch aßen.
- Vegane Männer hatten mit 75,9 Prozent wesentlich häufiger vegane Beziehungspartner•innen als befragte Frauen, wo lediglich 48,6 Prozent der Beziehungspartner•innen vegan lebten. Bei den nicht-binären Personen betrug der Prozentsatz der vegan lebenden Beziehungspartner•innen 68,4 Prozent.
- 56,7 Prozent der Befragten mit veganen Partner•innen bejahten die Zufriedenheit mit ihrer Beziehung auf der stärkster Stufe [starke Zustimmung], während dieser Prozentsatz bei den Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen lediglich 34,9 Prozent betrug.
- 5,5 Prozent der Befragten mit veganen Partner•innen verneinten die Zufriedenheit mit ihrer Beziehung [starke Ablehnung oder Ablehnung], während 23,2 Prozent der Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen die Beziehungszufriedenheit verneinten.
- 41,9 Prozent der Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen gaben eine einfacher Zustimmung, aber keine starke Zustimmung zur Beziehungszufriedenheit, während dieser Prozentsatz bei den Befragten mit veganen Partner•innen bei 37,7 Prozent lag.
Beziehungsstabilität
- 66,9 Prozent der Befragten mit veganen Partner•innen stimmten der Aussage stark zu, dass ihre Beziehung stabil und dauerhaft sei, während bei den Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen nur 46,3 Prozent dieser Aussage stark zustimmten.
- 5,5 Prozent der Befragten mit veganen Partner•innen verneinten die Beziehungsstabilität [starke Ablehnung oder Ablehnung]. Dieser Prozentsatz betrug bei den Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen 15,1 Prozent.
- 38,6 Prozent der Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen stimmten der Aussage einfach, aber nicht stark zu, dass ihre Beziehung stabil sei. Bei den Befragten mit veganen Partner•innen betrug dieser Prozentsatz 27,5 Prozent.
Statistische Bewertung
Die statistische Auswertung der Studie zeigte folgende Ergebnisse:
- Befragte mit veganen Partner•innen bejahten die Zufriedenheit mit ihrer Beziehung und die Stabilität ihrer Beziehung signifikant häufiger [starke Zustimmung oder Zustimmung] als Befragte mit Fleisch essenden Partner•innen.
- Befragte mit Fleisch essenden Partner•innen verneinten die Zufriedenheit mit ihrer Beziehung und die Stabilität ihrer Beziehung signifikant häufiger [starke Ablehnung oder Ablehnung] als Befragte mit veganen Partner•innen.
- Wenn Befragte mit veganen Partner•innen die Zufriedenheit oder die Stabilität mit ihrer Beziehung bejahten, bejahten sie diese signifikant häufiger stark als Befragte mit Fleisch essenden Partner•innen, die seltener die starke Form der Zustimmung wählten.
Was wünschten sich die Befragten?
- 95,6 Prozent der Befragten mit veganen Partner•innen gaben an, dass sie sich in einer Beziehung vegane Partner•innen wünschen. 2,5 Prozent wünschten sich vegetarische Partner•innen, 1,4 Prozent war dies egal und 0,4 Prozent gaben an, sich pescetarische Partner•innen [Fischesser] zu wünschen. Niemand gab an, sich Fleisch essende Partner•innen [Mischkost mit Fleisch] zu wünschen.
- 64,3 Prozent der Befragten mit Fleisch essenden Partner•innen gaben an, sich in einer Beziehung vegane Partner•innen zu wünschen. 23,5 Prozent gaben an, dass ihnen dies egal sei. 11,8 Prozent wünschten sich vegetarische Partner•innen und 0,4 Prozent wünschten sich Pescetarier•innen [Fischesser]. Auch in dieser Gruppe wünschte sich niemand Partner•innen, die sich mit einer Mischkost mit Fleisch ernährten.
Einflüsse von Geschlecht, Alter und weiteren Faktoren
Es traten keine oder nur triviale Zusammenhänge zwischen Geschlecht, Alter, Dauer der veganen Lebensweise und Strengegrad der veganen Lebensweise mit der Zufriedenheit und Stabilität der Partnerschaft auf. Bei Männern und bei Frauen zeigte sich eine signifikant größere Zufriedenheit und höhere Stabilität in Beziehungen mit veganen als mit Fleisch essenden Partner•innen. Bei non-binären Personen erlaubte die geringe Anzahl der Fälle keine sinnvolle Analyse.
Obwohl die befragten veganen Frauen wesentlich häufiger Fleisch essende Partner•innen hatten als die befragten Männer, wünschten sie sich genau oft vegane Partner•innen wie Männer dies taten.
Warum sind vegan-vegane Beziehungen glücklicher?
In den Ergebnissen der Umfrage zeigten sich Beziehungen mit gemeinsamer veganer Lebensweise als glücklicher und stabiler als Beziehungen zwischen Veganer•innen und Fleischesser•innen. Zudem wünschte sich eine große Mehrheit der Veganer•innen vegane Partner•innen. Dieser Wunsch war selbst bei denjenigen Veganer•innen vorhanden, die aktuell in einer Beziehung mit einer Fleisch essenden Person lebten.
Was aber waren die Gründe, warum vegan-vegane Beziehungen glücklicher und stabiler sind? Was erlebten die Befragten als Vorteile einer gemeinsamen veganen Lebensweise?
Zur Beantwortung dieser Frage wurden die vorliegenden 549 freien Texte nach ihren Inhalten codiert. Es wurden folgende sechs grundlegende Thematiken identifiziert.
[1] Erleichterung des Alltags
Durch die Übereinstimmung in der veganen Lebensweise werde der Alltag erleichtert, insbesondere das Einkaufen, Essen und Kochen, wobei aber auch die Pflege sozialer Kontakte von einigen Befragten bei gemeinsamen Veganismus als einfacher erlebt wurde.
[2] Passung von Moral und Ethik
Der gemeinsame Veganismus entspreche grundlegenden ethischen Werten, wobei eine geteilte Ethik für eine Beziehung wichtig und förderlich sei.
[3] Tieferes und harmonischeres Verstehen
Die Beziehung werde verbessert durch weniger Konflikte, mehr Verbundenheit und bessere Gespräche.
[4] Vegane Lebensweise stärken
Durch eine gemeinsame vegane Lebensweise entstünden mehr Motivation und Möglichkeiten, um die vegane Lebensweise weiter zu entwickeln, Neues zu lernen, sich vor Versuchungen und Rückfällen zu schützen oder auch gemeinsam für die vegane Lebensweise einzutreten.
[5] Vermeidung negativer Gefühle
Der gemeinsame Veganismus schütze vor belastenden Konfrontationen und negativen Gefühlen, wie Ekel, Ärger oder Traurigkeit, die durch Tierprodukten im eigenen Haushalt oder den Konsum von Tierprodukten durch Partner ausgelöst werden können. Küssen und Zärtlichkeit werde so erleichtert.
[6] Erleichterte Kindererziehung
Die Kindererziehung werde durch ein gemeinsames veganes Leben erleichtert, da so eine vegane Ernährung und Erziehung der Kinder ohne Konflikte und Diskussionen erfolgen könne.
Interpretation und psychologische Einordnung
Der Psychologe Gebauer fasst die Befunde dahingehend zusammen, dass vegan lebende Menschen in ihren Beziehungen glücklicher und stabiler werden, wenn ihre Beziehungspartner•innen ebenfalls vegan leben. Die Sehnsucht nach veganen Beziehungspartner•innen bestehe selbst bei denjenigen, die aktuell in einer Beziehung mit einer Fleisch essenden Person leben.
Die Befunde zeigten zudem, dass der Wunsch nach veganen Beziehungspartner•innen tatsächlich die Partnerwahl von Veganern stark prägt: Während der Anteil von Veganer•innen an der Allgemeinbevölkerung zwischen 1-2 Prozent liegt, hat die Mehrheit der Befragten angegeben, dass ihre Beziehungspartner•innen ebenfalls vegan seien. Das verdeutlicht, dass Veganer•innen ganz offensichtlich sich gezielt nach veganen Beziehungspartner•innen suchen.
Eine hohe Beziehungsqualität kann entstehen und bleibt erhalten, wenn zentrale moralische Überzeugungen miteinander harmonieren, Konflikte gut lösbar sind, der gemeinsame Alltag positiv gestaltet werden können, die eigene Person eingebracht und weiter entwickelt wird, körperliche Nähe als positiv erlebt wird ohne Ekelgefühle, sowie Kinder nach gemeinsamen Prinzipien beiderseits erzogen werden können.
Der Veganismus ist eine stark ethisch geprägte Lebensweise. Die Konfrontation mit Tierprodukten im eigenen Haushalt oder mit einem Fleisch essenden Partner•innen ist daher für viele Veganer•innen eine psychische Belastung.
Wunsch nach veganen Beziehungspartner•innen nachvollziehbar
Es geht bei dem Wunsch nach veganen Beziehungspartner•innen nicht um Rigidität, Intoleranz oder mangelnde Akzeptanz von Vielfalt, sondern um den authentischen Wunsch von Menschen, in ihren intimsten Beziehungen eine besonders tiefe Form von Verbindung und Zusammengehörigkeit zu erleben. Gerade für Menschen, die starke ethische Überzeugungen haben, die mit der Mehrheitsgesellschaft im Konflikt stehen, können nach Gebauer Intimbeziehungen zu einem Schutzraum werden, der es ihnen möglich macht, den eigenen Lebensstil zu leben und dabei in seelischer Balance zu bleiben.
Gebauer rät allerdings veganen Partnersuchenden, bei ihrer Partnersuche nicht nur bereits vegan lebende Personen zu berücksichtigen, sondern auch noch nicht vegan lebende Personen einzubeziehen, die für einen Wechsel zur veganen Lebensweise aufgeschlossen sind. Dadurch wird der Suchraum erweitert, ohne auf den Wunsch nach Übereinstimmung in den Grundeinstellungen zu verzichten.
In diesem Sinn stimmt durchaus auch das alte Sprichwort: „Liebe geht durch den Magen.“ 😉
(Bilder: AdobeStock, Gleichklang Limited/ in public domain)