Aktuellen Schätzungen zufolge leben in Österreich 115.000 bis 130.000[1] Demenzpatientinnen und -patienten. Aufgrund des kontinuierlichen Altersanstiegs in der Bevölkerung wird sich diese Anzahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Ein immer wieder unbeachteter Aspekt bei Demenzerkrankungen ist Mangelernährung der betroffenen Personen. Durch eine bedürfnisentsprechende diaetologische Begleitung demenzkranker Menschen können nicht nur Mangelerscheinungen vermieden, sondern Krankenhausaufenthalte verkürzt, die Lebensqualität und Selbständigkeit der Betroffenen erhalten und schlussendlich Kosten gespart werden.
Der Verband der Diaetologen Österreichs appelliert daher für den Ausbau diaetologischer Stellen in geriatrischen Abteilungen und Pflegeeinrichtungen sowie die Kostenübernahme diaetologischer Leistungen durch die Krankenkassen.
Gewichtsverlust und Mangelerscheinungen mit schwerwiegenden Folgen
Die Ursachen einer Mangelernährung bei Demenz sind vielseitig. Zum einen führt die fortschreitende funktionelle und kognitive Beeinträchtigung dazu, dass Betroffene sich nicht mehr ausreichend selbst versorgen können, Stichwort einkaufen und/ oder kochen. Bei Fortschreiten der Erkrankung wird die Kulturtechnik des Kochens zusehends verlernt. Zum anderen gehören veränderte Geruchs- und Geschmackswahrnehmung, Schluckstörungen oder ein erhöhter Energiebedarf durch Hyperaktivität [zum Beispiel ständiges Umherwandern] zu den häufigsten Ursachen, die zu einer nicht bedarfsdeckenden Nahrungsaufnahme führen. Bei nahezu 50 Prozent der Betroffenen mit leichter bis mäßiger Alzheimer-Demenz kommt es dadurch zu einem ungewollten Gewichtsverlust.
Ein Mangel an wichtigen und gesundheitserhaltenden Nährstoffen beschleunigt jedoch das Fortschreiten der Erkrankung und erhöht zusätzlich unter anderem auch noch die Anfälligkeit für diverse Infekte, den Verlust an Muskelmasse, die Störung der Wundheilung und das Sterblichkeitsrisiko maßgeblich. Eine begleitende Ernährungstherapie in Kombination mit einer regelmäßigen Überprüfung des Ernährungszustandes sollte daher ab Diagnose der Demenzerkrankung erfolgen, um einer Mangelernährung vorzubeugen bzw. die Auswirkungen so gut wie möglich zu minimieren und zu mindern.
Ernährungsanpassung erleichtert ausreichende Nahrungsaufnahme
Die Berufsgruppe der Diaetologinnen und Diaetologen weist die entsprechenden Kompetenzen – von der Erhebung des Nährstoffbedarfs bis zur Erstellung individueller ernährungstherapeutischer Konzepte – auf, um von Demenz betroffene Menschen und ihre oftmals pflegenden Angehörigen zu unterstützen.
Häufige Zwischenmahlzeiten, Fingerfood, Konsistenzanpassung, Anreicherung der Speisen oder der Einsatz von Trinknahrung sind nur einige der eingesetzten und bewährten Methoden, um die ausreichende Nahrungsaufnahme zu erleichtern. Deshalb sollte in Krankenhäusern, Pflegeheimen und sonstigen weiteren Betreuungseinrichtungen eine umfangreiche ernährungstherapeutische Betreuung ein integraler Bestandteil des Behandlungskonzeptes sein, um die optimale Versorgung von Menschen mit Demenz zu gewährleisten.
Außerdem hat sich gezeigt, dass sich hinsichtlich kognitiver Funktionen beispielsweise durch mediterrane Ernährung langfristig Verbesserungen zeigen.
Konkret ist eine Ernährungstherapie erforderlich, um
- den Ernährungszustand der Betroffenen zu erhalten bzw. zu verbessern,
- Mangelernährung zu vermeiden,
- situationsgerechte Ernährung zu gewährleisten,
- diätetische Maßnahmen sinnvoll einzusetzen und
- die Beratung von Angehörigen und Pflegepersonen zu gewährleisten.
„Ernährung ist die erste Medizin“ – auch und vor allem für Demenzpatient•innen
Der Verband der Diaetologen Österreichs appelliert daher an die Verantwortlichen in der Gesundheits- und Sozialpolitik, den dringend notwendigen Ausbau von diaetologischen Stellen in Kliniken und Pflegeeinrichtungen voranzutreiben und im niedergelassenen Bereich die Erstattung diaetologischer Leistungen durch die gesetzlichen Krankenversicherungsträger zu gewährleisten – ein Appell, den wir voll inhaltlich unterstützen!
Literatur | Quellenangaben
Perry E, Walton K, Lambert K. Prevalence of Malnutrition in People with Dementia in Long-Term Care: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2023 Jun 28;15(13):2927. doi: 10.3390/nu15132927. PMID: 37447253; PMCID: PMC10343750.
REBER, E., NORMAN, K., ENDRICH, O., SCHUETZ, P., FREI, A. & STANGA, Z. 2019. Economic Challenges in Nutritional Management. J Clin Med, 8.
SRIRAM, K., SULO, S., VANDERBOSCH, G., PARTRIDGE, J., FELDSTEIN, J., HEGAZI, R. A. & SUMMERFELT, W. T. 2017. A Comprehensive Nutrition-Focused Quality Improvement Program Reduces 30-Day Readmissions and Length of Stay in Hospitalized Patients. JPEN J Parenter Enteral Nutr, 41, 384-391.
Volkert, D., Sieber, C. C., & Wirth, R. (2016). Ernährung bei Demenz. DMW-Deutsche Medizinische Wochenschrift, 141(11), 762-766
Volkert, D. (2020). Aktuelle ESPEN-Leitlinie Klinische Ernährung und Hydration in der Geriatrie. Aktuelle Ernährungsmedizin, 45(05), 348-355.
Volkert, D. (2023). Ernährung und Demenz–Demenz und Ernährung. Therapeutische Umschau, 80(5), 217-225.
[1] Zahlen aus dem aktuellen Österreichischen Demenzbericht des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
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