Um nach einem Schlaganfall schrittweise in den Alltag zurückfinden zu können, ist neben Therapie-Einheiten regelmäßiges Üben zu Hause zentral. Die App MARTHA unterstützt auf der einen Seite Patientinnen und Patienten und auf der anderen Seite Therapeutinnen und Therapeuten bei der Rehabilitation. Übungsvideos und ein individuell gestaltbares Programm zielen darauf ab, die Motorik der oberen Extremitäten und des Rumpfes nachhaltig zu fördern.
Die Zahlen sprechen für sich
Laut aktuellen Zahlen der Österreichischen Schlaganfall Gesellschaft erleiden jährlich zirka 25.000 Österreicherinnen und Österreicher einen Schlaganfall – das bedeutet statistisch gesehen alle 20 Minuten! Nach Herzkreislauferkrankungen und Krebserkrankungen ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Österreich. Bei Frauen gehen rund 1,9 Prozent der jährlichen Todesfälle auf einen Schlaganfall zurück, bei Männern sind es rund 1,4 Prozent.
MARTHA – digitale Unterstützung für laufende Therapie
Erleidet jemand einen Schlaganfall, ist es zumeist ein langer und steiniger Weg zurück zu einem einigermaßen „normalen“ Lebensalltag, Stichwort Rehabilitation und Therapie. Aktuell geben Therapeutinnen und Therapeuten Heimübungen im Rahmen der Ergo- und Physiotherapie meist mündlich oder schriftlich weiter. Die Herausforderung dabei ist, dies übersichtlich und leicht verständlich zu tun, damit das Üben in den eigenen vier Wänden bestmöglich unterstützt wird. Genau dafür schafft MARTHA Abhilfe. Die App gibt Patientinnen und Patienten eine gute Übersicht über das Trainingsprogramm, unterstützt bei der Reflexion und Kommunikation und gibt mehr Kontrolle über die tatsächliche Übungszeit.
Loslegen ohne Gebrauchsanweisung
MARTHA steht für „Master Therapy Assistant“ und ist durch eine virtuelle Figur realisiert, die durch das Heimübungsprogramm leitet. Kernelement der App sind Übungsvideos, die speziell auf den Bedarf von Personen nach einem Schlaganfall zugeschnitten und zu einem individuellen Übungsprogramm zusammenstellbar sind. Die notwendigen Anforderungen für eine hohe Benutzer•innenfreundlichkeit und motivationsfördernde Gestaltung lieferte eine ausführliche Bedarfs- und Literaturanalyse vorab. „Bei einer App für Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten steht nochmal verstärkt im Fokus, dass diese einfach zu bedienen und zu nutzen sein muss“, betont Projektleiterin Lena Rettinger von der FH Campus Wien.
Klare Empfehlung und große Zufriedenheit bei Nutzerinnen und Nutzern
In einer abschließenden dreimonatigen Studie wurden Trainingseffekte sowie Akzeptanz, Usability und Zufriedenheit mit der App erhoben. Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer waren 18 Personen, die sich nach einem Schlaganfall in Therapie befanden, und 13 Therapeutinnen und Therapeuten, deren Daten mit Nutzungstagebüchern, Fokusgruppen, Fragebögen, Interviews und App-Nutzungsdaten evaluiert wurden.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Therapeutinnen und Therapeuten ihren Kolleginnen und Kollegen sowie ihren Patientinnen und Patienten die App empfehlen würde und sie MARTHA gerne weiterverwenden möchten. Menschen, die nach einem Schlaganfall mit der App trainierten, würden diese auch zukünftig in ihr Training einbauen und stuften sie als gutes Werkzeug ein, um sie bei ihren Übungen zu unterstützen.
Ein weiterer Einsatz von MARTHA ist aus Therapeut•innensicht in der Gynäkologie, Orthopädie, Neurologie oder im psychosozialen Bereich vorstellbar.
Gemeinsame Entwicklung von Gesundheitswissenschaften und Technik
Die App wurde in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen den Studiengängen Health Assisting Engineering, Physiotherapie, Computer Science and Digital Communications sowie Software Design and Engineering entwickelt. Das Forschungsprojekt eTherapy wurde mit Unterstützung der Stadt Wien – MA 23 realisiert.
FH Campus Wien – Hochschule für Zukunftsthemen
Mit über 8.000 Studentinnen und Studenten an sechs Standorten und fünf Kooperationsstandorten ist die FH Campus Wien die größte Fachhochschule in Österreich. In den Departments Angewandte Pflegewissenschaft, Applied Life Sciences, Bauen und Gestalten, Gesundheitswissenschaften, Soziales, Technik sowie Verwaltung, Wirtschaft, Sicherheit, Politik steht ein Angebot von mehr als 60 Studien- und Lehrgängen entweder in berufsbegleitender oder in Vollzeit-Form zur Auswahl.
Anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung wird in derzeit neun fachspezifischen Kompetenzzentren gebündelt. Fort- und Weiterbildung in Form von Seminaren, Modulen und Zertifikatsprogrammen deckt die Fachhochschule über die Campus Wien Academy ab. Die FH Campus Wien ist zudem auch Gründungsmitglied im Bündnis Nachhaltige Hochschulen.
(Bilder: AdobeStock (2x), FH Campus Wien)