Demenz in der Familie bedeutet nicht nur für die Erkrankten eine große Veränderung, auch die betreuenden Familienangehörigen sind stark betroffen und erleben eine enorme Belastung. Die DEA App bzw. ganz genau die DEA-Lebensfreude-App, entwickelt von einem interdisziplinären Konsortium(*) rund um die FH Campus Wien, soll pflegende Betreuungspersonen beim Umgang mit Demenzerkrankten unterstützen und die Lebensqualität verbessern.
Demenz bringt unvorhersehbare Veränderung
Mehr als 115.000 an Demenz erkrankte Personen leben in Österreich, meist von Angehörigen zu Hause betreut. Das Fortschreiten der Erkrankung und die zeitintensive Betreuung stellen oftmals eine große Belastung dar. Diese zu reduzieren sowie rasch Hilfestellung mit gebündelter Information und Alltagstipps zu geben, war der Ansatzpunkt für die Entwicklung der DEA App.
(*) Forscher*innen aus den Departments Gesundheitswissenschaften, Angewandte Pflegewissenschaft und dem Masterstudiengang Health Assisting Engineering der FH Campus Wien arbeiteten in einem Konsortium mit dem Softwareunternehmen Nous Wissensmanagement GmbH, der Medizinischen Universität Wien, der WPU GmbH und raltec, der Forschungsgruppe für assistive Technologien, an der Konzeption, Umsetzung und Evaluation der App. Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Ausschreibung „Benefit“ der Forschungsföderungsgesellschaft (FFG) durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gefördert.
„Die DEA App soll Lebensfreude bringen und den Alltag für Erkrankte und Betreuende einfacher machen“, fasst Franz Werner, FH-interner Projektverantwortlicher und Studiengangsleiter des Masterstudiums Health Assisting Engineering zusammen. Als Version für Android wird die DEA App demnächst gelauncht, kostenpflichtig und werbefrei sein.
DEA App: Gebündelte Information in der schwierigen Phase der Diagnose
Gespräche mit Angehörigen zeigten, wie schwer es Betreuenden fällt, sich die Demenzerkrankung des Familienmitglieds einzugestehen oder offen darüber zu sprechen. „Emotional und zeitlich ist es pflegenden Angehörigen in der ersten Phase oft schwer möglich eine Selbsthilfegruppe zu besuchen„, weiß Franz Werner.
„Die DEA App kann als niederschwellige Anlaufstelle mit gebündelten evidenzbasierten Informationen rasch Hilfestellung bieten und so die Situation entspannen.“ Die DEA App beinhaltet eine Informationsplattform, einen breiten Katalog an Vorschlägen für Aktivitäten und vernetzt die betreuenden Angehörigen untereinander.
Mit Tipps Belastung für betreuende Angehörige reduzieren
Das Informationstool der DEA App bietet Kontaktdaten aller relevanter Anlaufstellen, wie Selbsthilfegruppen für Angehörige, Beratungsstellen, Pflegenotdienste und mehr. Zusätzlich enthält es Ratschläge für schwierige Situationen, etwa für den Umgang mit Aggression der Erkrankten. Hilfreich ist auch, den Alltag einfacher zu gestalten. „Das klappt schon mit ganz simplen Dingen, wie, dass nicht zehn Pullover im Schrank zur Auswahl liegen, sondern nur zwei“, so Werner.
Und weiter: „Ganz essenziell für Betreuende ist, auch auf sich selbst zu schauen. Die DEA App gibt Empfehlungen zur Überlastungs- und Burnout-Prophylaxe wie Meditation, Atemübungen oder Tipps, um sich selbst Rückzugsmöglichkeiten schaffen zu können.“
Die Informationsplattform versteht sich als wachsendes Tool und wird laufend erweitert.
Die Auflistung von sinnstiftenden gemeinsamen Aktivitäten, um trotz Demenz gut zu leben, ist das Herzstück der DEA App. Die Aktivitäten sollen Demenzerkrankte geistig fordern, Orientierung durch Alltagstätigkeiten geben und vor allem auch unterhalten. Dafür erstellen die Angehörigen ein anonymes Profil, in dem Grad der Mobilität und der Orientierung, sowie die sprachliche Kompetenz der zu pflegenden Person gespeichert werden, ebenso Geschlecht und Vorlieben in der Vergangenheit.
„Diese Einstellungen sind maßgebend dafür, welche Aktivitäten vorgeschlagen werden„, erklärt Werner genauer. Die App empfiehlt beispielsweise für Demenzerkrankte, die sehr naturverbunden sind, gemeinsam ein Beet anzulegen. Mag jemand kreative Hobbys, könnten Perlen sortiert und aufgefädelt werden. Bei einer Leidenschaft zum Kochen macht das Herrichten eines Butterbrots mit Schnittlauch vielleicht Freude.
„Aktiv bleiben im bekannten sozialen Umfeld kann die Erkrankung eher hintanhalten, als wenn Demenzpatient*innen alleine Puzzles oder Kreuzworträtsel lösen. Auch ganz banale Alltagsroutinen wie gemeinsames Geschirrspülen sind hilfreich, die meisten Angehörigen denken aber zunächst nicht daran.“
Anonyme Profile schützen Privatsphäre
Dem Entwicklungsteam war von Beginn an der Schutz der Privatsphäre sehr wichtig. Denn obwohl die App auf Grund der Eingaben personalisierte Vorschläge liefert, verzichtet sie auf personenbezogenen Daten. „Die App hat kein Login und ist absolut anonym. Nirgendwo wird ein Name oder andere Daten, die eine spezifische Zuordnung ermöglichen, gespeichert“, untermauert Franz Werner. „Uns war klar, wie sensibel Betroffene, die in ihrem Umfeld mit Demenz zu tun haben, in diesem Punkt sind.“
Profil, IP- und MAC-Adressen, genauso wie Aktivitäten sind zwar auf dem App-Server gespeichert, aber mittels Nummern anonymisiert.
FH Campus Wien
Mit rund 7.000 Studierenden an fünf Standorten und sieben Kooperationsstandorten ist die FH Campus Wien die größte Fachhochschule Österreichs. In den Departments Angewandte Pflegewissenschaft, Applied Life Sciences, Bauen und Gestalten, Gesundheitswissenschaften, Soziales, Technik sowie Verwaltung, Wirtschaft, Sicherheit, Politik steht ein Angebot von mehr als 60 Studien- und Lehrgängen in berufsbegleitender und Vollzeit-Form zur Auswahl.
Fort- und Weiterbildung in Form von Seminaren, Modulen und Zertifikatsprogrammen wird über die Campus Wien Academy abgedeckt.
(Bilder: Pixabay.com (2x), FH Campus Wien)