Eine zentrale und langjährige Forderung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft [ÖDG] wurde nun endlich erfüllt: Die Bestimmung des Langzeit-Zuckerwertes HbA1c wird im Rahmen der Diabetes-Vorsorge von der Österreichischen Gesundheitskasse [ÖGK] österreichweit im gesamten niedergelassenen Bereich unabhängig von der Vorsorgeuntersuchung erstattet. Das ermöglicht, Diabetes frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können.
Gleichzeitig können Patient•innen mit Prädiabetes, der Vorstufe des Typ 2 Diabetes, identifiziert, durch gezielte Lebensstilmaßnahmen das Diabetesrisiko der Betroffenen gesenkt und die weiteren Risikofaktoren für Gefäßereignisse aggressiver therapiert werden. Langfristig trägt eine frühzeitige Behandlung zur Vermeidung von Folgeerkrankungen bei und sichert die Lebensqualität von hunderttausenden Menschen in Österreich.
Effizientes Screening im Rahmen der Diabetes-Vorsorge
„Für alle Menschen mit einem Diabetes-Risiko und für uns Diabetolog•innen ist die Erstattung der Blutuntersuchung eine äußerst erfreuliche Nachricht„, betont Univ. Prof.in Dr.in Susanne Kaser, Stv. Direktorin der Universitätsklinik für Innere Medizin I der Medizinischen Universität Innsbruck und Präsidentin der ÖDG, und führt aus: „Durch die Kostenübernahme des HbA1c Wertes ist es nun möglich, bei allen Menschen mit erhöhtem Diabetesrisiko ein effizientes Screening durchzuführen. Eine frühe Diagnose ist deswegen so wichtig, weil Typ 2 Diabetes über lange Zeit keine Symptome macht, dennoch aber zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen, Erblindung oder Nervenschädigungen führen kann.“
„Die Behandlung der Volkskrankheit Diabetes ist ein wesentliches Thema und es ist für die Österreichische Gesundheitskasse ein großes Anliegen, das Bewusstsein für Diabetes in der Bevölkerung zu stärken. Durch eine kontinuierliche Umsetzung der 2018 begonnen Leistungsharmonisierung ist es gelungen, flächendeckend in allen neun Bundesländern eine gleichwertige Versorgung von Diabetes voran zu treiben“, sagt Mag. Martin Schaffenrath, Verwaltungsrat der ÖGK.
Dr. Andreas Krauter, Chefarzt der ÖGK, fügt hinzu, dass es gerade in der Zeit der Covid-Pandemie wichtig ist, auf einen gesunden Stoffwechsel zu achten. „Wenn Diabetes Mellitus oder Prädiabetes – eine Vorstufe des Typ 2 Diabetes – nicht erkannt oder schlecht eingestellt sind, bestehe ein hohes Risiko für die Betroffenen, im Fall einer Covid-Infektion einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden. Daher ist ein rechtzeitiges Erkennen von Diabetes entscheidend.“
Was sagt der HbA1c-Wert aus?
„Der HbA1c-Wert gibt Auskunft über den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der davorliegenden sechs bis acht Wochen. Somit stellt dieser nicht nur eine Momentaufnahme wie die Blutzuckerbestimmung dar, sondern zeigt an, wenn über einen längeren Zeitraum erhöhte Blutzuckerwerte vorliegen – was entscheidend für die Früherkennung des Diabetes aber auch des Prädiabetes ist. Jetzt ist es wichtig, dass alle niedergelassenen Ärzt•innen dieses Screeningtool der Diabetes-Vorsorge nützen. Wir rechnen damit, dass wir so die Diabetes-Dunkelziffer deutlich reduzieren können. Derzeit gehen wir davon aus, dass jeder oder jede vierte Betroffene nichts von der Diabetes Erkrankung weiß“, erklärt Univ. Prof. Dr. Harald Sourij, Stv. Abteilungsleiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Medizinischen Universität Graz und Erster Sekretär der ÖDG.
Wann sollte der HbA1c-Wert bestimmt werden?
Ab dem 45. Lebensjahr empfiehlt die ÖDG bei allen Menschen ein Diabetes Screening, insbesondere bei Übergewichtigen und Adipösen.
Bereits vor dem 45. Lebensjahr sollte bei Vorliegen folgender Risikokonstellation eine Screeninguntersuchung mittels HbA1c erfolgen:
- wenn erstgradig Verwandte [Eltern, Geschwister] an Diabetes erkrankt sind
- bei Übergewicht
- bei Vorliegen eines metabolischen Syndroms
- bei Bluthochdruck
- bei Fettstoffwechselstörungen, vor allem bei einem niedrigem HDL-Wert
- wenn eine Fettlebererkrankung diagnostiziert wurde
- wenn Frauen bereits einen Schwangerschaftsdiabetes hatten
- bei Vorliegen eines polyzystischen Ovarialsyndroms
Warum ist Prädiabetes gefährlich?
„Prädiabetes ist die Vorstufe des Typ 2 Diabetes und betrifft rund 350.000 Menschen in Österreich. Prädiabetes macht keine Beschwerden, kann aber schon bleibende Schäden anrichten„, warnt Sourij.
Eine frühe Diagnose ist wichtig, um die Entstehung eines Typ 2 Diabetes zu verhindern oder hinauszuzögern. Das Risiko innerhalb der nächsten Jahre an einem Typ 2 Diabetes zu erkranken ist sehr hoch. Pro Jahr entwickeln nämlich bis zu zehn Prozent der Personen mit Prädiabetes einen Diabetes mellitus Typ 2. Außerdem liegen häufig auch noch andere Erkrankungen vor, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Dazu zählen erhöhter Blutdruck, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen. Insgesamt ist das Risiko für Gefäß-, Nerven- und Augenerkrankungen bereits bei Prädiabetes im Vergleich zu Zuckerstoffwechselgesunden erhöht.
Was kann man gegen Prädiates tun?
Mit einigen klaren Lebensstilmaßnahmen – regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, Gewichtsreduktion und Rauchstopp – kann das Risiko eines manifesten Diabetes bei Prädiabetes gesenkt werden. Eine anschauliche Erklärung der notwendigen Lebensstilmaßnahmen bietet der neue Informationsbogen Prädiabetes der ÖDG. „Nur wer eine Gefahr kennt, kann bewusst und ernsthaft gegensteuern. Darum muss so früh wie möglich die Diagnose Prädiabetes gestellt werden. Dann können die Lebensstilmaßnahmen mit der nötigen Ernsthaftigkeit umgesetzt werden“, betont Kaser.
Über die Österreichische Diabetes Gesellschaft [ÖDG]
Die Österreichische Diabetes Gesellschaft [ÖDG] ist die ärztlich-wissenschaftliche Fachgesellschaft der österreichischen Diabetes-Experten•innen. Ordentliche Mitglieder der Gesellschaft sind Ärzt•innen und wissenschaftlich einschlägig orientierte Akademiker•innen. Assoziierte Mitglieder sind Diabetesberater•innen und Diätolog•innen.
Die Österreichische Diabetes Gesellschaft sieht es als ihre Aufgabe, die Gesundheit und Lebensqualität von Menschen mit Diabetes mellitus zu verbessern. Sie setzt sich daher für die Anliegen der Betroffenen ein. Sie fordert und fördert die stetige Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus. Sie unterstützt die Forschung und verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse aller den Diabetes berührenden Fachgebiete sowohl zur Verbesserung der medizinischen Betreuung als auch zur bestmöglichen Vorbeugung von Neuerkrankungen.
(Bilder: AdobeStock, ÖGK, Wild und Team-Salzburg)