Herzklopfen, Müdigkeit, Schwindel, rascher Pulsanstieg bei Belastung, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen – alles Symptome, die oftmals ernsthafte Erkrankungen vermuten lassen. Doch in vielen Fällen ist Eisenmangel der tatsächliche Auslöser dieser Symptome, und dieser gilt immerhin als eine der fünf Hauptursachen für eine gesundheitliche Beeinträchtigung.
Anders formuliert: Unser Körper braucht Eisen, und zwar für eine Reihe von Stoffwechselvorgängen, wie beispielsweise die Sauerstoffversorgung der Zellen. Lesen sie hier, welche Ursachen Eisenmangel haben kann, wie man zu einer Diagnose kommt und welche Möglichkeiten der Behandlung es gibt.
Jede bzw. jeder 10. ist von Eisenmangel betroffen
Zu Eisenmangel kommt es häufig nach starkem Blutverlust [zum Beispiel nach Operationen, Blutspenden, Menstruation]. Aber auch falsche Ernährung oder Krankheiten können Ursachen für Eisenmangel sein. Eisen kann der Körper selbst nicht bilden, er ist daher auf die Zufuhr durch die Nahrung angewiesen. Aus einem Eisenmangel kann sich eine sogenannte Eisenmangelanämie entwickeln. Damit wird eine Erkrankung bezeichnet, die aufgrund eines andauernden Eisenmangels keine ausreichende Blutbildung ermöglicht.
Von Eisenmangelanämie sind in Mitteleuropa vor allem Frauen im gebärfähigen Alter betroffen. Fast 90 Prozent der erwachsenen Frauen nehmen täglich zu wenig Eisen zu sich. Etwa jede 5. erwachsene Frau hat eine problematische Eisenversorgung. Im Durchschnitt betrifft die Mangelerkrankung ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung. Bei Männern tritt ein Mangel eher im Alter auf, da die Fähigkeit des Darms, Vitalstoffe aus der Nahrung aufzunehmen, kontinuierlich mit dem Alter abnimmt. Es können aber auch junge Männer [vor allem Sportler] betroffen sein. Weltweit haben etwa 600 Millionen Menschen eine Eisenmangelanämie.
Missverhältnis aus Eisenbedarf und tatsächlich zugeführtem Eisen über die Nahrung
Das im Körper vorliegende Eisen bildet unter anderem den roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Ist der Körper mit Eisen unterversorgt, sinkt die Hämoglobinkonzentration im Blut. Das Protein Hämoglobin ist für den Körper lebenswichtig, denn es transportiert den Sauerstoff aus den Lungen zu jeder einzelnen Körperzelle. Bekommt der Körper also zu wenig Eisen zugeführt, kann kein Hämoglobin gebildet werden, die Sauerstoffversorgung ist nicht ausreichend und es kommt zu den »klassischen« Symptomen, wie Müdigkeit, Kopfschmerzen etc. Eisenmangel bezeichnet daher ein Missverhältnis aus Eisenbedarf und tatsächlich zugeführtem Eisen über die Nahrung.
Die Aufnahme von Eisen erfolgt grundsätzlich im oberen Teil des Dünndarms. Dabei können jedoch maximal 20 Prozent des zugeführten Eisens auch tatsächlich aufgenommen werden. Im Dünndarm wird es mithilfe des Transporteiweiß-Stoffes „Transferrin“ ins Knochenmark geleitet. Dort werden rote Blutkörperchen gebildet, akut nicht verwertbares Eisen kann mithilfe des Eisenspeicherproteins Ferritin gespeichert werden oder wird von Fresszellen aufgenommen und ausgeschieden.
Von einer Eisenmangelanämie spricht man bei
– Frauen, wenn die Hämoglobinkonzentration unter 12 g/ dl liegt und bei
– Männern, wenn die Hämoglobinkonzentration unter 13 g/ dl im Blut sinkt.
Ursachen von Eisenmangel
- Blutverlust
chronischer Blutverlust aufgrund bestimmter Magen-Darm-Erkrankungen, Polypen, Karzinomen, Darmgeschwüren, starkem Blutverlust während der Menstruation, aufgrund von Operationen oder nach häufigem Blutspenden; - Eisenarme Ernährung
Ein Mangel ergibt sich aus einem Missverhältnis zwischen tatsächlicher Aufnahme und Eisenbedarf. Mit ausgewogener Ernährung kann der tägliche Eisenbedarf gedeckt werden. Die besten Eisenquellen sind rotes Fleisch und Fisch. Auch Spinat enthält relativ viel Eisen. Aus Gemüse kann der Körper das Spurenelement jedoch nicht so effektiv aufnehmen wie aus Fleisch. Vor allem Menschen in besonderen Stoffwechselsituationen [Schwangere, Stillende, Kinder, ältere Menschen] benötigen mehr Eisen als die übliche Tagesdosis. - verminderte Aufnahme
Eine verminderte Eisenaufnahme im Dünndarm kann verschiedene Gründe haben:
– Fehlernährung bei einer strengen Diät oder vegetarischen/ veganen Kost
– zu wenig Magensäure
– Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür
– Erkrankungen der Darmschleimhaut wie beispielsweise Zöliakie oder chronischer Durchfall
– Medikamente
– Vererbung [eher selten] - Erhöhter Eisenbedarf
Mehr Eisen braucht man beispielsweise während des Wachstums. Daher kommt ein Eisenmangel bei Kindern nicht selten vor. Auch während der Schwangerschaft und Stillzeit oder wenn man viel Sport treibt, sollte man mehr Eisen zu sich nehmen. Nach einer langen Krankheit sind die Nährstoffe des Körpers aufgebraucht. Auch in solchen Fällen sollte auf eine ausreichende Eisenzufuhr geachtet werden, um einer Eisenmangelanämie vorzubeugen.
Verlauf und Symptome
Ein Eisenmangel kann sich schleichend bemerkbar machen. Symptome wie Kopfschmerzen und Energielosigkeit können mitunter über Jahre auftreten, ohne dass die Betroffenen an einen Eisenmangel denken. Doch durch den oft jahrelang unbemerkten Eisenmangel kommt es zu Blutarmut und zu einem Mangel an roten Blutkörperchen. Verstärkt sich der Eisenmangel, folgen schwerere Symptome. Es werden drei Stadien des Eisenmangels unterschieden:
Stadium I
Zunächst sinkt der Gehalt an Speichereisen, es werden aber noch genügend rote Blutkörperchen gebildet. Der Eisenmangel ist in diesem Stadium meist symptomlos.
Stadium II
Im zweiten Stadium wird der Eisenmangel zur Erkrankung, da die Zellen nicht mehr ausreichend mit Eisen versorgt werden können. Das Spurenelement kann nicht mehr oder nicht schnell genug aus den Speichern der Leber und der Milz mobilisiert werden. Immer mehr Eisen wird aus seinem Transporter, dem Transferrin, gelöst und für die Bildung roter Blutkörperchen eingesetzt. Die Transferrin-Sättigung sinkt.
Erste Symptome können sein: Brennen auf der Zunge, Schmerzen beim Schlucken, brüchige Haare und Haarausfall, Juckreiz, rissige Mundwinkel, trockene Haut.
Stadium III
Im dritten Stadium ist die mangelhafte Eisenversorgung der Körperzellen bereits so stark, dass viele Körperfunktionen nicht mehr ausreichend funktionieren. Es entsteht ein gefährlicher Eisenmangel. Symptome sind Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, chronische Müdigkeit, Haarausfall, brüchige Nägel und Blässe. Später tritt sogar Atemnot auf.
Diagnose von Eisenmangel
Eine Eisenmangelanämie lässt sich durch eine Laboruntersuchung des Blutes feststellen. Zur umfassenden Diagnose wird nicht nur der Eisenanteil herangezogen, sondern nachstehende wichtige Parameter:
- Ferritin [Eisenspeicherprotein]
muss mind. 30 μg/ l betragen. Ferritin ist ein wichtiger Marker, der einen Eisenmangel bereits in einem leichten Stadium zeigt. Der Wert kann jedoch „verfälscht“ werden, wenn zum Beispiel eine Entzündung oder eine Lebererkrankung vorliegt - Transferrinsättigung [Transferrin = Eisentransportprotein]
Der Anteil der mit Eisen gesättigten Transferrinmoleküle im Plasma beträgt üblicherweise 16-45 Prozent. Liegt dieser Wert unter 15 Prozent bildet der Körper aufgrund von Eisenmangel zu wenig rote Blutkörperchen. Für manche Patientengruppen wie zum Beispiel Herzpatienten liegt der untere Sättigungswert bei 20 Prozent. Liegen Entzündungen vor, kann dieser Wert stark absinken und lässt nicht definitiv auf einen Eisenmangel schließen. - Hämoglobinkonzentration im Blut
bei Frauen mind. 12 mg/ dl, bei Männern mind. 13 mg/ dl.
Ziel der Diagnose ist es, die Ursache des Eisenmangels zu finden. Schließlich stellen Eisenmangel bzw. Eisenmangelspeicher immer ein Symptom dar. Im Zuge der Behandlung muss daher immer eine diagnostische Abklärung erfolgen. Dazu führt die Ärztin bzw. der Arzt ein ausführliches Gespräch mit der Patientin bzw. dem Patienten [Anamnese], beispielsweise ob eine Operation stattgefunden hat, ob man vor kurzem Blut gespendet hat, ob möglicherweise falsche Ernährung die Ursache des Eisenmangels ist, ob Infektionen vorliegen oder starke Menstruationsblutungen auftreten.
Es muss außerdem sichergestellt sein, dass kein chronischer Blutverlust vorliegt [zum Beispiel durch Blut im Stuhl, Hämorrhoiden, Darmerkrankungen]. Besteht Verdacht, dass die Ursache des Eisenmangels ein schleichender Blutverlust aufgrund einer Magen- oder Darmerkrankung ist, sollte eine Gastroskopie [Magenuntersuchung] oder eine Koloskopie [Darmuntersuchung] durchgeführt werden.
Therapie bei Eisenmangel
Bleibt Eisenmangel unbehandelt, kann sich daraus eine Eisenmangelanämie entwickeln. Um diese zu behandeln, gibt es drei Therapieoptionen:
Bewusste Ernährung
Um die Eisenspeicher zu füllen, ist auf eine ausreichende Versorgung mit Eisen zu achten. Um nach Erkrankungen, Operationen oder starkem Blutverlust die Eisenreserven wieder zu füllen, bedarf es einer langfristigen, bewussten und ausgewogenen Ernährung, die gegebenenfalls mit der Gabe von Eisentabletten unterstützt werden kann. Gute Eisenlieferanten sind Fleisch, Fisch, Vollkornprodukte, Eier und Gemüse [Spinat]. Auch grüne frische Gewürze [Thymian, Petersilie, Majoran] enthalten reichlich Eisen. Verzichten sie auf Kaffee, Tee oder Rotwein zum Essen, die darin enthaltenen Tannine hemmen die Eisenaufnahme.
Liegt ein ausgeprägter Eisenmangel vor, lässt sich dieser allein mit eisenhältigen Lebensmitteln allerdings nicht beheben.
Gabe von Eisenpräparaten
Es steht eine Reihe von unterschiedlichen Präparaten zur Auswahl, die je nach dem Schweregrad des Eisenmangels dosiert werden. Die Einnahme kann problematisch sein, da sie bei manchen Betroffenen zu Nebenwirkungen führt. So etwa können Übelkeit, Verstopfung, Durchfall oder Bauchschmerzen auftreten. Zu beachten ist jedenfalls, dass Eisenpräparate auf nüchternen Magen eingenommen werden sollten. In Kombination mit einer Mahlzeit kann die Resorption geringer ausfallen. Auch bei Entzündungen sollten keine oralen Eisenpräparate verabreicht werden, da die Aufnahme in diesem Fall erschwert ist.
Eiseninfusionen
Mit der Eiseninfusion ist eine Möglichkeit gegeben, die Eisenreserven rasch wieder herzustellen. Dadurch schließt man auch mögliche Nebenwirkungen aus, die bei einer oralen Gabe auftreten können. Diese Form der Eisensubstitution ist vor allem für Betroffene geeignet, die orale Eisenpräparate nicht vertragen, oder für die eine Versorgung durch orale Präparate nicht ausreicht. Mit neuen Infusionen können etwa 1.000 mg Eisen pro Infusion verabreicht werden. Diese Behandlung ist vor allem für Menschen, die bereits an einer Eisenmangelanämie erkrankt sind, eine gute Wahl.
Ein Forschungsteam der MedUni Wien entdeckte vor kurzem, dass eine Fehl- oder Überfunktion bestimmter Immunzellen im Darm bei der Eisenaufnahme im Körper eine wichtige Rolle spielt. Die Studienergebnisse können einen neuen Ansatz für mögliche therapeutische Maßnahmen liefern und wurden im Fachjournal „Blood“ publiziert.
Für das eigene Wohlbefinden und die allgemeine Gesundheit wird jedenfalls empfohlen, den eigenen Eisenstatus regelmäßig zu überprüfen.
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