Wer sich mit dem Thema Darmgesundheit beschäftigt, kommt eher früher als später am Begriff „Mikrobiom“ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vorbei. Was das Mikrobiom eigentlich ist, wofür wir es brauchen und wie wir ihm mit unserer Ernährung Gutes tun können, erklärt Mikrobiom-Forscherin Gabriele Berg in der neuen Folge des Podcasts „Wer nichts weiß, muss alles essen„.
Die Vielfalt der Lebensmittel spiele dabei ebenso eine Rolle wie ihre Herkunft, sagt die Professorin der TU Graz. Und räumt mit Halbwissen zum Thema auf: „Die meisten assoziieren das Wort ‚Mikrobiom‘ mit Bakterien und damit mit einer Krankheit. Das Mikrobiom ist aber kein Krankheitserreger, sondern ganz im Gegenteil: Es ist vielmehr so etwas wie ein ‚Gesundheitserreger‘.“
Mikrobiome sind überall
Das Mikrobiom bezeichnet ganz grundsätzlich die Gesamtheit aller Mikroorganismen in einem Menschen, einem Tier oder einer Pflanze. Zu den Mikroorganismen zählen etwa Bakterien, Archaeen und Pilze. Auch Viren gehören zu jedem Mikrobiom. Es umfasst nach heutigen Schätzungen etwa 39 Billionen dieser Mikroorganismen – das liegt in der Größenordnung der Zellzahl eines erwachsenen „Standardmenschen“, die auf 30 Billionen geschätzt wird. Die meisten dieser Mikroorganismen leben im Darmtrakt, Stichwort Darmflora. Daneben ist aber auch die Hautoberfläche [Hautflora] und die Schleimhaut aller Höhlungen des menschlichen Körpers, die mit der Außenwelt direkt oder indirekt in Verbindung stehen, besiedelt, wie Mundhöhle, Nasenhöhle, Nasennebenhöhlen, Paukenhöhlen, Scheide und andere.
Darmmikrobiom beeinflusst sowohl Körper als auch Psyche
Das Darmmikrobiom beeinflusst viele Bereiche der menschlichen Gesundheit. Es wirkt sich unter anderem auf das Immunsystem, die Verdauung und den Stoffwechsel aus. Auch unser psychisches Wohlbefinden wird durch das Mikrobiom beeinflusst. Wie das optimale Mikrobiom aussieht, kann allerdings [noch] nicht eindeutig gesagt werden. Wichtig ist aber jedenfalls die Vielfalt: Ein gesundes Darmmikrobiom besteht dem zufolge aus möglichst vielen verschiedenen funktionalen Mikroorganismen.
Ein Apfel, Millionen von Mikroorganismen
Der Grundstock für das Mikrobiom wird bereits bei der Geburt gelegt. Im Laufe des Lebens verändert es sich jedoch stark. Bei Neugeborenen ist die Vielfalt [Biodiversität] am geringsten, steigt dann mit der Einführung fester Nahrung an und stabilisiert sich etwa im Alter von 2–3 Jahren. Im höheren Alter nimmt die Vielfalt wieder ab. Eine geringere Vielfalt im Darmmikrobiom wird oft mit verschiedenen chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht, wobei die genaue Ursache oft noch unklar ist.
Wie es sich verändert, wird dabei zu einem guten Teil von unserem Immunsystem bestimmt. Hauptsächlich wird unser Mikrobiom jedoch von unserem Lebensstil und unserer Ernährung beeinflusst. Denn mit jedem Lebensmittel nimmt man auch dessen Mikrobiom zu sich. Isst man zum Beispiel einen Apfel, dann isst man in etwa 100 Millionen Mikroorganismen mit.
Regionale Vielfalt für ein gesundes Mikrobiom
Mit einer vorwiegend pflanzlichen vielfältigen und abwechslungsreichen Ernährung kann das Darmmikrobiom in Balance gehalten werden. Ballaststoffreiche Lebensmittel, viel Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sowie fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Buttermilch, Miso oder Sauerkraut unterstützen die Vielfalt des Darmmikrobioms. Vor allem der Verzehr von Obst und Gemüse, insbesondere in roher Form, kann sich positiv auf die Vielfalt des Darmmikrobioms auswirken.
Aber auch die Herkunft der Lebensmittel macht einen großen Unterschied. Je frischer Obst und Gemüse sind, desto wertvoller sind sie für unser Mikrobiom. Regionales Obst und Gemüse schafft es in der Regel schneller vom Feld auf den Teller und ist daher auch besser für unser Mikrobiom als solches, das über weite Strecken transportiert und lange gelagert werden muss.
Zwillingsstudien führten zu der Erkenntnis, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms allerdings nicht nur von Umweltfaktoren [Ernährung, Medikamentengabe und anderes] abhängt, sondern auch durch genetische Faktoren mitbestimmt wird. Kürzlich wurde gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und den Komponenten des Darmmikrobioms besteht.
Service
Mehr Informationen zum Thema Mikrobiom und Darmgesundheit können sie sich in der Podcastfolge „Mikrobiom: die Welt im Darm“ anhören. Darin erzählt Gabriele Berg im Gespräch mit Maria Fanninger allerlei Wissenswertes rund um unsere Darmgesundheit und das Mikrobiom.
(Bilder: AdobeStock)