Die Nieren gehören zu jenen Organen des menschlichen Körpers, bei denen eine Fehlfunktion oder ein Organschaden die Lebensqualität ganz massiv herabsetzt. In Österreich haben geschätzte 200.000 Menschen eine eingeschränkte Nierenfunktion und mehr als 9.000 davon leiden an chronischem Nierenversagen. Das birgt gefährliche Konsequenzen für die Betroffenen: Blutdruck, Hormon- und Vitaminhaushalt sowie das Blutgerinnungssystem verändern sich. Die Krankheit kann zu Nierenversagen und Tod führen, wenn sie nicht behandelt wird. In diesem Sinn gilt auch der Appell, trotz der Covid-19-Pandemie keine Vorsorge bzw. Arzttermine aufzuschieben!
Die „Bohnen“ in unserem Körper
Die Nieren sind rötlich-braune, paarig angelelgte Organe des Harnsystems mit bohnenähnlicher Form. Sie haben eine Länge von 10 bis 12 cm, eine Breite von 5 bis 7 cm und eine Dicke von 3 bis 5 cm. Das Gewicht einer Niere variiert zwischen 120 und 200 Gramm. Die Nieren liegen links und rechts der Wirbelsäule in etwa unterhalb des Rippenbogens, wobei die rechte Niere aufgrund ihrer Nachbarschaft zur Leber etwas tiefer liegt. Auf beiden Nieren sitzt jeweils eine Nebenniere.
Die Nieren sind sehr empfindliche Organe. Zu ihrem Schutz von einer Hülle aus Faser- und Fettkapsel sowie einem bindegewebsartigen Sack [Faszie] umgeben. Diese Strukturen setzen sich unter anderem aus Binde-, Muskel- und Fettgewebe zusammen. Die Hauptfunktion der Nieren besteht in der Blutreinigung, der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts sowie des Säure-Basen-Gleichgewichts, der Regulation des Blutdrucks und der Bildung von Hormonen. Die Nieren sind mit dem Harnleiter – einem bis zu 35 cm langen Muskelschlauch – verbunden, der den Urin schließlich in die Harnblase leitet, wo dieser gesammelt und schließlich ausgeschieden wird.
Früherkennung besonders wichtig
Laut der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie [ÖGN] leiden, wie eingangs bereits erwähnt, zumindest 200.000 Menschen in Österreich an einer chronischen Niereninsuffizienz, wobei die Dunkelziffer bei bis zu 900.000[1] liegt. Als chronische Niereninsuffizienz, sprich Nierenschwäche, bezeichnen Medizinerinnen und Mediziner das Nachlassen der Funktion dieses Organs. Dies passiert nicht plötzlich, sondern schreitet langsam fort. Meist sind beide Nieren betroffen und schließlich werden die ausreichende Filterung sowie Reinigung des Blutes unmöglich und Schadstoffe sammeln sich im Körper. Oder anders formuliert: die Risiken dieser Erkrankung dürfen auf keinen Fall unterschätzt oder auf die leichte Schulter genommen werden. Daher sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen besonders wichtig.
Ein klassischer Parameter zur Bestimmung der Nierenfunktion ist die glomeruläre Filtrationsrate [GFR]. Sinkt die GFR unter den Normwert, liegt eine Funktionseinschränkung vor, die einer genauen Abklärung bedarf. Die häufigsten Ursachen für die Entstehung der chronischen Niereninsuffizienz [CKD] stellen Bluthochdruck und Diabetes dar. Daher muss man die Grunderkrankung erkennen und eine optimale Blutdruck- und Blutzuckereinstellung erzielen.
Besonders wichtig ist daher die Früherkennung: Personen mit hohem Blutdruck, Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen sowie bei familiärer Disposition [Anmerkung: Fälle von dialysepflichtiger Niereninsuffizienz in der Familie] sollten einmal pro Jahr Nierenfunktion und Harn kontrollieren lassen. Eine jährliche Vorsorgeuntersuchung bei der Hausärztin bzw. beim Hausarzt kann Hypertonie und Diabetes frühzeitig erkennen – und nur so ist auch eine frühzeitige Behandlung möglich. Betroffene selbst können zur Prävention von Nierenerkrankungen außerdem aktiv beitragen, indem sie sich ausgewogen ernähren und ausreichender körperlicher Aktivität nachgehen – #BewegungISTgesund!
Ziel: Nierenersatztherapie massiv reduzieren
Eine Niereninsuffizienz kann zu Nierenversagen und Tod führen, wenn sie nicht behandelt wird. Viele Patientinnen und Patienten erhalten daher künstliche Blutwäsche [Dialyse] oder müssen sich einer Nierentransplantation unterziehen. Für die Zukunft erhoffen sich Expertinnen und Experten neue Möglichkeiten durch moderne Therapieoptionen. Diese ermöglichen die Beeinflussung von bisher wenig beachteten Zusammenhängen [zum Beispiel bei Komorbiditäten wie Herzinsuffizienz oder Diabetes] und ebnen so Wege für neue Therapieansätze.
Niereninsuffizienz und Corona, Impfempfehlung
Auch oder besonders in Zeiten von Corona sollte man den Weg in die Arztpraxis nicht scheuen, um bei der Diagnostik bis zum eventuellen Einleiten einer Therapie keine Zeit zu verlieren. Denn wichtig wäre die Früherkennung, appellieren Medizinerinnen und Mediziner in Österreich. Laut internationalen Studien verläuft für jede fünfte Dialysepatientin bzw. für jeden fünften Dialysepatienten die Infektion mit SarS-CoV-2 tödlich.[2]
Das neue Österreichische Dialyse- und Transplantationsregister [ÖDTR] hat seit Beginn der Pandemie aktuelle Covid-Infektions- und Mortalitätszahlen erhoben und somit auch dazu beigetragen, dass bereits im April 2020 aktuelle Empfehlungen der ÖGN zum besonderen Schutz der Dialysepatientinnen und -patienten geführt haben. Entsprechend dem nationalen Impfgremium empfiehlt auch die ÖGN eine Priorisierung zur Covid-Impfung von niereninsuffizienten [ab Stadium 3B], dialysepflichtigen oder nierentransplantierten Patientinnen und Patienten[3] – damti das Motto „Lebensqualität mit einer Nierenerkrankung“ auch gelebt werden kann.
Quellenangaben
[1] ÖGN, Zukunftsbericht Nehrologie 2018
[2] Covid-19-Prävalenz und -Sterblichkeit bei dauerhaft dialysepflichtigen Patienten. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 195-6; DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0160; Online First
[3] NEPHRO Script 01/2021 [Seite 4]
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