Wenn eine Person stirbt, ist dies für die Hinterbliebenen nicht nur mit Trauer und emotionaler Belastung, sondern auch mit Amtswegen und Verpflichtungen verbunden. In den letzten Jahren ist zu diesen Aufgaben noch ein Themenkomplex hinzugekommen: der digitale Nachlass.
Die aktuelle ISPA-Broschüre [ISPA – Internet Service Providers Austria] „Digitaler Nachlass“ gibt dafür hilfreiche Tipps und unterstützt Hinterbliebene im Umgang mit dem digitalen Erbe.
Was am Ende bleibt, sind die digitalen Spuren im Netz
Das Leben ist vergänglich, niemand lebt »ewig«. Lediglich im Internet sind wir »fast« unsterblich. Denn was am Ende bleibt, sind unsere zahlreichen digitalen Spuren im Netz. Dazu zählen Profile in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter, aber auch Partnervermittlungsbörsen, E-Mail-Konten, Mitgliedschaften bei kostenpflichtigen Multimediadiensten wie Netflix oder auch Online-Banking oder Konten bei Online-Bezahldiensten. Natürlich gehören aber auch Blogs, Domainnamen und Websites dazu genauso wie Daten oder Backups in der Cloud.
Aber was passiert eigentlich mit diesem »digitalen Nachlass« im Todesfall? Wer selbstbestimmt darüber entscheiden möchte, sollte jedenfalls schon zu Lebzeiten dafür vorsorgen.
Zu Lebzeiten für den »digitalen Nachlass« vorsorgen
„Wie heißt es so treffend: Vorsicht ist besser als Nachsicht – das gilt natürlich auch für den digitalen Nachlass“, betont ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger. „Wer im Internet aktiv ist, verfügt in der Regel über eine Vielzahl an unterschiedlichen Accounts. Es ist wichtig, dass man sich früh damit auseinandersetzt, was mit den digitalen Spuren nach dem Tod passieren soll.“
Oft wüssten die Angehörigen nicht bzw. nicht über alle Online-Aktivitäten der Verstorbenen Bescheid, geschweige denn über Nutzernamen oder Passwörter. Die Suche nach den Zugangsdaten kann für die Hinterbliebenen eine [zusätzliche] emotionale Belastung sein – aber nicht nur, wie Ebenberger weiß: „Bezahlte Abos und Online-Dienste der Verstorbenen können beispielsweise sehr schnell zur Kostenfalle werden.“ Wichtig sei daher, dass Hinterbliebene diese Dienste rasch und einfach kündigten.
Stefan Ebenberger: „Dokumentation ist der erste und wichtigste Schritt zur digitalen Vorsorge.“
Wer den digitalen Fußabdruck über den eigenen Tod hinaus selbst bestimmen möchte, sollte eine Liste mit allen Diensten, bei denen er oder sie im Internet angemeldet ist, erstellen und vor allem auch laufend aktualisieren. Das Erstellen dieser Liste kann dann auch gleich als Gelegenheit genutzt werden, Profile zu löschen, die man schon länger nicht mehr verwendet – ein digitales Ausmisten sozusagen. „Dokumentation ist jedenfalls der wichtigste Schritt zur digitalen Vorsorge. So behält man zum einen selbst einen guten Überblick über die eigenen Online-Aktivitäten. Und zum anderen erspart man den Hinterbliebenen im Ernstfall viel Stress und Unklarheit“, so Ebenberger.
Weiters ernennt man am besten vorab Vertrauenspersonen und legt fest, was mit den bestehenden Accounts und Daten nach dem Ableben passieren soll: erhalten, löschen, archivieren oder an [zu bestimmende] Hinterbliebene oder dritte Personen übertragen. „Je konkreter der digitale Nachlass geregelt ist, desto selbstbestimmter ist das Bild, das nach einem Tod im digitalen Raum bleibt.“
Unterschiedliche Rechtslage – ISPA-Broschüre klärt auf
Erschwerend kommt hinzu: Die Rechtslage zu Online-Hinterlassenschaften wirft noch viele Fragen auf. Die gesetzlichen Regelungen des Erbrechts sind nämlich in vielen Ländern unterschiedlich geregelt und damit auch die Rechte und Pflichten der Erbinnen und Erben. Zudem müssen sich Plattformbetreiber vor etwaigen Betrugsversuchen und geschmacklosen Scherzen schützen. Damit gestalten sich die Verfahren und Regelungen rund um den digitalen Nachlass auf den ersten Blick als schwierig. Ebenberger dazu: „Transparente Verfahren sind für Plattformenbetreiber entscheidend, um jeglichen Datenmissbrauch von vornherein zu vermeiden und auszuschließen.“
Ausführliche Informationen zur Vorsorge und was Hinterbliebene tun können, wenn Verstorbene keine Vorkehrungen getroffen haben, gibt die aktuelle ISPA-Broschüre „Digitaler Nachlass“. Sie wurde im Rahmen des EU-geförderten Projekts Saferinternet.at entwickelt und liegt in der mittlerweile achten Auflage vor.
Service | Hintergrundinformation
Die aktuelle Version der Broschüre „Digitaler Nachlass“ inkl. einer umfangreichen Checkliste können sie kostenlos HIER als Pdf-Datei downloaden.
Der Verein ISPA – Internet Service Providers Austria wurde 1997 gegründet und vertritt als freiwillige Interessensvertretung mehr als 200 Mitglieder aus allen Bereichen rund um das Internet. Seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung kommt der Verein beispielsweise mit der von ihm gegründeten Stopline [Meldestelle gegen sexuelle Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger und nationalsozialistische Wiederbetätigung im Internet] oder durch gratis Informationsmaterial zur Förderung der Online-Medienkompetenz nach.
(Bilder: AdobeStock)