„Ein Hasskommentar, auch Hass-Posting genannt, ist eine durch Hass motivierte Aussage, die meist in einem sozialen Netzwerk, in einem Webforum oder auf einer anderen Website mit öffentlicher Kommentarfunktion gegen Gruppen oder Einzelpersonen getätigt wird. Die Aussage kann sich auch gegen allgemein anerkannte abstrakte gesellschaftliche Werte richten oder bestimmte Weltanschauungen diffamieren.“[1] – So lautet die Definition von „Hass im Netz“ auf Wikipedia.
Was in der Theorie relativ „trocken“ klingt, hat für Betroffene enorme negative Auswirkungen. Der 5. #GegenHassimNetz-Bericht des Vereins ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit verdeutlicht, wie sehr hasserfüllte Aussagen online zur Norm werden. Seit Gründung der Beratungsstelle #GegenHassimNetz im September 2017 sind insgesamt 9.690 Meldungen beim Verein ZARA eingegangen. Im 5. Beratungsjahr [Sept. 2021 – Aug. 2022] wurden insgesamt 1.851 Meldungen bearbeitet.
Hass im Netz beleidigt, bedroht, beschimpft und würdigt herab
Ähnlich wie in vergangenen Jahren bedienen sich Haterinnen, Hater und Trolle sehr häufig rassistischer Diktionen, um Hass zu schüren. Dabei reproduziert und verbreitet der Großteil der bei ZARA gemeldeten Online-Inhalte [58,3 Prozent] rassistische Ideologien – etwa Hass wegen ethnischer, nationaler und/ oder religiöser Zuschreibungen. Laut Fiorentina Azizi-Hacker, Leiterin der ZARA-Beratungsstelle #GegenHassimNetz, verdeutlichen diese Fälle eines: „Userinnen und User nehmen oft in Sozialen Medien keine spürbaren Regeln wahr. Das begünstigt den Online-Enthemmungseffekt, wodurch Menschen allein aufgrund ihres »Soseins« beleidigt, bedroht, beschimpft und herabgewürdigt werden.“
Deshalb hat der Verein einen Forderungskatalog zusammengestellt, mit dem Hass im Netz effektiv eingedämmt werden soll. Praxistaugliche und im Ergebnis befriedigende rechtliche Möglichkeiten müssen allen von Hass im Netz betroffenen Personen zur Verfügung stehen.
Bewusstsein schaffen für die Bedürfnisse von Betroffenen von Hass im Netz
Ein gutes Beispiel ist die psychosoziale Prozessbegleitung. In diesem Rahmen informieren die ZARA-Beraterinnen und Berater über [rechtliche] Möglichkeiten und Abläufe bei Polizei und Gericht. Betroffene werden so von der Anzeige bis zum Ende des Verfahrens begleitet, um sich sicherer zu fühlen. Damit einhergehend braucht es bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten noch mehr Bewusstsein für die Bedürfnisse von Betroffenen von Hass im Netz. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit von erfolgreichen Verfahren, mit denen das Vertrauen von Betroffenen in Polizei und Justiz gestärkt werden kann.
Viele Klientinnen und Klienten wünschen sich unter anderem eine schnelle Entfernung von erniedrigenden und herabwürdigenden Inhalten. Im aktuellen Beratungszeitraum nutzte die Beratungsstelle 263-mal ihren Trusted-Flagger-Status und konnte 145-mal erfolgreich eine Entfernung bewirken.
Neben der unmittelbaren Abhilfe umfasst der Nationale Aktionsplan gegen Hass im Netz auch nachhaltige Ziele wie Präventions- und Aufklärungskampagnen. Diese sollen Bewusstsein für Hass im Netz schaffen, negative Folgen für Demokratie und Gesellschaft verdeutlichen und Unterstützungsangebote für Betroffene aufzeigen. Damit setzen sie an, bevor Hass entstehen und verbreitet werden kann.
Aktuelle Zahlen, Daten und Grafiken zum #GegenHassimNetz-Bericht finden sie HIER.
Jede und jeder kann selbst mithelfen, Hass im Netz zu bekämpfen
Lassen sie, wenn ihnen ein Hassposting unterkommt, dieses nicht einfach so im Raum stehen! Jede und jeder von uns kann selbst Maßnahmen ergreifen, um nicht Opfer von Cybermobbing zu werden.
Blockieren
Selbstschutz geht vor! Wird beispielsweise ihre Profil-Seite in einem Sozialen Netzwerk buchstäblich von unguten Kommentaren zugemüllt, können sie die dafür verantwortlichen Personen sperren.
Melden
In den meisten Sozialen Netzwerken sind Hasspostings unerwünscht – tauchen trotzdem welche auf, können sie diese bei den Seitenbetreiber•innen melden. Einen genauen Leitfaden, wie sie dabei vorgehen, finden sie HIER.
Dagegenreden
Machen sie klar, dass sie mit Hasspostings nicht einverstanden sind! Auch wenn sie damit die Ersteller•innen nicht überzeugen – vielleicht aber die Mitlesenden. Bleiben sie dabei aber unbedingt sachlich!
Anzeigen
Hetze, Beleidigungen und Beschimpfungen sind auch online strafbar – sie können solche Beiträge bei jeder Polizeidienststelle anzeigen.
Wichtig: Erstellen sie vorher Screenshots und sichern sie somit Beweise!
Hilfe holen
Sie müssen das nicht alles alleine machen! Holen sie sich Unterstützung bei Leuten, denen sie vertrauen, oder wenden sie sich an eine Beratungsstelle – Adressen dazu finden sie auf der Seite von ZARA, auf Saferinternet.at oder auf Stopline.at.
Wie schaut es mit der gesetzlichen Regelung gegen „Hass im Netz“ aus?
Das aktuelle Gesetz bringt grundsätzlich einen effektiven Schutz vor Hasspostings im Internet. Mit dem Maßnahmenpaket, das seit 1. Jänner 2021 in Kraft ist, wurde klargestellt, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, sondern auch hier unser Rechtsstaat gilt. Schon vor Inkrafttreten des Gesetzespakets konnten Hasspostings verschiedene strafbare Tatbestände erfüllen und zivilrechtliche sowie medienrechtliche Ansprüche auslösen. Durch das Gesetzespaket wurden die Ansprüche jedoch ausgeweitet und die Rechtsdurchsetzung für Betroffene wesentlich erleichtert.
Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick
Gerichtliche Löschung von Hasspostings mittels Mahnverfahrens
Postings, die die Menschenwürde verletzen, können rasch gelöscht werden. Dazu ist es möglich, beim Bezirksgericht ohne vorangehende Verhandlung einen Unterlassungsauftrag zu erwirken. Das Formblatt für die Klage und den Antrag auf Erlassung eines Unterlassungsauftrags steht auf justizonline.gv.at zum Download zur Verfügung.
Erleichterte Ausforschung von Täterinnen und Tätern bei Privatanklagedelikten
Die typischen Hasspostings erfüllen in der Regel die Straftatbestände der „üblen Nachrede“ oder der „Beleidigung“. Dabei handelt es sich um Privatanklagedelikte, bei denen Opfer auf meist kostenintensivem Wege Täterinnen und Täter selbst ausforschen mussten. Dies wurde geändert. Nun forschen die Behörden die beschuldigte Person aus, sofern dies beim Landesgericht beantragt wird.
Entfall des Kostenrisikos für Opfer
Das Kostenrisiko im Fall eines Freispruches oder einer Einstellung lag bisher beim Opfer, das die Prozesskosten zu bezahlen hatte. Auch hier schuf das neue Gesetz Abhilfe.
Ausweitung der Prozessbegleitung
Eine vermehrte psychosoziale und juristische Prozessbegleitung soll Opfer von Hass im Netz dabei unterstützen, mit der außerordentlichen Belastung eines Strafverfahrens besser umgehen zu können.
Höherer Schadenersatz im Medienrecht
Wenn Menschen durch ein Medium in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt werden, können sie nun mit einer höheren Entschädigungssumme rechnen.
Cybermobbing bereits ab dem ersten Posting
Früher war das Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen einer Person im Internet nur strafbar, wenn es „fortgesetzt“ erfolgte. Nun kann bereits eine einmalige Tathandlung ausreichen, um sich strafbar zu machen. Ein Beispiel wäre das Posten eines Nacktfotos ohne Einverständnis der betroffenen Person.
Tatbestand der Verhetzung ausgeweitet
Hetze und öffentliche Gewaltaufrufe gegen Einzelpersonen wegen ihrer zum Beispiel ethnischen oder religiösen Gruppenzugehörigkeit sind künftig vom Verhetzungstatbestand umfasst. Früher war es erforderlich, dass sich derartige Angriffe gegen die gesamte Bevölkerungsgruppe richten.
Transparentes Meldeverfahren
Auf den jeweiligen Plattformen befindet sich eine ständig erreichbare und leicht handhabbare Meldemöglichkeit. Gemeldete Inhalte müssen je nach der Eindeutigkeit des strafbaren Inhaltes innerhalb von 24 Stunden bis zu 7 Tagen von den Plattformen gelöscht werden. In einem weiteren Schritt steht der Gang zu behördlichen Beschwerdestelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH offen.
Zustellungsbevollmächtige•r
Plattformen sind nun verpflichtet, eine•n Zustellungsbevollmächtigte•n als Ansprechperson für österreichische Behörden, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger zu benennen.
Empfindliche Geldbußen
Bei systematischem Versagen der Plattformverantwortlichen gegen Hass im Netz drohen Geldbußen bis zu zehn Millionen Euro, damit auch Milliardenkonzerne den Opferschutz ernst nehmen.
Ausgewählte Rechtsfragen zu „Hass im Netz“ im Überblick
Hasspostings können unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen und durchsetzbare Ansprüche auslösen. Häufig kann ein Hassposting sowohl zivilrechtliche, als auch straf- oder medienrechtliche Konsequenzen haben. Beispielsweise könnten durch ein Posting Straftatbestände wie Cybermobbing oder Verhetzung erfüllt werden. Zugleich könnte das Posting einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch und einen medienrechtlichen Entschädigungsanspruch des Opfers auslösen.
Eine Übersicht der wichtigsten Regelungen inkl. Informationen und weiterführenden Links finden sie HIER. Eine übersichtliche Broschüre zum Thema „Hass im Netz“ können sie HIER als Pdf downloaden.
Quelle
[1| https://de.wikipedia.org/wiki/Hasskommentar
(Bilder: AdobeStock)