Unsere Online-Aktivitäten werden ständig umfangreicher, Stichwort Social Media, Messenger-Dienste oder Datenspeicherung in der Cloud. Immer mehr Daten davon bleiben auch nach unserem Tod im Internet bestehen. Denn für den eigenen digitalen Nachlass haben viele Internetnutzerinnen und -nutzer noch keine Vorsorge getroffen. In der neu überarbeiteten ISPA-Broschüre „Digitaler Nachlass“ gibt es neben einem rechtlichen Überblick auch praktische Tipps für die Vorsorge und Hilfestellung für das digitale Erben.
Digitaler Nachlass – eine gute Dokumentation hilft im Todesfall bei der Verwaltung des digitalen Erbes
„Nur wer bereits zu Lebzeiten genau festlegt, was mit Daten nach dem Tod passiert, kann ein selbstbestimmtes Bild im Internet über seine eigenen Tod hinaus hinterlassen – die Regelung des digitalen Nachlasses ist dafür unerlässlich“, gibt ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger zu bedenken. Er empfiehlt, sich rechtzeitig – auch ohne konkreten Anlassfall – mit dem digitalen Nachlass zu beschäftigen. „Eine gute Dokumentation mit einer Liste der verwendeten Online-Dienste gibt einen Überblick über meine Onlineaktivitäten und hilft im Todesfall meinen Hinterbliebenen bei der Verwaltung des digitalen Erbes“, ergänzt Ebenberger.
Ohne Vorsorge und Dokumentation stehen Hinterbliebene vor großen Herausforderungen
Im neuen Jahrtausend, besonders im Zuge von neuen Kommunikationsmitteln wie dem Internet, verändert sich, wie wir mit dem Tod umgehen. Mittlerweile tragen sich Userinnen und User
in digitalen Kondolenzbüchern ein, zünden online eine Kerze an oder posten Erinnerungen und Trauerbekundungen an die Pinnwand der Verstorbenen bzw. deren Angehörigen. Trauer passiert immer mehr auch online, gleichzeitig können digitale Identitäten ihre Eigentümerinnen und Eigentümer überleben.
Ohne entsprechende Dokumentation der verwendeten Online-Dienste müssen die Hinterbliebenen zuerst wahrlich penible Detektiv-Arbeit leisten, damit sie sich um die Angelegenheiten kümmern können. „Eine ordentliche Dokumentation und Liste erspart den Hinterbliebenen im Ernstfall Stress und Unklarheiten, aber auch unnötige Ausgaben“, so Ebenberger. Die Liste mit Online-Diensten, Zugangsdaten und Wunsch, was damit nach dem Tod geschehen soll, sollte regelmäßig aktualisiert werden und auf sicherem Weg einer oder mehreren Vertrauenspersonen zugänglich gemacht werden.
Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten, wie mit dem digitalen Nachlass umgegangen werden kann:
- Erhaltung der Daten
- Löschung sämtlicher Inhalte
- Archivierung, sprich Speicherung zum Beispiel auf einer externen Festplatte
- Übertragung der Daten an Angehörige/ Erb•innen/ dritte Personen
Erbrechtlichen Sonderregelungen für den digitalen Nachass gibt es jedenfalls nicht. Je konkreter daher zu Lebzeiten festgelegt wird, was mit dem digitalen Nachlass geschehen soll, desto selbstbestimmter ist das im digitalen Raum verbleibende Bild einer Person nach ihrem Ableben. Und desto weniger Herausforderungen ergeben sich dadurch für die Hinterbliebenen.
Keine Heizung und kein Strom im Smart-Home
Wenn keine Vorsorge getroffen wurde, kann es in manchen Fällen sogar zu direkt spürbaren Auswirkungen für die Hinterbliebenen kommen. Bei Smart-Home-Anwendungen kann zum Beispiel die Heizungs- und Stromversorgung betroffen sein. „Damit Angehörige nicht auch noch im Dunkeln sitzen, sollten bei der Einrichtung des Systems Zugangsdaten dokumentiert und eventuell eine kurze Anleitung inklusive Schaltpläne erstellt werden“, rät Ebenberger.
Konkret hat der Experte vier Tipps zur digitalen Vorsorge:
- Bestimmen sie eine oder mehrere Vertrauenspersonen, denen sie ihre persönlichen Zugangsdaten überlassen würden.
- Überlegen sie sich, was mit ihren Accounts und Daten passieren soll. Eine schriftliche Übersicht hilft später den Hinterbliebenen sehr, ihrem letzten [digitalen] Willen nachzukommen.
- Verwahren sie die Passwörter und Zugangsdaten zu ihren Online-Accounts sicher, zum Beispiel mit Hilfe eines Passwortmanagers oder mittels verschlüsseltem USB-Stick.
- Verfassen sie auch Kurzanleitungen für Anwendungen, die weiterverwendet werden, wie zum Beispiel etwaige Smart-Home-Anwendungen.
Was tun, wenn keine Vorsorge getroffen wurde?
Nach dem Ableben einer•s Angehörigen stehen die Hinterbliebenen oft vor vielen Herausforderungen: Sie müssen berufliche und private Kontakte informieren, offene Angelegenheiten klären, Verträge kündigen oder brauchen ganz einfach Zugang zu wichtigen Unterlagen und Kontakten. Gibt es keine Regelung, ist Detektivarbeit erforderlich.
Es kann hilfreich sein mittels Internetsuchmaschinen nach dem Namen oder bekannten eMail-Adressen der verstorbenen Person zu suchen. Sind Spitznamen, beliebte Pseudonyme oder Namenskürzel bekannt, empfiehlt es sich, ebenfalls nach diesen Schlagwörtern zu suchen.
Viele Onlinedienste wie Facebook oder Google haben für den Fall des Ablebens einer•s Nutzer•in standardisierte Vorgehensweisen eingeführt und bemühen sich, den schwierigen Prozess der Nachlassverwaltung für Hinterbliebene bei allen Sicherheitsvorkehrungen dennoch so unbürokratisch wie möglich zu gestalten. Links zu entsprechenden Antragsformularen finden sich oft in den häufig gestellten Fragen [FAQ].
ISPA-Broschüre informiert
Weitere Informationen zur Vorsorge und Hilfestellung für Hinterbliebene bietet die neu überarbeitete Broschüre „Digitaler Nachlass“, die im Rahmen des EU-geförderten Projekts Saferinternet.at herausgegeben wurde. Sie kann auf der ISPA Webseite kostenlos heruntergeladen und/ oder als Print-Broschüre bestellt werden.
(Bilder: AdobeStock, ISPA – Internet Service Providers Austria/ APA-Fotoservice/ Peter Hautzinger, AdobeStock)