Was gestern noch in Mode war, ist heute bereits Müll: Das zeigt jetzt eine repräsentative Umfrage* im Auftrag von Greenpeace zum Kleiderkonsum in Österreich. Im Schnitt besitzen die ÖsterreicherInnen 85 Kleidungsstücke, das sind hochgerechnet auf ganz Österreich mindestens 547 Millionen Teile. Jedes achte davon, landesweit etwa 72 Millionen Teile, wird sehr selten oder gar nicht getragen.
Die Hälfte der Befragten gibt an, Kleidung auszusortieren, wenn etwa Oberteil oder Hose nicht mehr gefällt – selbst wenn das Stück keine Mängel hat. Das meiste davon landet dann in erster Linie im Müll. Das schadet massiv unserer Umwelt. Um die Kleidung herzustellen, werden Unmengen an Ressourcen und Chemikalien eingesetzt sowie Wasser verbraucht und verschmutzt.
Mode verkommt zu Müll – Fast-Fashion-Industrie schadet der Umwelt
“Die Trends von heute sind der Müll von morgen. Die Fast-Fashion-Industrie bringt im Wochentakt neue Billig-Kollektionen auf den Markt. Und das, obwohl die österreichischen Kleiderschränke bereits voll gestapelt mit ungetragenen Teilen sind“, sagt Nunu Kaller, Expertin für Konsumfragen bei Greenpeace in Österreich.
Kleidung muss nicht mehr lange halten, sondern vor allem den schnell wechselnden Trends folgen: Rund die Hälfte der ÖsterreicherInnen sortiert Kleidung aus, wenn sie nicht mehr gefällt. Etwas mehr als ein Viertel, wenn die Teile aus der Mode gekommen sind oder im Schrank Platz gemacht wird für neue Sachen. Die älteren Kleidungsstücke landen vor allem im Müll. Etwa die Hälfte der Befragten hat im letzten halben Jahr Kleidung weggeworfen, etwas weniger haben ihre ungetragenen Teile gespendet.
Doch diese billige Kleidung hat ihren Preis: In den überwiegend in Asien gelegenen Produktionsländern ist die rasant wachsende Textilindustrie der größten Wasserverbraucher und Wasserverschmutzer geworden. Rund 8.000 Liter Wasser verbraucht die Produktion eines einzigen Paares Jeans. 3.500 krebserregende, hormonell wirksame oder anderweitig giftige Chemikalien setzt die Textilindustrie ein, um Rohmaterialien zu bunt bedruckter Kleidung zu verarbeiten. Viele dieser Chemikalien findet man nicht nur im Umfeld der Fabriken, sondern mittlerweile rund um den Globus – in der Küstenluft von Südafrika, der Leber von Eisbären und sogar in der Muttermilch von Frauen!
Kleidung mit kurzem Ablaufdatum
Die Umfrage zeigt, dass vor allem Oberteile und Hosen sowie insbesondere Schuhe nur noch kurze Zeit genutzt werden. Spätestens nach drei Jahren wird gut die Hälfte dieser Kleidungsstücke ausgemustert, etwa jeder Zehnte trennt sich innerhalb von nur einem Jahr von neuen Schuhen.
Frauen behalten über alle Kategorien hinweg die meisten ihrer Kleidungsstücke mehr als drei Jahre lang – und somit länger als Männer. Das könnte damit zusammenhängen, dass Frauen im Schnitt mehr Teile im Kleiderschrank haben, auf die sie zurückgreifen können, und die einzelnen Stücke deshalb langsamer kaputt gehen. Jacken, Mäntel und Kleider überleben hingegen sowohl bei Frauen als auch bei Männern meist mehr als drei Jahre, bevor sie ausrangiert werden.
Immerhin hat fast die Hälfte der Befragten (rund 45 Prozent) in den letzten sechs Monaten Kleidung einfach weggeworfen.
Die am häufigsten angegebenen Gründe, warum Kleidung ausrangiert wird, sind Verschleiß (rund 80 Prozent), oder dass die Kleidung nicht mehr passt (rund 61 Prozent). In der Umfrage sieht man auch die immer schneller wechselnden Trends gut abgebildet: Rund die Hälfte aller Befragten (rund 49 Prozent) trennt sich von Kleidung, weil die Kleidungsstücke nicht mehr gefallen, rund 27 Prozent, weil sie nicht mehr der Mode oder dem eigenen Stil entsprechen. Etwa genauso viele Personen (rund 28 Prozent) erklären, sie müssen im Kleiderschrank Platz für neue Teile schaffen.
Alternativen zum Wegwerfen werden (noch) kaum genutzt
Alternativen zum Wegwerfen – wie beispielsweise Tauschen oder Verleihen – sind für die große Mehrheit hingegen noch Neuland: Rund 81 Prozent der ÖsterreicherInnen haben noch nie Kleidung getauscht, zwei Drittel noch nie welche verliehen. Doch es zeigt sich ein langsamer Wandel: “Mehr als ein Drittel der Teenager tauscht bereits Kleidung, wenn die Hose nicht mehr passt oder das Shirt nicht mehr gefällt. Das ist ein Trend, der auch der Umwelt gut tut. Denn je länger ein Kleidungsstück genutzt wird, desto später braucht man ein neues”, sagt Kaller.
Wie sich auch zeigt, wünscht sich eine von fünf ÖsterreicherInnen Kleidung mit Garantie, wie es sie etwa bei Elektrogeräten gibt. Einige kleine Hersteller fairer Mode bieten das bereits an – wenn die Jeans kaputt sind, werden sie auf Lebenszeit gratis repariert. “Ein solches Reparaturgarantie-System verlängert die Lebensdauer einzelner Kleidungsstücke und schützt damit nachhaltig unsere Umwelt”, sagt Kaller.
Und letztlich auch – immer – eine gute Alternative zur Fast Fashion Industrie á la H&M, Zara & Co.: nachhaltig in Österreich produzierte Slow Fashion kleiner Handwerksbetriebe wie beispielsweise vom regionalen Modelabel Gerst. Hier wird in der eigenen Modemanufaktur im Wienerwald hochwertige Kleidung in kleinen Serien nach rein handwerklichen Arbeitsvorgängen gefertigt.
„Vom Flachs, der auf den Feldern des Mühlviertels wächst, bis zur fertigen Latzhose in Leinen-Denim sind es nur wenige Hundert Kilometer. Bei einer regionalen Produktionskette wie dieser können Fairness und Nachhaltigkeit tatsächlich garantiert werden – was wiederum zu einer Re-Regionalisierung der Mode beiträgt“, ist Firmengründerin Gertraud Gerst überzeugt.
Service
*Die repräsentative Online-Umfrage wurde im Auftrag von Greenpeace vom Marktforschungsinstitut Marketagent.com durchgeführt. Im April 2019 wurden zu diesem Zweck 1.500 Personen im Alter zwischen 14 und 69 Jahren gebeten, 12 Fragen zu ihrem Kleiderkonsum und ihrem Umgang mit Kleidung zu beantworten.
Die genauen Ergebnisse der Umfrage können sie HIER als Pdf aufrufen bzw. downloaden.
Ein Fact Sheet inkl. ausführlicher Interpretation der Ergebnisse finden sie HIER.
Diese Online-Umfrage wurde erstellt im Zuge des Projekts MUTTER ERDE, eine Initiative des ORF und der führenden österreichischen Umwelt- und Naturschutzorganisationen.
(Bilder (v.o.n.u.): Mitja Kobal/ Greenpeace, Pixabay, Gerst.at)