Ein kurzer Blick und plötzlich werden die Knie weich, das Herz beginnt zu rasen, man bekommt feuchte Hände und kann nicht mehr klar denken, geschweige denn einen geraden Satz herausbringen – das muss Liebe auf den ersten Blick sein. Seit Menschengedenken sind wir dem Mysterium Liebe auf der Spur. Wir haben uns auch auf Spurensuche begeben und versucht herauszufinden, ob wirklich „nur“ ein kurzer Blick genügen kann, die Liebe seines Lebens zu finden.
Wenn Amors Pfeil mitten ins Herz trifft
Neueste Erkenntnisse der Wissenschaft zeigen, dass bereits eine Viertelsekunde „Auge in Auge“ ausreicht, damit wir uns verlieben. Nicht wirklich viel Zeit, in der sich unser eigenes Schicksal entscheidet. Ein kurzer Augenblick, und wir sind „hin und weg“, unser Herz springt und die Schmetterlinge im Bauch rotieren.
Weltweit träumen wahrscheinlich Millionen Menschen von solch schicksalhaften Begegnungen, bei denen Amors Pfeil direkt ins Herz trifft und wir nicht mehr wissen, wie uns geschieht – sozusagen eine alters- und zeitlose Empfindung, die seit Ewigkeiten Menschen in Wallung bringt.
Immerhin glauben zwei Drittel der Singles fest an die Existenz der „Liebe auf den ersten Blick“. Und etwa die Hälfte aller Liebesbeziehungen beginnt mit einem tiefen Blick in die Augen.
Die anderen 50 Prozent der Partnerschaften entwickeln sich nach und nach. Man kennt sich schon länger und findet sich sympathisch. Irgendwann gibt es dann eine Schlüsselsituation, die die Türen zueinander öffnet. Das kann ein gemeinsamer Ausflug sein, ein Gespräch, ein Spaziergang… – aber was steckt nun hinter diesem Sekunden schnellen „Kurzschluss der Emotionen“?
Liebe auf den ersten Blick – wenn die Gefühle Achterbahn fahren
Nun, diese Achterbahnfahrt der Emotionen startet nicht im Herzen, sondern im Gehirn. Wird dieses nämlich durch visuelle Reize über das Normalmaß stimuliert, setzt es einen biochemischen Prozess in Gang – und wir sind im wahrsten Sinn des Wortes augenblicklich verloren: Denn in der Sekunde werden vermehrt Glücks- und Belohnungshormone ausgeschüttet, die uns die Welt und vor allem unser Gegenüber durch die rosa Brille sehen lassen.
Letztlich liegen die Gründe dafür – wie so vieles – in unserer Evolution. Der Mensch ist nämlich grundsätzlich so angelegt, sich schnell ein Urteil zu bilden. Laut Forschung benötigen wir nicht einmal 30 Sekunden, um unser Gegenüber zunächst ganz grob einzuordnen: Freund oder Feind? Flüchten oder bleiben? Sympathie oder Antipathie?
Und weitere 2:30 Minuten reichen, um unsere Gefühle für jemanden einzuordnen. Das Unterbewusstsein verarbeitet in dieser Zeit sämtliche Informationen unseres Gegenübers – Körperform, Symmetrie, Gestik und Mimik – und „sagt“ unserem Bewusstsein dann, welche Gefühle wir ihm oder ihr entgegenbringen. Das beantwortet letztlich auch die Frage, ob „Speed Datings“ – straff organisierten Flirt- und Kennlern-Runden, bei denen sich Singles jeweils im Drei-Minuten-Takt näher kommen können – tatsächlich Sinn machen.
Die ersten Sekunden sind die entscheidenden
Nicht zuletzt auch auf Grund der wissenschaftlichen Analyse von Speed Datings zeigen sich interessante Einblicke in die Welt der Liebe. So spielen beispielsweise Aspekte wie Religionszugehörigkeit, Ausbildung oder Einkommen für das Kribbeln im Bauch keine Rolle. Was zählt, ist die [äußere] Attraktivität.
Ein attraktives Gesicht ist demnach für Männer und Frauen das wichtigste Auswahlkriterium, gefolgt von einer sympathischen angenehmen Stimme. Ebenfalls entscheidend in den ersten Sekunden sind Faktoren wie Größe, Gewicht, Augen, Statur und Ausstrahlung. Persönlichkeitsmerkmale spielen dagegen beim ersten Kennenlernen so gut wie keine Rolle.
In diesem Sinn und an dieser Stelle ist – leider – auch anzumerken: die Liebe auf den ersten Blick signalisiert – bildlich gesprochen – die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine dauerhafte Liebesbeziehung. Aber dabei handelt es sich [noch] nicht um Liebe, sondern lediglich um körperliche Anziehung.
Denn für Liebe bedarf es Geborgenheit, Vertrauen, Intimität und vor allem auch Zeit, diese zu entwickeln. Liebe auf den ersten Blick ist vermutlich eher mit dem Begriff der „Verknalltheit“ gleichzusetzen und ist ungefähr so zuverlässig wie die Diagnose auf den ersten Händedruck.
Vom verliebt Sein zur Liebe
Ob sich aus der anfänglich spontanen Verliebtheit eine langfristige Liebe entwickelt, hängt von vielen Faktoren, die weit über die ersten Auswahlkriterien hinausgehen. Denn, um nochmals zum Speed Dating zurück zu kommen: Nach drei Minuten kann praktisch jede/ r für sich sagen, ob er/ sie sein Gegenüber wiedersehen möchte. 4 von 10 treffen sich dann tatsächlich wieder. Allerdings nach einem Jahr tatsächlich ein Paar sind dann doch nur noch fünf Prozent der KandidatInnen.
Hinter „wahrer Liebe“ steht sehr viel mehr als sich nur sympathisch und attraktiv zu finden. Man lernt einander kennen, erfährt und nach wichtige Dinge über den anderen Menschen, über seine Werte, seine Stärken und auch seine Schwächen. Man lernt sich kennen und lieben – oder eben nicht.
Zusammen überwindet man den ersten Streit, erlebt gemeinsam schwere, aber noch viel mehr schöne Momente. Das alles bewirkt, dass man sich zusammengehörig fühlt. Ist dieses Gefühl da, entsteht Vertrauen, Geborgenheit, das Gefühl von Nähe – Empfindungen, die zu einer Beziehung gehört wie die zwei Liebenden selbst. Wenn sie das fühlen, wissen sie: der Rausch der Liebe auf den ersten Blick und des verliebt Seins ist vorbei, und die Liebe hat begonnen!
Und das allerbeste daran: Liebe kennt kein Alter 🙂
(Bilder: Pixabay.com)