Neben einem erheblichen persönlichen Leid durch Schmerzen, Immobilität und soziale Isolation hat Osteoporose auch eine bedeutende volkswirtschaftliche Komponente, da diese Erkrankung aufgrund der Folgeerscheinungen wie Knochenbrüche hohe Kosten verursacht. Neuesten Untersuchungen zufolge erleiden jährlich allein in Österreich 93.000 – 94.000 Menschen über 50 Jahre eine osteoporotische Fraktur, diese kann zur dauerhaften Immobilität vor allem bei geriatrischen Patientinnen und Patienten führen.
Man nimmt an, dass zirka 750.000 Menschen über 50 Jahren von einer Osteoporose betroffen sind. Diese Erkrankung trifft in zwei Drittel der Fälle Frauen und tritt meistens nach der Menopause auf, währenddessen bei Männern hauptsächlich sekundäre Ursachen, wie zum Beispiel chronischer Alkoholismus oder langjährige Cortisonbehandlung, eine Rolle spielen.
Was ist Osteoporose eigentlich genau?
Das Skelett dient als Stütze unseres Körpers, dem Schutz wichtiger Organe sowie als Speicherorgan für diverse Mineralstoffe, vor allem Kalzium und Phosphat. Die Knochen unseres Skeletts bestehen aus einem „Gerüst“, das ihnen Form und Stabilität verleiht, und verschiedenen Mineralstoffen, die in diese eingelagert werden. Das macht sie dichter und stabiler. Um sich wechselnden Bedingungen anzupassen, befinden sich die Knochen in einem ständigen Auf-, Ab- und/ oder Umbau.
Es gibt Zellen, die für den Aufbau der Knochen zuständig sind, sogenannte Osteoblasten, und Zellen, die die Knochensubstanz abbauen und die darin enthaltenen Mineralstoffe freisetzen [Osteoklasten]. Auf- und Abbau befinden sich ungefähr im Gleichgewicht, verschieben sich aber bei Bedarf in die eine oder andere Richtung. Wird beispielsweise im Wachstum oder durch vermehrte Beanspruchung bei Sport oder Arbeit ein stabilerer Knochen benötigt, überwiegen Prozesse, die den Knochen aufbauen. Bei mangelnder Beanspruchung überwiegt der Knochenabbau, zum Beispiel bei Patientinnen und Patienten, die lange bettlägerig sind. Auch bei einem Kalziummangel überwiegen mitunter die knochenabbauenden Prozesse, um Kalzium aus der Knochensubstanz verfügbar zu machen.
Bis ungefähr zum 35. Lebensjahr wird normalerweise insgesamt mehr Knochenmasse aufgebaut als abgebaut. Ab dem 35. Lebensjahr überwiegt dann allmählich der Knochenabbau und beschleunigt sich mit dem Alter. So verlieren gesunde, ältere Menschen pro Jahr etwa 0,5 bis ein Prozent ihrer Knochenmasse. Aber auch andere Einflüsse, wie Bewegungsmangel, hormonbedingte Erkrankungen oder bestimmte Medikamente, bewirken häufig, dass der Knochenaufbau gehemmt und/ oder der Knochenabbau gefördert wird. Schwindet die Knochenmasse schließlich unter ein bestimmtes Maß, entsteht Osteoporose. Die Patientinnen und Patienten verlieren im Extremfall pro Jahr bis zu sechs Prozent ihrer Knochenmasse.
Wer ist von Osteoporose betroffen?
Osteoporose tritt zumeist im höheren Alter auf. Dabei zeigt sich auch ein Unterschied zwischen den Geschlechtern: Etwa jede dritte Frau nach den Wechseljahren und „nur“ jeder fünfte ältere Mann leiden unter Knochenschwund.
Fast alle Patientinnen und Patienten [95 Prozent] haben eine sogenannte primäre Osteoporose: Sie entsteht entweder durch den Östrogenmangel nach den Wechseljahren [bei Frauen] oder durch den erhöhten Knochenabbau im höheren Alter [beide Geschlechter]. Nur bei etwa fünf Prozent der Osteoporose-Patient•innen ist der Knochenschwund die Folge von anderen Erkrankungen oder von Medikamenten [sekundäre Osteoporose]. Hier sind mehr als die Hälfte der Betroffenen Männer.
Bei jungen Menschen tritt Osteoporose hingegen äußerst selten auf, Ärztinnen und Ärzte sprechen dann von einer juvenilen Osteoporose. Hier handelt es sich entweder um eine primäre Osteoporose unbekannter Ursache oder um eine sekundäre Osteoporose im Zuge der Einnahme bestimmter Medikamente.
Herausforderung für Diagnose und Therapie
Osteoporose stellt eine interdisziplinäre Herausforderung in Diagnose und Therapie dar. Neben der klinischen Diagnostik spielt dabei auch eine breite Palette an Labormethoden sowie der Einsatz technischer Geräte eine wichtige Rolle. „Ziel sollte es sein, Vorstufen dieser Erkrankung möglichst frühzeitig zu entdecken, präventive Maßnahmen zu initiieren und betroffene Patientinnen und Patienten zielgerichtet und individualisiert zu behandeln und das Ansprechen der Behandlung zu evaluieren. In diesem Setting spielt die Nuklearmedizin eine wichtige Rolle,“ erklärt Univ.-Prof. Dr. Michael Gabriel, Präsident elect der Österreichischen Gesellschaft für Nuklearmedizin und Molekulare Bildgebung [OGNMB].
Im Rahmen einer Osteoporose Abklärung erfolgt primär eine ausführliche Befragung der Patientinnen und Patienten mit einer entsprechenden Risikoabschätzung, eine Knochendichtemessung und die Bestimmung von für den Knochenstoffwechsel relevanten Laborparametern. Bei Bedarf wird auch eine Skelettszintigraphie mit dem SPECT-CT [nuklearmedizinische Untersuchungstechnik zum Nachweis von bereits bestehenden osteoporotischen Frakturen – zum Beispiel in der Lendenwirbelsäule] eingesetzt.
„Goldstandard zur Feststellung, ob eine Osteoporose vorliegt, ist die Knochendichtemessung, auch Osteodensitometrie oder DEXA bezeichnet. Diese Untersuchung ist eine Art Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule und der Hüftregion, wobei hier die quantitative Messung der Knochendichte im Vordergrund steht. Diese Methodik spielt sowohl für die Erstabklärung wie auch für die Verlaufsbeurteilung unter Therapie eine wichtige Rolle, ist nicht belastend und weist nur eine sehr geringe Strahlenbelastung auf. Darüber hinaus werden für die Diagnose und Therapieentscheidung auch klinische Faktoren, wie Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen und bestimmte Blutwerte herangezogen“, führt Professor Gabriel, Vorstand, Institut für Nuklearmedizin und Endokrinologie, Kepler Universitätsklinikum Linz, aus.
Eine Knochendichtemessung wird in Krankenhäusern mit radiologischer oder nuklearmedizinischer Abteilung oder in speziellen Diagnose-Instituten durchgeführt. Auch die Befundbesprechung erfolgt durch die Fachärztin•den Facharzt für Nuklearmedizin. „Gerade was den technischen Support zur Feststellung der Knochendichte anlangt, besteht an vielen nuklearmedizinischen Abteilungen eine hohe fachliche Expertise, die es ermöglicht, den Schweregrad dieser systemischen Skeletterkrankung und das Ansprechen auf therapeutische Maßnahmen festzustellen„, ergänzt Univ.-Doz. Dr. Hans Jürgen Gallowitsch, Präsident der OGNMB, 1. Oberarzt der Abteilung für Nuklarmedizin und Endokrinolgie am PET-CT Center in Klagenfurt.
Was sind die Symptome der Osteoporose?
Osteoporose entwickelt sich meist langsam. Anfangs haben Betroffene daher im Allgemeinen keine Beschwerden. Erst im weiteren Verlauf treten Schmerzen auf, beispielsweise im Rücken oder den Beinen – insbesondere am Knie. Sie werden oft nicht als erste Osteoporose-Symptome erkannt. Bei einigen Patient•innen macht sich die Osteoporose durch Knochenbrüche bemerkbar. Oft sind sie die Folge von unscheinbaren Verletzungen. So zieht unter Umständen schon ein kleiner, harmloser Sturz einen Unterarmbruch nach sich. Auch spontane Knochenbrüche ohne erkennbaren Anlass sind mögliche erste Osteoporose-Symptome.
Im fortgeschrittenen Stadium der Osteoporose treten Knochenbrüche vermehrt auf. Als typische Osteoporose-Symptome entpuppen sich oft hüftnahe Knochenbrüche, wie beispielsweise eine Oberschenkelhalsfraktur, Brüche des Ober- und Unterarmes sowie der Wirbelkörper [Wirbelkörperfraktur].
Die Ursachen – wie kommt es zu Osteoporose?
Wie bereits erwähnt, entsteht Osteoporose, wenn der Körper nicht genügend Knochenmasse aufgebaut hat, oder wenn er sie zu schnell abbaut. Dann können Knochen schon bei geringer Belastung brechen. Bei etwa einem von 20 Patient•innen tritt Osteoporose in Folge einer anderen Erkrankung auf. Das kann zum Beispiel bei einer rheumatoiden Arthritis, einer Hormonstörung, einer Schilddrüsenüberfunktion, Morbus Bechterew oder einer chronischen Magen-Darmerkrankung der Fall sein. In den meisten Fällen geht der Osteoporose jedoch keine andere Krankheit voraus.
Frauen erkranken häufig nach den Wechseljahren. Das liegt daran, dass die Produktion des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen nachlässt. Östrogen schützt die Knochen. Außerdem erhöhen folgende Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit für Osteoporose-bedingte Knochenbrüche:
- Knochenbrüche bei Vater oder Mutter
- Immobilität
- zu wenig Bewegung
- starke Neigung zu Stürzen
- kalziumarme Ernährung und zu wenig Vitamin D
- Zigaretten und Alkohol
- Untergewicht
- Bestimmte Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, systemischer Lupus erythematodes, Hormonstörungen
- Einnahme bestimmter Medikamente, vor allem Kortisonpräparate
Symptome bei Osteoporose – welche Warnsignale gibt es?
Bis es zu den ersten Knochenbrüchen kommt, verläuft die Osteoporose in der Regel unmerklich. Typische erste Anzeichen im frühen Stadium der Krankheit gibt es nicht. Selbst ein Knochenbruch der Wirbelkörper oder der Rippen kann unbemerkt bleiben. Durch die Verformung der Wirbelsäule nach einem Wirbelkörperbruch wird die Rückenmuskulatur falsch belastet und Rückenschmerzen entstehen oder durch Sintern [Zusammenbruch eines Wirbelkörpers durch eine verringerte Knochendichte] von Wirbelkörpern nimmt die Körperhöhe ab.
Bei den meisten Patientinnen und Patienten bereitet jedoch ein eingetretener Bruch, sei es an der Wirbelsäule oder der Hüfte, erhebliche Schmerzen. Daher ist bei Menschen ab 50 Jahren eine Untersuchung auf Osteoporose empfehlenswert, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- Knochen sind ohne große Krafteinwirkung gebrochen.
- es liegen Krankheiten vor, die sich auf die Knochen auswirken.
- bestimmte Risikofaktoren für Knochenbrüche sind vorhanden.
Diese Empfehlung beruht darauf, dass nach einem Osteoporose-bedingten Knochenbruch häufig innerhalb von zwölf Monaten ein weiterer Bruch auftritt. Ab einem Alter von 70 Jahren wird allgemein zu einer Basisdiagnostik der Osteoporose geraten. In diesem Alter ist auch wichtig, die Sturzneigung des Menschen zu überprüfen.
Die Therapie – wie wird Osteoporose behandelt?
Durch einen gesunden Lebensstil und bestimmte Verhaltensweisen lässt sich generell das Risiko einer Osteoporose-Erkrankung verringern. Menschen, die sich immer viel bewegt und kalzium- wie auch vitaminreich ernährt haben, leiden seltener an Osteoporose. Tritt die Krankheit auf, muss allerdings die Therapie schnell beginnen.
Medikamentöse Behandlung
Die gute Nachricht: Osteoporose ist behandelbar, Medikamente können das Voranschreiten der Krankheit stoppen. Wichtig in der Osteoporose-Therapie ist, dass die Patient•innen ausreichend Kalzium und Vitamin D zu sich nehmen. Wer sich ausgewogen ernährt, deckt seinen Kalziumbedarf mit der Nahrung. Vor allem Milch oder Milchprodukte enthalten viel Kalzium. Einen Mangel können Kalzium-Präparate ausgleichen.
Um dem Körper ausreichend Vitamin D zuzuführen, reicht die Nahrung in der Regel nicht aus. Dieses Vitamin kann der Körper allerdings selbst produzieren, wenn der Mensch sich lange genug im Sonnenlicht aufhält. Ist das nicht der Fall, kann die Ärztin•der Arzt ergänzende Mittel verordnen.
Darüber hinaus gibt es in der Behandlung von Osteoporose zwei unterschiedliche Strategien:
- Verhinderung des Knochenabbaus
- Förderung des Knochenaufbaus
Nicht-medikamentöse Behandlung
Wichtig für Osteoporose-Patientinnen und Patienten ist zudem Bewegung. Sportarten wie Tennis oder Volleyball beanspruchen die Knochen und haben positive Auswirkungen auf sie. Auch Krafttraining tut den Knochen gut. Ausdauersportarten wie Radfahren, Schwimmen, Wandern oder Nordic Walking bewirken an den Knochen nicht ganz so viel, doch es gilt: Jede Form von Bewegung ist besser als keine Bewegung – #BewegungISTgesund.
Auch Physiotherapie kann die Muskelkraft steigern. Zudem können Hilfsmittel sinnvoll sein, um die empfindlichen Knochen zu schützen, zum Beispiel Hüftprotektoren. Sie reduzieren unter anderem das Risiko von Oberschenkelhalsbrüchen.
Wer schlecht sieht, sollte zudem darauf achten, dass er eine gute Sehhilfe hat und sie vor allem trägt, um keine Stürze und in der Folge keine Knochenbrüche zu riskieren. Außerdem ist es sinnvoll, Stolperfallen in der Wohnung unschädlich zu machen.
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