Rund 6,3 Millionen Menschen weltweit, davon rund 20.000 in Österreich, leiden unter Morbus Parkinson. Obwohl diese neurodegenerative Krankheit aufgrund unspezifischer Symptome meist spät erkannt wird und noch immer nicht heilbar ist, helfen medikamentöse, chirurgische und Apparate-gestützte Therapien, die Lebensqualität – auch in der Spätphase der Krankheit – deutlich zu verbessern. Spezialisten der Privatklinik Confraternität in Wien behandeln beispielsweise mit ganzheitlichen Methoden und innovativen, personalisierten Therapien.
Ursache für Morbus Parkinson: Dopamin-Mangel
Ursache von Parkinson ist ein zu niedriger Spiegel des Botenstoffes Dopamin, der durch die Degeneration und das Absterben Dopamin-produzierender Nervenzellen entsteht. Dopamin ist ein Botenstoff [Neurotransmitter] im Gehirn, der die Kommunikation zwischen den Zellen untereinander vermittelt und für motivations- und antriebssteigernde Effekte zuständig ist.
Durch noch unbekannte Auslöser kommt es bei manchen Patient*innen zu einer Verklumpung der alpha-Synuclein-Proteine [alpha Syn], die die Dopamin-Ausschüttung regulieren. Dadurch entstehen die typischen Parkinson-Symptome: verlangsamte Bewegungen [Bradykinese], steife und starre Muskeln [Rigor], Muskelzittern [Ruhe-Tremor] und mangelnde Körperstabilität [Probleme bei der aufrechten Körperhaltung, Gangstörungen]. „Die Erkrankung hat multifaktorielle Ursachen und ist selten familiär bedingt,“ erläutert Dr. Caroline Thun-Hohenstein. „Ein Grund sind wohl auch Umweltgifte, durch welche die Zellen im Gehirn geschädigt werden.“
Dr. Dieter Volc widmet sich an der Privatklinik Confraternität seit mehr als 30 Jahren der Behandlung und Erforschung zentraler Bewegungsstörungen wie Morbus Parkinson und verwandter Erkrankungen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Thun-Hohenstein bietet er nach der Erstdiagnose alle Arten der Parkinson-Therapie. Das Konzept der ganzheitlichen Behandlung der beiden Neurologen umfasst auch Bewegungs-, Ergo- und Physiotherapie, logopädische Behandlungen und psychologische Betreuung der Betroffenen und deren Angehörigen.
„War anfangs die Parkinson-Krankheit vor allem eine Bewegungsstörung, so sind seit einigen Jahren die nicht motorischen Symptome in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Vielfach stehen andere Beschwerden im Leidensdruck an höherer Stelle als die motorischen Behinderungen: unter anderem sind Blasen- und Darmprobleme, Schluckbeschwerden, Schwitzen, Schlaflosigkeit und Blutdruckschwankungen Kennzeichen des Leidens,“ erklären die Parkinson-Experten.
Tiefe Hirnstimulation und Parkinson-Impfung
Dr. Volc war bereits vor drei Jahrzehnten einer der Vorreiter der Tiefen Hirnstimulation. Bei diesem neurochirurgischen Verfahren wird eine Elektrode mit meist acht Kontaktpunkten pro Gehirnseite in die Stammganglien eingepflanzt und mit einem implantierten Impulsgeber – ähnlich einem Herzschrittmacher – verbunden. Über sehr rasche Impulse kann die Funktion der Basalganglien beeinflusst werden, um die einzelnen Parkinson-Symptome unabhängig voneinander zu steuern.
Im Jahr 2012 verabreichten Volc und Thun-Hohenstein als weltweit Erste einem Patienten die PD01A-Impfung gegen Parkinson. Dieser immun-modulatorische Ansatz ist bis heute die vielversprechendste Methode, den Krankheitsverlauf zu bremsen: Der Organismus soll durch die Impfung Antikörper gegen das alpha-Syn-Protein bilden und so das eigene Immunsystem gegen die Verklumpungen und das Fortschreiten der Erkrankung aktivieren.
Medikamente und ihre Grenzen
Da Dopamin die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann, werden Vorstufen [L-DOPA] und Analoga [Dopamin-Agonisten] des Botenstoffs verabreicht, die bis an den Wirkort im Gehirn gelangen können und den Mangel ausgleichen. Daneben werden unter anderem Medikamente gegen unwillkürliche Überbewegungen [Dyskinesien] und gegen das Zittern verabreicht sowie Hemmer gegen Glutamat, den Gegenspieler des Dopamins. „Bei längerer Dauer des Morbus Parkinson findet man mit Tabletten und Pflastern nicht mehr das Auslangen, weil sich das Gehirn verändert und die Speicherfähigkeit für Dopamin nachlässt,“ weiß Volc. „Deshalb verlegen wir den Speicher mittels Pumpen nach außen.“ Dabei wird das Medikament entweder subkutan in den Körper oder über einen Magenschlauch direkt in den Dünndarm eingebracht.
Paradigmenwechsel
„Im üblichen Setting einer neurologischen Praxis sieht man nur eine Momentaufnahme, doch nicht einen Parkinson-Verlauf über den Tag. Wir möchten einen Paradigmenwechsel herbeiführen und bewegen uns weg vom Zwiegespräch in der Praxis als einzige Informationsquelle,“ sagt Thun-Hohenstein. „Einfache Mess-Systeme, Handy-Apps und Sensoren liefern uns ausgezeichnete Daten, geben einen objektiven Einblick in den Tagesablauf unter Alltagsbedingungen und ermöglichen einen personalisierten Zugang, der zu einer individuellen Therapie führt,“ ergänzt Volc.
Mit einer App auf dem Smartphone werden die tägliche Medikation dokumentiert und individuelle Untersuchungsreihen [„Play Lists“ mit Übungen] abgearbeitet, Ruhezittern und Haltetremor gemessen, Bewegungen und das Gehen analysiert. Die Einzelbeobachtungen im häuslichen Setting ergeben ein klareres Bild über unterschiedliche Befindlichkeiten zu verschiedenen Zeitpunkten. Ein aufwändiges System permanenter Messungen mittels Sensoren an Armen, Beinen und Gürtel [Fünf-Sensoren-Messung] zeigt Veränderungen über den ganzen Tag.
Keine Heilung, aber Lebensqualität
Obwohl Parkinson intensiv erforscht wird, gibt es bis heute keine neuroprotektiven [Nervenzellen schützenden] Therapiemöglichkeiten, und auch neurorestorative [Nervenzellen wiederherstellende] Ansätze lassen vermutlich noch länger auf sich warten. Neue Methoden in der Parkinson-Behandlung können jedoch für Betroffene einen großen Gewinn an Lebensqualität und Lebensfreude bedeuten. „Das sollte auch das Ziel der Therapie sein, denn die Anpassung der Lebenserwartung an die der gleichaltrigen ,Normalbevölkerung´ ist schon mit der Einführung der DOPA-Therapie 1961 weitgehend gediehen,“ unterstreicht das Experten-Duo der Privatklinik Confraternität.
Online Parkinson-Kurs zu fortgeschrittenem Morbus Parkinson
Univ.-Prof. Dr. Walter Pirker, Facharzt und Abteilungsleiter für Neurologie und Psychiatrie an der Klinik Ottakring in Wien motiviert Menschen, die an Morbus Parkinson erkrankt sind, im neuen und anonymen selpers.com Online-Kurs zu offener Kommunikation mit ihren Angehörigen und dem Behandlungsteam. Gerade in einer Zeit, in der der persönliche Kontakt erschwert ist, bietet der Kurs eine Möglichkeit, sein Wissen über Morbus Parkinson zu erweitern.
Die fünf Module des Kurses zeigen auf, dass Morbus Parkinson eine fortschreitende Erkrankung ist und was Betroffene gemeinsam mit ihrem betreuenden Arzt/ Ärztin tun können, um mehr Lebensqualität zu erlangen und möglichst lange zu erhalten. Dieser Kurs, der für alle Interessierten im Web abrufbar ist, entstand mit der Unterstützung des BioPharma Unternehmens AbbVie.
Morbus Parkinson ist eine langsam fortschreitende Erkrankung des Nervensystems, deren Beschwerden durch eine gezielte Therapie verbessert werden können. Für Patient*innen und Angehörige ist es deshalb wichtig, die Krankheit und deren Symptome im Blick zu behalten. Bei auftretenden Veränderungen gilt es, das Behandlungsteam darauf anzusprechen und gemeinsam weitere Schritte festzusetzen. Psychische Komplikationen bis hin zu einer Depression oder Halluzinationen können beispielsweise Symptome einer fortgeschrittenen Erkrankung oder Nebenwirkung der Parkinson-Medikamente sein und sollten deshalb früh und offen kommuniziert werden. So können Patient*innen, Arzt*innen und Angehörige gemeinsam über die bestmögliche Therapie entscheiden.
Gut informiert zu sein bedeutet [auch], besser mit der Erkrankung umgehen zu können
„Als Patient oder Patientin sollte man in der Behandlung auch selbst die Möglichkeit zur Therapieveränderung ansprechen,“ erklärt Prof. Pirker. Er will Betroffene und Angehörige motivieren, proaktiv zu handeln und zusätzlich zur medikamentösen Therapie eigene unterstützende Maßnahmen zu setzen.
„Was häufig zu wenig bedacht wird, sind die begleitenden Maßnahmen, die man zusätzlich zur medikamentösen Therapie setzen kann. Eine gesunde Lebensweise kann den Therapieerfolg unglaublich erhöhen,“ bekräftigt Prof. Pirker. Auch Angehörige spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie können beispielsweise im Training bei Kommunikationsstörungen eine wichtige Rolle einnehmen: „Wenn Patienten oder Patientinnen Sprechstörungen haben, sollten sie auch außerhalb der Sprachtherapie trainieren. Die Angehörigen können den Betroffenen Feedback geben, ob ihre Aussprache gut verständlich und die Lautstärke gut gewählt ist,“ so der Facharzt.
Anonymer Online-Kurs unterstützt
Um Betroffenen und Angehörigen möglichst niederschwellig Zugang zu diesem Wissen zu ermöglichen, hat die Online-Plattform selpers.com den kostenlosen und ohne Anmeldung abrufbaren Online-Kurs „Fortgeschrittener Morbus Parkinson“ entwickelt. Der neue Online-Kurs besteht aus fünf Modulen und soll in insgesamt 130 Minuten das Wissen über den Krankheitsverlauf, die Diagnostik und Behandlung bis hin zu hilfreichen Maßnahmen abseits der Therapie auf einfache und verständliche Weise erhöhen. Ziel ist es letztlich, die Zusammenarbeit zwischen Behandlungsteam, Patient*innen und Angehörigen zu fördern. Dieser Online-Kurs ist weiters eine gute Ergänzung zum Arztgespräch.
„Morbus Parkinson ist eine fortschreitende Erkrankung und aus diesem Grund ist es wichtig, dass Betroffene, Angehörige und Interessierte ihr Wissen über den Verlauf der Erkrankung erweitern können. In Zeiten der bestehenden Pandemie bietet diese Online-Plattform dafür eine tolle Möglichkeit der Wissensvermittlung, weil persönlich abgehaltene Informationsveranstaltungen derzeit nicht stattfinden können,“ erklärt Dr. Bettina König, Medical Director bei AbbVie in Österreich den Beweggrund von AbbVie für die Unterstützung des Kurses.
Die Schulung können sie jederzeit kostenlos und anonym hier abrufen: https://selpers.com/kurs/fortgeschrittener-morbus-parkinson/
(Bilder v.o.n.u.: Pixabay.com, PremiQaMed Group/ Sabine Ritzinger, Pixabay.com, Screenshot)