Ergotherapie leitet sich vom Griechischen „ergein“ [handeln, tätig sein] ab. Diese Therapieform geht davon aus, dass Aktiv- und Tätig Sein ein menschliches Grundbedürfnis ist. In diesem Sinn haben gezielt eingesetzte Tätigkeiten und Aktivitäten eine gesundheitsfördernde, heilende und therapeutische Wirkung. Oberstes Ziel jeder Ergotheapie: die Handlungsfähigkeit im Alltag entweder so weit wie möglich wieder herzustellen oder so gut es geht zu erhalten.
Am 27. Oktober wird weltweit der Welttag der Ergotherapie gefeiert und damit eine Profession in den Mittelpunkt gestellt, die mit Menschen jeden Alters daran arbeitet, ihr Leben [wieder] selbst in die Hand zu nehmen. Als Expertinnen/ Experten für Betätigung unterstützten Ergotherapeutinnen und -therapeute auf dem Weg zu einem möglichst langen selbstbestimmten Leben. Denn Ergotherapie hilft, Menschen bei der Durchführung von für sie bedeutungsvollen Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit/ Erholung zu stärken.
Das erlaubt den Klienten, ihre Handlungsfähigkeit im Alltag, ihre gesellschaftliche Teilhabe und ihre Lebensqualität und somit –zufriedenheit zu verbessern.
Aktivitäten des täglichen Lebens als Grundlage
Bedeutungsvolle Betätigung, Aktivität und gesellschaftliche Partizipation haben einen wichtigen Einfluss und positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Daher steht genau dieses „Tätig Sein“ im Zentrum jeder professionellen Ergotherapie.
Mit ihren Patienten/ innen arbeiten Ergotherapeuten/ innen an gemeinsam definierten betätigungsorientierten Zielsetzungen. Diese können genauso vielfältig wie das Klientel der Ergotherapie sein: sich selbst anziehen, den eigenen Tag planen, den Beruf trotz Einschränkungen wieder ausüben oder gemeinsam mit anderen Kindern spielen können – um nur einige wenige zu nennen.
Aus Sicht der Ergotherapie geht es also nicht nur darum, in gesundheitlichen Belangen versorgt zu sein. Es geht auch darum, Aktivitäten des täglichen Lebens zu ermöglichen und damit zur Gesundheit und in weiterer Folge zu mehr Lebensqualität beizutragen.
Umfangreiches Betätigungsfeld
Ergotherapeuten/ innen beraten, behandeln und fördern Patienten/ innen jeden Alters, die durch eine physische oder psychische Erkrankung, durch eine Behinderung oder durch eine Entwicklungsstörung in ihrer Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. von Einschränkungen bedroht sind. Sie gehen auf die jeweilige Situation der betroffenen Person ein, erarbeiten individuelle Behandlungspläne und führen Therapien sowie Maßnahmen der Prävention durch.
Ergotherapeuten/ innen arbeiten in der Kuration und Rehabilitation in allen medizinischen Fachbereichen. Zu den wichtigsten gehören:
- Verletzungen und Erkrankungen der Hand
Verbesserung und/ oder Wiederherstellung der Motorik und Beweglichkeit - Geriatrie
Krankheiten des alternden Menschen; gefördert bzw. stabilisiert werde vorhandene und verloren gegangene geistige, soziale und körperliche Fähigkeiten - Orthopädie
Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates; verbessert wird die Beweglichkeit, Kraft- und Belastungsaufbau, um eine größtmögliche Selbständigkeit im Alltag zu erlangen und das gesamte Bewegungsausmaßes aller Gelenke zu erweitern - Pädiatrie
Kinderheilkunde; verbessert werden unter anderem: Bewegungsabläufe, Koordination, Sinneswahrnehmung, Wahrnehmungsverarbeitung, Konzentration, Ausdauer, Motivation, Neugierde, Selbständigkeit im Alltag - Psychiatrie
Prävention, Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen; gefördert werden psychische Funktionen wie Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer, Flexibilität und Selbstständigkeit in der Tagesstrukturierung - Rheumatologie
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises; verbessert werden die Beweglichkeit bzw. werden auch schmerzarme und kompensatorische Bewegungsabläufe eingeübt - Neurologie
Erkrankungen des Nervensystems beispielsweise nach einem Schlaganfall oder bei einer Parkinson Erkrankung - Gesundheitsförderung und Prävention
Maßnahmen, die das Auftreten von Krankheit oder Einschränkungen im Alltag verhindern und zur Stärkung der Gesundheit beitragen; beispielsweise bei einer schlechten Körperhaltung, um gelenkschonend zu handeln, bei Gangunsicherheit zur Sturzvermeidung, etc.
Bedeutungsvolles Tun als Schlüssel zum Erfolg
Besonderes Augenmerkt legt die Ergotherapie auf jene Betätigungen, die für den/ die jeweiligen Patienten/ in von besonderer Bedeutung sind. Präsidentin Marion Hackl erklärt diese individuelle Betrachtung anhand eines Beispiels aus ihrem therapeutischen Alltag: „Nehmen wir an, dass das Anziehen in der Früh so viel Kraft kostet, dass jene Betätigungen, die für die Patientin viel wichtiger und sinnstiftender sind, nicht mehr möglich sind. Dann werden wir uns in der Ergotherapie überlegen, wie wir Notwendiges gestalten bzw. organisiert können, sodass noch ausreichend Energie für andere für die Patientin wichtige Betätigungen vorhanden ist.“
Bereits an diesem kleinen Beispiel ist die ganzheitliche Betrachtung der Ergotherapie zu erkennen. Sie zieht stets die Person mit ihren Möglichkeiten und Ressourcen – aber auch das Umfeld und die Umwelt – ins Kalkül, bevor mit konkreten Maßnahmen begonnen wird.
Ergotherapie – gemeinsam mehr erreichen
Gemeinsam möchten die Ergotherapie-Verbände der drei Länder Deutschland, Österreich und Schweiz aufzeigen, wie vielfältig und bereichernd die Ergotherapie im deutschsprachigen Raum ist.
Jeder und jede ist aufgerufen, ihre Eindrücke zum Motto „Damit das Leben in Ihren Händen bleibt“ in Bildern festzuhalten und unter den Hastags #handson #welttagergotherapie #herausforderungangenommen zu posten.
In diesem Sinn: machen sie mit und zeigen auch sie, was Ergotherapie für sie bedeutet. 🙂
(Bilder: Schultz & Schultz/ Ergotherapie Austria)