Sagt ihnen „Nucleus accumbens“ etwas? Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftern vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit der Goldsmith University London hat das Geheimnis des „Aha-Moments“ gelöst. Wenn Menschen etwa ein Rätsel durch einen Geistesblitz lösen, wird im Gehirn die stimmungsaufhellende Substanz Dopamin verstärkt freigesetzt. Dadurch wird ein tiefliegender Teil des Gehirns aktiviert. Die ForscherInnen konnten den Nucleus accumbens, eine Kernstruktur im unteren Vorderhirn, als zentrale Region für das so genannte „Aha-Erlebnis“ identifizieren.
Tiefer Blicks ins Gehirn
„Diese Gehirnregion steht mit dem Geistesblitz bzw. Moment der plötzlichen Erkenntnis in enger Verbindung und kann die ekstatische Freude erklären, die mit der Lösung eines kreativen Problems einhergeht. Nehmen wir nur das Beispiel von Archimedes, der aus seinem Bad springt und ‚Heureka‘ ruft“, sagt Martin Tik vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MedUni Wien. Studienleiter Christian Windischberger erklärt weiter: „Indem wir modernste funktionelle Magnetresonanztomographie verwenden, sind wir in der Lage, tief in das Gehirn hineinzuschauen und im Detail zu erforschen, welche Areale beim Problemlösen aktiv sind.“
Wenn der Nucleus accumbens „vor Freude tanzt“
Bei der Lösung des Problems und dem damit einhergehenden „Aha-Erlebnis“ war insbesondere der Nucleus accumbens verstärkt aktiviert. Er ist Teil eines dopaminergen Netzwerks, das aktiviert wird, wenn Freude oder Belohnung empfunden wird. Dopamin wiederum ist für die Kommunikation zwischen diesem Netzwerk und anderen Gehirnregionen, die mit wichtigen Funktionen wie Emotionen, Gedächtnisprozessen oder Aufmerksamkeit zusammenhängen, verantwortlich. „Unsere Forschungsergebnisse zeigten neben Aktivierung von Arealen der Aufmerksamkeit, Sprachverarbeitung und Gedächtnis eine plötzliche, deutlich verstärkte Aktivierung des Nucleus accumbens, wenn das Lösen des Rätsels mit einem ‚Aha-Erlebnis‘ und somit einem Moment intensiver Freude und Erleichterung einherging“.
Die Aufgabe
Die Studie wurde an der Medizinischen Universität Wien durchgeführt und umfasste 30 Versuchspersonen. Diese wurden gebeten, anspruchsvolle Worträtsel zu lösen, wie zB ein Wort zu finden, das mit drei vorgegebenen Wörtern sinnvoll in Verbindung gebracht werden kann (zB „Haus“, „Rinde“, „Apfel“ – Lösungswort war „Baum“ – „Baumhaus“, „Baumrinde“, „Apfelbaum“). Im Zuge dieser Untersuchung wurden von den StudienteilnehmerInnen jeweils 48 solcher Rätsel bearbeitet. Sobald sie die Lösung gefunden hatten, drückten die StudienteilnehmerInnen einen Knopf und beschrieben ihr „Aha-Erlebnis“.
Dopamin als Motor für Neugier und Lernwille
Es konnte gezeigt werden, dass Dopamin nicht nur als Botenstoff im Zuge von Belohnungsprozessen dient – wie etwa auch bei Sex, Essen oder Geld. Vielmehr ist Dopamin auch für zielgerichtetes, motiviertes Herangehen an anspruchsvolle Problemstellungen notwendig, was sich in Form von Neugier und Lernwille äußert.
„Unsere Ergebnisse weisen auf eine enge Beziehung zwischen Dopamin, freudiger Erregung und Kreativität hin. Außerdem zeigen sie uns Abläufe im Gehirn, die uns erklären, warum eine Lösung, welche mit einem ‚Aha-Erlebnis‘ einhergeht, einprägsamer ist und wie hierbei die Speicherung im Langzeitgedächtnis erleichtert und verstärkt wird. Somit ist ein ‚Aha-Moment‘ mehr als nur ein einfaches Gefühl der Freude oder Erleichterung, er ist stattdessen eine spezielle Form von schnellem Wiederabrufen, Kombinieren und einem finalen Kodierungsprozess. In zukünftigen Studien wollen wir untersuchen, wie wir Menschen, etwa bei schweren psychiatrischen Erkrankungen, mittels Hirnstimulationsverfahren (transkranielle Magnetstimulation, TMS) helfen können, diese Momente wieder zu erleben.“
Service
Studie: „Ultra-high-field fMRI insights on insight: Neural correlates of the Aha!-moment“. Martin Tik, Ronald Sladky, Caroline Di Bernardi Luft, David Willinger, André Hoffmann, Michael Banissy, Joydeep Bhattacharya, Christian Windischberger. DOI: 10.1002/hbm.24073.
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