Ein Gerstenkorn – vom lateinischen hordeum, zu Deutsch Gerste – ist nicht nur unangenehm, sondern kann in weiterer Folge auch eine ernstzunehmende Infektion am Auge auslösen. Die meist eitrige Entzündung der Drüsen der Augenlider in Form gelb-rötlicher Körnchen treten vermehrt im Winter auf, da das Immunsystem in dieser Jahreszeit besonders belastet wird. Außerdem trägt die Heizungsluft zusätzlich dazu bei, die Schleimhäute austrocknen zu lassen und erleichtert Bakterien den Eintritt. Wir haben die Expertin und Augenärztin Dr. Liliana Bányai befragt, wie man diese lästige Infektion möglichst schnell wieder los wird. Sie leitet eines der größten Augenlaserzentren in Deutschland und hat über 25 Jahre Erfahrung in der Augenheilkunde.
Wie kann ich ein Gerstenkorn erkennen?
Ganz grundsätzlich gesagt ist ein Gerstenkorn eine eitrige Schwellung am Augenlid. Diese druckempfindliche Eiteransammlung ist meist unangenehm, aber harmlos. Im Augenlid befinden sich unterschiedliche Drüsen, welche Talg bilden, der sich mit dem Tränenfilm vermischt und so eine Austrocknung des Sehorgans verhindert. Je nachdem welche Drüse betroffen ist, ist das Gerstenkorn – in der Fachsprache Hordeolum genannt – innen oder außen am Augenlidrand als rötlich-gelbe Schwellung sichtbar. Solch eine Entzündung kann durchaus auch sehr schmerzhaft sein, heilt aber in vielen Fällen von alleine wieder aus.
„In der Regel entsteht ein Gerstenkorn durch die Verstopfung einer Talg- oder Schweißdrüse oder durch eine Infektion mit Bakterien, die durch Verunreinigungen des Lidrandes zustande kommt. Entsteht das Gerstenkorn durch Bakterien [meist Staphylokokken], kann das sehr schnell gehen und schmerzhaft sein. Ein erhöhtes Risiko besteht für Personen mit Kontaktlinsen, wenn beispielsweise nicht auf ausreichende Hygiene geachtet wird. Zudem führt ein geschwächtes Immunsystem zu einem häufigeren Auftreten des Gerstenkorns“, informiert Dr. Bányai.
Daran erkennt man ein Gerstenkorn
Ein Gerstenkorn äußert sich durch eine schmerzhafte und gerötete Schwellung am Augenlid. Wie die gelb-rötliche Schwellung aussieht, hängt davon ab, welche Lidranddrüse entzündet ist. Am häufigsten liegt eine Entzündung der sogenannten Meibom-Drüsen vor – das sind Talgdrüsen, die die Fettschicht des Tränenfilms produzieren. Da sie an der inneren Seite des Augenlids liegen, bezeichnen Mediziner•innen ein dort befindliches Gerstenkorn als Hordeolum internum oder inneres Gerstenkorn. Dabei kann das gesamte Augenlid gerötet und geschwollen sein. Das eigentliche Gerstenkorn ist oft erst beim Umklappen des Lids zu sehen. Es tritt als rötlicher und mit Eiter gefüllter Knoten in Erscheinung und erinnert an einen Eiterpickel.
Bei äußeren Gerstenkörnern ist ein derartiger Knoten in der Regel auf den ersten Blick im Bereich der Wimpern zu erkennen. So ein Hordeolum externum entsteht, wenn die sogenannten Zeis-Drüsen oder Moll-Drüsen entzündet sind. Zeis-Drüsen sind ebenfalls Talgdrüsen, während es sich bei den Moll-Drüsen um Schweißdrüsen handelt. Beide Arten von Drüsen befinden sich in der Nähe der Wimpern.
Sollte man dem Juckreiz nachgeben?
Damit das Gerstenkorn richtig abheilen kann, rät die Expertin, die geschwollene Stelle nicht zu berühren, nicht durch Kratzen weiter zu reizen oder gar auszudrücken. Dabei kann es nämlich leicht passieren, dass man damit die Bakterien auch auf umliegendes Gewebe verteilt, wodurch sich die Entzündung auf die Augenhöhle ausbreiten kann. In der Regel heilt das Gerstenkorn von alleine ab, wichtig ist, auf die Hygiene zu achten und verwendete Handtücher und Waschlappen nicht mit anderen zu teilen.
Da Gerstenkörner durch Bakterien entstehen, besteht die Gefahr, andere anzustecken, beispielsweise wenn man sich ans Auge fasst und ohne sich danach die Hände zu waschen und gemeinsam benutzte Gegenstände berührt. Daher sollte, während das Gerstenkorn besteht, auf eine ausreichende Hygiene geachtet werden.
Kann man ein Gerstenkorn effektiv mit Hausmitteln behandeln?
Das Auge sollte zur besseren Abheilung möglichst wenig beeinflusst werden. Trockene Wärme – beispielsweise dreimal täglich für jeweils zehn Minuten das geschlossene Auge mit einer Rotlicht-Lampe bestrahlen – kann dazu beitragen, dass sich die Kapsel schneller öffnet und der Eiter abläuft, da diese die Durchblutung am Auge fördert. Besprechen sie die Vorgehensweise bei einer Rotlicht-Anwendung aber zuerst mit ihrem Arzt/ ihrer Ärztin. Er/ sie wird ihnen erklären, was bei der Anwendung von Rotlicht zu beachten ist – vor allem, wenn sie irgendwelche Medikamente einnehmen.
Von feuchten Umschlägen oder Breiumschlägen rät die Expertin jedenfalls ab. Das Aufweichen der Haut kann zu einer zusätzlichen Verbreitung der Bakterien am Auge führen.
Zur Unterstützung der Gerstenkorn-Therapie kann der Arzt/ die Ärztin ihnen auch Augensalben oder Augentropfen mit einem antibiotischen Wirkstoff verschreiben. Die Antibiotika wirken gegen die Bakterien, die das Gerstenkorn verursachen, und verhindern, dass sich die Entzündung weiter ausbreitet. Häufig wendet man die Augentropfen tagsüber und die Salbe nachts an.
Wann sollte man mit einem Gerstenkorn zum Arzt bzw. zur Ärztin?
Für gewöhnlich verheilt ein Gerstenkorn komplikationslos. Nach wenigen Tagen öffnet sich das Abszess von selbst, Eiter kann abfließen und die Rötung und der Schmerz gehen zurück. Die Entzündung sollte nach ein bis zwei Wochen abgeklungen sein. Sollte der Eiter über längere Zeit nicht abfließen, empfiehlt die Expertin, einen Augenarzt/ -ärztin aufzusuchen. In diesem Fall muss die Schwellung durch eine Operation zurückgedrängt werden. Auch wenn Gerstenkörner wiederholt auftreten oder mehrere gleichzeitig vorhanden sind, sollten Betroffene unbedingt eine/ n Arzt/ Ärztin aufsuchen. Dann ist das Immunsystem womöglich aufgrund einer anderen Erkrankung geschwächt. Nicht selten steckt in solchen Fällen ein Diabetes mellitus als Ursache dahinter.
Ein geschwächtes Immunsystem erhöht das Risiko für ein Gerstenkorn. Dieses zu stärken trägt dazu bei, einem Gerstenkorn vorzubeugen. Wichtig für eine optimale Funktion des Immunsystems sind Vitamin C und Vitamin E. Beide Vitamine sind reichlich in Obst und Gemüse enthalten, aber auch in gesunden Ölen wie Olivenöl, Sonnenblumenöl und Distelöl.
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