Unsere Darmflora ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Doch für alle Menschen gilt: Je größer die Vielfalt der Bakterien im Darm, desto stärker unser Schutzschild vor Erkrankungen. Im neuen Magazin „ernährung heute“ geht das forum.ernährung heute, ein Verein zur Förderung von Ernährungsinformation, der Frage nach, was die sensible mikrobielle Wohngemeinschaft in unserem Körper beeinflusst. Das Wichtigste gleich vorweg: eine zentrale Rolle nimmt dabei die Ernährung ein.
Geschätzte 100 Billionen Bakterien sind in unserem Darm zu Gast. Diese mikrobielle Lebensgemeinschaft ist so schwer wie unsere Hirnmasse. Fachkreise sprechen längst nicht mehr von der Darmflora, sondern von dem Mikrobiom oder der Mikrobiota (Anmerkung: wenn Sie auf Mikrobiota klicken, finden Sie eine Erklärung dazu auf Englisch.).
Ein gesunder Darm als Prävention vor Erkrankungen
„Die bakterielle Besiedelung des Verdauungstrakts beginnt im Wesentlichen nach der Geburt, bei den einen schneller, bei den anderen langsamer. Das Tempo sowie der Umfang und die Zusammensetzung des Mikrobioms hängen von mehreren Faktoren ab, wie vaginale oder Kaiserschnitt-Geburt, eventuelle Antibiotikagaben, Stillen oder Fläschchenkost. Entscheidend ist aber vor allem, was im Lauf des Lebens täglich auf den Teller kommt. Das Motto lautet: Je abwechslungsreicher, desto besser. Denn auch wenn die Wissenschaft noch am Anfang steht, gibt es Hinweise, dass ein vielfältiges Mikrobiom ein weiterer Faktor bei der Prävention vor Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Asthma oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sein kann“, so Marlies Gruber, wissenschaftliche Leiterin des forum. ernährung heute.
Auch die Darmbakterien brauchen Energie
Was viele nicht wissen: Darmbakterien verwerten etwa 10 % der gesamten Nahrungsenergie, je nachdem, in welchem Ausmaß einzelne Bakterienstämme vorkommen: Bacteroidetes, ein eigener Stamm an Bakterien, nehmen weniger Energie aus der Nahrung auf und sind bei schlanken und normalgewichtigen Menschen stärker vertreten. Bei Übergewichtigen haben hingegen jene Bakterien Oberhand, die viel Energie aus der Nahrung ziehen. Steigt ihr Anteil um 20 %, werden täglich rund 150 kcal mehr aus der Nahrung genutzt. Übers Jahr gerechnet sind das 55.000 kcal oder umgerechnet 8 kg Fettmasse.
Viel Obst und Gemüse und Fisch
„Wie Studien kürzlich feststellten, wirkt sich eine Änderung unserer Ernährung innerhalb von nur zwei Tagen auf die mikrobielle Wohngemeinschaft aus: Weniger Fett und Fleisch sowie viel Obst, Gemüse und Fisch fördern eine vielfältige Darmflora. Der regelmäßige Konsum von Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten oder Nüssen ist ebenfalls günstig“, erklärt Gruber. Eine Kost wie diese unterstützt auch das Wachstum des Bakterienstamms der Bacteroidetes.
Genussreiche Balance
Neue Erkenntnisse gibt es auch zu sekundären Pflanzenstoffen in Obst, Gemüse, Tee, Kaffee, Rotwein und Kakao. Die sogenannten Polyphenole, das sind aromatische Verbindungen in Pflanzen, führen ein reges Wechselspiel mit unserem Mikrokosmos im Darm. Sie fördern das Wachstum nützlicher Bakterien und hemmen jenes krankmachender Keime: Polyphenole in Zitrusfrüchten zum Beispiel bremsen das Wachstum des potenziell schädlichen Magenkeims Helicobacter pylori, der als Risikofaktor für Gastritis und Magenkrebs gilt. Polyphenole in Kakao und Kaffee steigern wiederum den Anteil der Bifidobakterien, die sich positiv auf die Darmflora auswirken.
In diesem Sinn: guten Appetit! 🙂
Weitere Informationen
Mehr über die Welt der Darmbakterien und neue wissenschaftliche Erkenntnisse dazu finden Sie im Magazin ernährung heute 1/ 2016, zu bestellen unter www.forum-ernaehrung.at/shop.
(Bilder: Pixabay.com)