Depressionen (von lateinisch deprimere = niederdrücken) gelten als Volkskrankheit. Das heißt, es handelt sich nicht um eine Epidemie, allerdings fallen Depressionen auf Grund ihrer Verbreitung und wirtschaftlichen Auswirkungen sozial ins Gewicht. Obwohl Depressionen immer häufiger diagnostiziert werden, kursieren immer noch zahlreiche Missverständnisse über diese psychische Erkrankung – letztlich zum Schaden aller betroffenen Personen.
Sehr(!) viel mehr als schlecht drauf
Obwohl Untersuchungen zufolge beinahe jeder fünfte im Laufe seines Lebens zumindest ein mal eine Depression hat, wissen viele nicht gut über die Erkrankung Bescheid. Der Mythos, Depressive bräuchten sich doch nur ein wenig zusammenreißen hält sich genauso hartnäckig wie die Meinung, Schokolade helfe gegen die „schlechte Stimmung“. Oder der (Irr-)Glaube, ein entspannter Urlaub würde alle depressiven Probleme lösen – alles falsch.
Denn gerade und vor allem das mit dem Zusammenreißen funktioniert nicht bei depressiven Menschen.
Mögliche Ursachen und Auslöser
Wie fast überall, gibt es auch bei Depressionen nicht die eine Ursache. Vielmehr führt ein Bündel von Ursachen dazu, dass sie ausbricht. Aber auch über mögliche Ursachen und Auslöser kursieren viele Fehlinformationen. So glaubt fast jeder von uns, dass Schicksalsschläge oder sehr viel Stress Depressionen auslösen. Allerdings gilt es mittlerweile als erwiesen, dass belastende Lebensereignisse für die Entstehung von Depressionen überschätzt werden.
Eine viel größere Rolle spielen nämlich biologische Ursachen wie genetische oder hormonelle Faktoren. Viele wissen auch nicht, dass während einer Depression der Stoffwechsel im Gehirn aus der Balance gerät. Oder dass das Risiko für die Erkrankung vererbt wird. Anders gesagt: Ohne Veranlagung bekommt man auch bei größtem Stress keine Depression.
Depressiv, und man weiß es gar nicht
Ein weiteres Problem zeigt sich in der Akzeptanz von Depression als Krankheit. Gerade weil psychische Erkrankungen vieler Orts immer noch tabuisiert werden, erhalten viele Betroffene keine Hilfe. So geht die Weltgesundheitsorganisation davon aus, dass mehr als die Hälfte der schweren Depressionen nicht als solche diagnostiziert werden.
Ab wann braucht man Hilfe?
Zwischendurch mal schlecht drauf sein, das kann schon mal ein paar Tage anhalten. Wenn sich aber das Grundgefühl tiefer Traurigkeit und innerer Leere über mehrere Wochen hält, spricht das für etwas Krankhaftes. Spätestens dann sollte man den Hausarzt aufsuchen, nicht zuletzt um auch andere Erkrankungen auszuschließen.
Haupt- und Zusatzsysmptome
Wie bei anderen Erkrankungen auch, gibt es bei Depressionen unterschiedliche Stufen: von leicht über mittel bis schwer. Das kann sogar soweit gehen, das schwer depressive Menschen unter Wahnvorstellungen leiden. Ob sie an einer Depression leiden, kann aber letztlich nur der Hausarzt bzw. in weiterer Folge ein Psychiater.
- Hauptsymptome einer Depression
-> anhaltend gedrückte Stimmung, Gefühl der inneren Leere;
-> Verlust an Interessen, Verlust der Fähigkeit zu Freude;
-> Antriebsmangel und erhöhte Ermüdbarkeit;
- Zusatzsymptome einer Depression
-> Konzentrationsschwierigkeiten, verminderte Aufmerksamkeit;
-> vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen;
-> Schuldgefühle und Minderwertigkeitsgefühle;
-> negative und pessimistische Sicht der Zukunft, Hoffnungslosigkeit;
-> Gefühl der Hilflosigkeit;
-> Suizidgedanken oder -handlungen;
-> Schlafstörungen in Form von vorzeitigem Erwachen, mindestens zwei Stunden vor der gewohnten Zeit. Diese Schlafstörungen sind Ausdruck eines gestörten 24-Stunden-Rhythmus.
-> mangelnde Fähigkeit, emotional auf die Umwelt zu reagieren;
-> Morgentief;
-> (seltener) Abendtief;
-> Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Gewichtszunahme („Kummerspeck“);
-> Libidoverlust.
Zumeist leicht bis mittelschwere Depressionen
Leicht bis mittelschwer klingt irgendwie so, als wäre das eh nur eine Lappalie. Aber auch schon eine leichte Depression kann einen großen Leidensdruck verursachen, Stichwort aufstehen, duschen, anziehen, etc. – alles macht Mühe und man muss sich regelrecht dazu zwingen. Man sieht die Welt nur mehr durch eine negative Brille und fragt sich: „Warum aufstehen und anziehen, wenn eh alles egal ist?“
In dieser Zeit können sich die Betroffenen kaum bis gar nicht mehr positiv wahrnehmen. Sie verlieren das Interesse an den schönen und alltäglichen Dingen des Lebens. Selbst einfache Entscheidungen zu treffen, wird zu einer unüberbrückbaren Hürde.
Gibt es Wege heraus aus diesem Teufelskreis?
Die gute Nachricht: Depressionen können verschwinden. Manchmal sogar ohne Therapie. Allerdings braucht das seine Zeit. Im Durchschnitt vergeht eine unbehandelte Depression nach wenigen Wochen bis mehreren Monaten. Und bei 4 von 10 Menschen, die es einmal erwischt hat, bleibt es bei diesem einen Mal.
Die schlechte Nachricht: bei 6 von 10 Menschen mit Depression kommt es irgendwann zu einem Rückfall. Depressionen verlaufen in Schüben. Auf eine Phase ohne Symptome/ Beschwerden kann wieder eine Krankheitsphase folgen. Experten raten daher jedem, bei dem einmal eine Depression diagnostiziert wurde, auf mögliche Anzeichen eines erneuten Schubes zu achten – und bei den ersten Anzeichen einen Arzt aufzusuchen.
Zwei Säulen der Behandlung
Grundsätzlich gilt: Depressionen sollten immer behandelt werden. Je früher desto besser. Generell steht die Behandlung von Depressionen auf zwei Säulen: Psychotherapie und Medikamente (Antidepressiva) – wobei eine Kombination der beiden Behandlungsformen am wirkungsvollsten und vielversprechendsten ist. Unterschiedliche Formen der kognitive Verhaltenstherapie sollen die Widerstandsfähigkeit trainieren und Strategien vermitteln, um schwierige Situationen besser zu meistern und sich mehr zu entspannen. Hilfsmittel können Yoga, Qigong, Achtsamkeitsübungen und Sport sein.
Antidepressiva wiederum greifen in den Stoffwechsel des Gehirns ein und beeinflussen die Konzentration bestimmter Botenstoffe. Entgegen weit verbreiteter Vorurteile verändern die Medikamente nicht die Persönlichkeit der Betroffenen.
Geduld und Verständnis
Wichtig sind jedenfalls Geduld und Verständnis und Akzeptanz von Depression als Krankheit. Manche Betroffene vertragen auch das eine oder andere Medikament nicht. Bei manchen zeigt sich rasch eine positive Veränderung, bei anderen dauert es Wochen, bis sich ein Effekt zeigt. Aber egal, ob man ein Antidepressivum verträgt oder nicht: eine Depression hat nichts mit Schwäche, Schuld oder gar persönlichem Versagen zu tun.
Nicht zuletzt ist besonders für Angehörige der Umgang mit Betroffenen oft sehr schwierig. Es ist wichtig, das Empfinden von Depressiven zu akzeptieren und nicht an ihren Willen oder an ihre Vernunft zu appellieren. Vielmehr gilt es, depressive Angehörige zu unterstützen, ihnen im wahrsten Sinn des Wortes eine Stütze zu sein.
Weitere Informationen | Hilfe
Oft hilft es, mit anderen Betroffenen über ihre Erfahrungen zu reden. Diverse Selbsthilfegruppen zum Thema Depression finden sie HIER.
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