Der Frühling gilt als die Allergiesaison schlechthin. Die Natur blüht nach dem langen Winter wieder auf. Erste windbestäubende Pflanzen verbreiten ihre kleinen, leichten Pollen in hoher Konzentration in der endlich wieder wärmeren Luft. Menschen mit Allergien scheuen diese Jahreszeit mit gutem Grund. Ihr Immunsystem wehrt sich massiv und übertrieben gegen fremdes Eiweiß, das mit den Pollen in die Nasenschleimhaut eindringt. Es löst Entzündungsreaktionen aus, die in der Fachsprache allergische Rhinitis, und umgangssprachlich Heuschnupfen genannt werden.
Lebensqualität massiv beeinträchtigt
Die subjektive Beeinträchtigung der Patienten durch diesen „banalen“ Heuschnupfen wird oft grob unterschätzt. Das zeigen Studien, die den Einfluss von verschiedenen Erkrankungen auf die Lebensqualität untersuchen. So schnitten Allergiker bei diesen Untersuchungen in punkto Lebensqualität ähnlich schlecht ab wie Patienten mit Krebserkrankungen. „Natürlich sind Allergien in den seltensten Fällen wirklich lebensbedrohend, in der Bewältigung des Alltags sind Allergiker jedoch tatsächlich ähnlich beeinträchtigt. Von der beruflichen Leistungsfähigkeit bis hin zu Freizeit und Sport greift die Allergie in alle Lebensbereiche ein. Besonders belastend ist der Mangel an erholsamen Schlaf“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Herbert Riechelmann von der Österreichischen HNO Gesellschaft und Direktor der Universitätsklinik für HNO-Heilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck.
Größte Gefahr für das Immunsystem: der Etagenwechsel
Den Allergiesymptomen wie juckende Augen oder rinnende Nase liegt eine Entzündung zugrunde. Wenn sich diese Entzündungen bis zur Lunge ausbreiten, kommt zum Heuschnupfen Asthma hinzu. Ein wichtiges Ziel der Allergiebehandlung ist daher immer, diesen sogenannten „Etagenwechsel“ zu verhindern. Dies kann mit Allergie-Immuntherapien (früher Desensibilisierung, Hyposensibilisierung oder spezifische Immuntherapie genannt) erreicht werden, da sie direkt die immunologischen Ursachen angreifen und so langfristig und nachhaltig wirken. „Leider werden Allergen-Immuntherapien in Österreich immer noch viel zu selten verordnet. Von den vielen Patienten, die für diese Therapien in Frage kommen, erhält sie nur ein kleiner Teil“, betont Ao. Univ.-Prof. Dr. Verena Niederberger-Leppin, Leiterin der ARGE Allergologie der Österreichischen HNO-Gesellschaft.
Heuschnupfen ernst nehmen
„Viele Patienten – und zum Teil auch Ärzte – nehmen allergische Beschwerden nicht ernst genug und meinen, dieser ‚zivilisatorischen Modekrankheit‘ mit Abhärtung und Nichtbeachtung Herr werden zu können“, warnt Doz. Dr. Wolfgang Luxenberger, niedergelassener HNO Arzt in Frohnleiten und Fachgruppenobmann der HNO-Ärzte Österreichs. „Sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern sollte mit der Einleitung einer entsprechenden Therapie des Heuschnupfens nicht zugewartet werden. Durch eine rechtzeitige Behandlung lässt sich die Lebensqualität der Betroffenen rasch bessern und der gefürchtete Etagenwechsel kann in vielen Fällen verhindert oder zumindest verzögert werden“.
Verdacht auf Allergie – was tun?
Nicht jeder hat von Kindheit an eine Allergie. So mancher entwickelt Allergien erst im Lauf des Lebens. Wenn ein bisher gesunder Mensch plötzlich eine verstopfte Nase und Niesreiz hat und seine Augen jucken, empfiehlt Luxenberger den Weg zum Experten: „Der HNO-Facharzt hat alle Untersuchungsmöglichkeiten, um eine umfassende Differentialdiagnose zu erstellen. Schließlich kann nur der HNO-Arzt mittels Endoskopie von Nase, Rachen und Kehlkopf direkt den Ort der Beschwerden einsehen und beurteilen“.
Auch wenn bei Allergien oft an andere medizinische Fachrichtungen zuerst gedacht wird, ist häufig der HNO-Arzt Diagnosesteller und Erstbehandler bei allergischer Rhinitis. Die Allergie ist immer eine Möglichkeit bei Patienten mit Nasensymptomen, aber nur durch den HNO-Arzt ist eine Abgrenzung von anderen Nasenerkrankungen möglich. Unterschiedlichste Differentialdiagnosen wie Polypen, Nasenscheidewandverkrümmung, chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Infektionen und Adenoide (Kinderpolypen) müssen vom Facharzt ausgeschlossen werden.
Praktische Tipps zur Allergie
Dr. Luxenberger empfiehlt folgende Maßnahmen zur Erleichterung in der Pollensaison:
- Um die Symptome gering zu halten, empfiehlt es sich bei starkem Pollenflug den Aufenthalt im Freien möglichst kurz zu halten.
- Pollenschutzgitter vor den Fenstern und Pollenfilter für das Auto erleichtern die Situation in geschlossenen Räumen.
- Nach jedem Aufenthalt im Freien, sollten das Gesicht und die Haare gewaschen und die Kleidung gewechselt werden.
- Ein Allergietagebuch, in dem die Symptome nach Datum festgehalten werden, kann dem Arzt dabei helfen, die Allergie zu identifizieren und zu behandeln.
- Das Um und Auf ist aber trotz aller Allergenvermeidung immer eine konkrete Diagnose und eine konsequente Behandlung, die nicht nur Symptome lindert und die Entzündung der Nasenschleimhaut reduziert, sondern auch die Ursachen angeht.
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