Am 1. Mai ist der Tag der Arbeit – für hunderttausende Menschen in Österreich ist dieser Tag allerdings heuer kein Feiertag, haben sie doch im Zuge der Corona-Krise ihren Job verloren oder sind aktuell in Kurzarbeit oder verdienen als „Systemerhalter“ zum Beispiel im Sozialbereich zu wenig. Für die Volkshilfe ist es eine Frage der Gerechtigkeit, niemand aus dem Erwerbsleben auszuschließen, denn damit geht auch ein gesellschaftlicher Ausschluss einher. Daher engagiert sich die Volkshilfe in zahlreichen arbeitsmarktpolitischen Projekten und sozialökonomischen Betrieben für die betroffenen Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen am regulären Arbeitsmarkt wenig Chancen haben.
In Zusammenarbeit mit SORA wurden die Menschen in Österreich über ihre Einstellungen zu einigen aktuellen Themen rund um den Arbeitsmarkt befragt*. „Manche strukturellen Probleme wurden in der Corona-Krise sichtbarer, wie durch eine Lupe vergrößert
„, so der Direktor der Volkshilfe Österreich Erich Fenninger bei der Präsentation der Umfrageergebnisse.
Große Mehrheit für bessere Entlohnung
Die Krise hat gezeigt, dass eine bessere Entlohnung von systemrelevanten Gesundheits- und Sozialdienstleistungen dringend notwendig ist. Eine große Mehrheit von 87 Prozent der Menschen in Österreich befürworten das. „Die unterfinanzierte Branche hat sich als systemerhaltend und menschenrettend erwiesen, das erkennen die Menschen
„, so Fenninger.
Zustimmung für 35-Stunden-Woche im Sozialbereich
Es stimmen 7 von 10 Befragten der Forderung nach einer generellen 35-Stunden-Woche zu. „Die Belastung für die Beschäftigten ist auch außerhalb von Krisenzeiten sehr hoch, daher braucht es die Entlastung, um mehr Menschen für den Sozialbereich zu gewinnen“, kommentiert Fenninger das Ergebnis.
Laut einer aktuellen Studie der Universität Wien, publiziert von Politologin Barbara Prainsack, berichten vor allem arbeitslose Menschen und Personen in der Mindestsicherung von einer Zunahme existenzieller Ängste. „Dies stellen wir auch bei Kindern fest. Die Sorgen und finanziellen Probleme der Eltern werden zu Ängsten der Kinder„, so Fenninger. Daher haben wir gefragt, wie die Menschen zu Bezugssperren des Arbeitslosengeldes stehen.
Keine Bezugssperren des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe
Die meisten Menschen in Österreich [59 Prozent] wollen keine Kürzungen oder Sperren bei den wichtigsten sozialen Absicherungssystemen, wie dem Arbeitslosengeld oder der Notstandshilfe.
Große Unterstützung für Mindestlohn von 1.750 Euro brutto für Vollzeit
Eine große Mehrheit von 87 Prozent der österreichischen Bevölkerung spricht sich für höhere Mindestlöhne aus. Derzeit liegen viele systemrelevante Branchen wie Handel oder Reinigung noch deutlich darunter. Eine Erhöhung der Mindestlöhne würde auch eine bessere Absicherung im Fall einer Arbeitslosigkeit bringen.
Ablehnung des 12-Stunden-Tags
Der gegen großen Widerstand eingeführte 12-Stunden-Tag stößt in der Bevölkerung auf wenig Zustimmung: Rund 6 von 10 Menschen sprechen sich dezidiert für seine Abschaffung aus. Die Regelung ist eindeutig nicht im Sinne der Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Männer sollten sich in gleichem Ausmaß an der Elternkarenz beteiligen wie Frauen.
Insgesamt sprechen sich rund zwei Drittel [67 Prozent] der Menschen in Österreich für eine gleiche Verteilung der Elternkarenz zwischen den Geschlechtern aus. Obwohl dies den Frauen ein leicht größeres Anliegen ist [70 Prozent], ist auch die Mehrheit der Männer dafür [63Prozent].
„Zusammenfassend sieht man deutlich, dass sich die Menschen eine bessere soziale Absicherung wünschen. Daher erneuere ich meine Forderung nach einer dringenden Anhebung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld auf mindestens 70 Prozent, auch über die Krise hinaus. Denn vor allem Niedrigverdiener können vom derzeitigen Arbeitslosengeld nicht leben. Und zur Koordinierung der Maßnahmen braucht es eine Taskforce soziale Absicherung. Denn Wirtschaftsrettungsschirme ersetzen keine Menschenrettungsringe
„, so Erich Fenninger abschließend.
Service | Hinweis
*Für den Volkshilfe Sozialbarometer führt SORA mehrmals jährlich eine
repräsentative Befragung zu aktuellen sozialpolitischen Themen durch. Die
vorliegende Studie zum Thema „Arbeitsmarkt“ beruht auf 1.013 face-to-face
Interviews sowie, aufgrund der Beschränkungen im Zuge der Corona-Krise,
Online-Interviews österreichweit mit Personen ab 15 Jahren [Feldzeit von 28.2. bis 25.4. 2019].
Die Daten wurden gewichtet nach Alter, Geschlecht, Region, Wohnortgröße, Bildung, Personen im Haushalt, Beruf und Berufstätigkeit. Somit entstehen aus diesen Daten repräsentative Aussagen über die österreichische Bevölkerung. Die maximale Schwankungsbreite für die dargestellten Ergebnisse liegt bei +/- 3,1 Prozent.
Eine Ausnahme bildet eine Frage zur Corona-Krise, die während der Feldzeit im April hinzugefügt wurde [mit * markiert]. Diese Frage wurde 626 Personen ausschließlich online gestellt. Aufgrund der Verteilung kann diese Frage nur bedingt als repräsentativ gelten. Sie bietet aber einen guten Indikator, in welche Richtung die Bevölkerung bei dieser Frage tendiert.
Die Präsentation der Ergebnisse der Umfrage können sie HIER als Pdf downloaden.
(Bilder: Pixabay.com (2x); Volkshilfe/ Christopher Glanzl)