Im letzten Teil der Enquete des Bundesrates zum Thema Pflege und gesundes Altern zogen die Vorsitzenden der Bundesratsfraktionen ein Resümee der Beiträge der Redner•innen und Expert•innen, deren Problemanalysen zahlreiche Parallelen aufwiesen. Die Schlüsselfrage werde in der ausreichenden Rekrutierung von Personal liegen, waren sich alle einig, ohne gezielte Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland werde es aufgrund der demographischen Entwicklung wohl nicht gehen. Parallel dazu müssten aber die Rahmenbedingungen deutlich verbessert und das Berufsbild attraktiviert werden.
Außerdem hielt der Inhaber der John Harris-Fitnesszentren Ernst Minar einen Vortrag mit dem Titel „Gesunde Jahre bis ins hohe Alter„, in dem er die zahlreichen positiven Effekte von regemäßiger Bewegung vor allem auf die Gesundheit von älteren Personen hervorhob – #BewegungISTgesund.
Minar: Bewegung ist das beste Medikament und kann Krankheiten verhindern
Für Ernst Minar, der seit vielen Jahren mehrere Fitnesszentren betreibt, stellt Bewegung das beste Medikament dar. Er plädiert für Training bis ins hohe Alter, wobei Schwimmen die meisten Vorteile bringe. Viele Krankheiten könnten durch regelmäßiges Fitnesstraining vermieden werden, ist er überzeugt. Er hält dies für noch wichtiger als den Faktor Ernährung. Dabei reiche es schon aus, drei Mal pro Woche zügig spazieren zu gehen, um etwa das Risiko, an Demenz zu erkranken, deutlich zu verringern. Minar richtet daher einen Appell an die Politik und die Bevölkerung, aktiv zu werden.
Während 12 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher ins Fitnesscenter gingen, liege die Zahl in den nordischen Ländern bei 24 Prozent.
Minar vertritt auch die Auffassung, dass Menschen nach einer Operation möglichst früh aufstehen und sich wieder bewegen sollten. Damit würden Muskeln aufgebaut und das Immunsystem gestärkt. Da Schwimmen besonders gesund und gelenkschonend sei, sollte dies vom Staat auch entsprechend gefördert und der Besuch von Schwimmbädern steuerlich bevorzugt werden.
Ähnliche Problemanalysen, unterschiedliche Lösungsansätze
Das österreichische Gesundheitswesen sei zwar gut im Heilen, aber bei der Prävention hinke es hinterher, urteilt Karlheinz Kornhäusl. In den Spitälern gebe es zahlreiche Herausforderungen und Probleme, ebenso wie bei den pflegenden Angehörigen. Obgleich die Regierung in den letzten Jahren gute und wichtige Maßnahmen gesetzt habe, müsse nun die Prävention ausgebaut werden. Von der Pflegelehre erwarte er sich, dass man damit auch junge Leute für die Arbeit am Menschen begeistern könne. Da dies nicht ausreichen werde, müssen seiner Meinung nach aber auch zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden.
Bundesrätin Korinna Schumann richtet ihren Dank an alle Pflegerinnen und Pfleger, die mit Herzblut und Engagement ihre Arbeit machen. Kranke Menschen hätten ein Recht auf bestmögliche Versorgung, daher müssten dringend Lösungen für den akuten Personalmangel gefunden werden. Um das Berufsbild zu attraktiveren, müsse vor allem bei den Arbeitsbedingungen angesetzt werden. Außerdem macht sie sich dafür stark, dass mehr Männer den Pflegeberuf ergreifen. Wichtig wäre zudem ein großflächiger Ausbau der mobilen Dienste. Die Appelle an gesunde Ernährung und Fitness seien zwar richtig, aber viele Menschen könnten sich aufgrund der Teuerung kaum mehr etwas leisten.
Von einem dringenden Handlungsbedarf in vielen Bereichen der Pflege spricht auch Andrea Schartel. Betroffene sollten nicht leiden müssen, nur weil etwa die Ressourcen für Krankentransporte nicht vorhanden seien. An finanzieller Unterstützung fehle es etwa auch bei Inkontinenzprodukten oder Krankenbetten für die häusliche Pflege. Eine Stärkung wünscht sie sich zudem für die Versorgung im allgemeinmedizinischen Bereich, zumal die Hausärzt•innen die wichtigsten Partner•innen von zu Pflegenden und pflegenden Angehörigen seien. Viel abgewinnen kann Schartel auch der Ermöglichung von stundenweisen Betreuungsformen, da sich die Mehrheit der Bevölkerung eine 24-Stunden-Betreuung nicht leisten könne.
Claudia Hauschildt-Buschberger befasst sich mit der Situation von Menschen in stationärer Pflege, die oft unter mangelnder Selbstbestimmung leiden würden. Früher habe es den gesellschaftlichen Anspruch nach Autonomie gegeben, nun würde es bei der stationären Pflege in eine andere Richtung gehen, bedauert sie. Nicht die Institutionen müssten sich an die Menschen anpassen, sondern die Menschen an die Institutionen. Es müssten wieder vermehrt die Bedürfnisse der Pflegenden in den Mittelpunkt gerückt und Begegnungen auf Augenhöhe sichergestellt werden. Die Menschen hätten das Recht, trotz Krankheit und Gebrechen ein lebenswertes Leben zu führen, appelliert sie an die Achtung der Menschenwürde.
Vorschläge für ein gesundes Altern: Von einer guten allgemeinmedizinischen Versorgung bis hin zur täglichen Bewegungseinheit an den Schulen
Durch die regelmäßige Ausübung von sportlichen Aktivitäten könnte man sich im Gesundheitswesen viele Ausgaben ersparen, führt Maximilian Köllner im Rahmen der allgemeinen Diskussion ins Treffen. Ein besonderes Anliegen ist ihm Schwimminfrastruktur, die in Österreich nicht ausreichend sei. Da Sport die Basis dafür legen könne, in Würde zu altern, sollten die Bewegungsangebote noch viel stärker forciert werden, fordert er. Aus diesem Grund müsse die tägliche Bewegungseinheit in den Schulen endlich flächendeckend umgesetzt werden.
Aufgrund des massiven Personalmangels würden österreichweit tausende Betten leer stehen, zeigt Silvia Rosoli von der Bundesarbeiterkammer auf. Um das dafür nötige Personal zu bekommen und vor allem zu halten, bedürfe es Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen, betont sie. Aus Sicht von Bundesrätin Klara Neurauter brauche es vor allem einen Schulterschluss zwischen allen Beteiligten, damit die Kräfte gebündelt werden können. Senior•innen wollen im Pflegefall daheim betreut werden, unterstreicht sie, deshalb sei die Entwicklung von neuen Wohnformen erforderlich.
Gesund und in Würde altern hat viele Facetten
Walter Marschitz von der Sozialwirtschaft Österreich macht sich angesichts der Verdoppelung der zu pflegenden Menschen bis 2060 für die Rekrutierung von ausländischem Pflegepersonal stark. Laut Josef Smolle müsse eine gute allgemeinmedizinische Versorgung gewährleistet werden. Weitere wichtige Eckpunkte seien eine gesunde Ernährung, Maßnahmen zum Erhalt der psychischen Gesundheit sowie ein aktives Sozialleben, meinte Bundesrätin Marlene Zeidler-Beck.
Abgeordnetem Ernst Gödl ist es ein Anliegen, die positiven Seiten in der Debatte hervorzukehren. In Österreich würde vieles gut funktionieren und es gebe zahlreiche Menschen, die den Pflegeberuf mit Freude ausüben. Die Europäische Kommission sehe sich die Pflegesituation in Österreich genau an und gebe länderspezifische Empfehlungen ab, konstatierte Tim Joris Kaiser von der EU-Kommission. Positiv werde vor allem die nun eingeleitete Pflegereform gesehen.
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