Eine Studie* der Donau-Universität Krems zeigt, dass mittlerweile die Hälfte aller jungen Erwachsenen unter depressiven Symptomen leidet. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie untersucht das Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit die psychische Gesundheit der Bevölkerung.
Bereits im April, Juni und September zeigte sich ein Anstieg depressiver Symptome, Ängste oder Schlafprobleme. Eine neuerliche Studie, gefördert vom österreichischen Bundesverband für Psychotherapie [ÖBVP], belegt in den ersten Wochen des Jahres 2021 eine erneute Verschlechterung.
Psychische Gesundheit deutlich schlechter seit der letzten Erhebung
Vor wenige Tagen präsentierten Studienautor Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Leiter des Departments für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit, und Dr. Peter Stippl, Präsident des österreichischen Bundesverband für Psychotherapie, die neusten Studienergebnisse. Laut den aktuellen Zahlen leidet mittlerweile rund ein Viertel der heimischen Bevölkerung [26 Prozent] an depressiven Symptomen, 23 Prozent an Angstsymptomen und 18 Prozent an Schlafstörungen.
Die Studie rund um den Jahreswechsel umfasst eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe von rund 1.500 Österreicherinnen und Österreichern. „Seit der letzten Erhebung im September ist es zu einer neuerlichen deutlichen Verschlechterung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung gekommen. Diese Ergebnisse sind alarmierend,“ so der Studienautor Christoph Pieh.
Junge Erwachsene sind besonders stark belastet
Besonders gravierend sind die Ergebnisse bei jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die schon in den vergangenen Untersuchungen stets am stärksten belastet waren. Hier ist es zu einem sprunghaften Anstieg von rund 30 Prozent auf 50 Prozent gekommen. Des Weiteren sind unter anderem Frauen, Arbeitslose und Alleinstehende besonders betroffen.
Das zeigt sich auch in einem deutlichen Rückgang der Lebensqualität, die im Vergleich zur Untersuchung von 2019 um rund ein Fünftel abgenommen hat. Ausgenommen ist hier lediglich die Gruppe der über 65 Jährigen, die wie bei den vorangegangenen Studien am besten durch die Corona-Krise kommt. Menschen, die in einer Beziehung leben, ein gutes soziales Umfeld haben und regelmäßig Sport betreiben, sind ebenfalls vergleichsweise weniger belastet.
Unterschiedliche Auslöser für psychische Probleme
Die Ursachen für den Anstieg psychischer Probleme sind zweifelsohne vielfältig und individuell sehr unterschiedlich. Neben Sorgen um die eigene Gesundheit können Zukunftsängste, finanzielle Sorgen, Jobverlust oder Einsamkeit eine ausschlaggebende Rolle spielen.
„Als besonders belastend werden neben der Corona-Pandemie an sich die schwierige wirtschaftliche Lage sowie die Folgen und die Maßnahmen zur Eindämmung selbiger erlebt. Hilfreich werden hingegen unter anderem das familiäre oder das soziale Umfeld, generelle Techniken zur Stressbewältigung, Sport oder andere Hobbys erlebt,“ erörtert Pieh. Neben der Dauer der Pandemie dürfte allerdings auch der Erhebungszeitraum rund um Weihnachten und den Jahreswechsel eine Rolle spielen – eine Zeit, die generell „emotionaler“ erlebt wird als der Rest des Jahres.
Sehr schwere depressive Fälle verzehnfacht
„Die Entwicklung, die sich durch die Studie zeigt, ist besorgniserregend. Ein Viertel der Bevölkerung leidet mittlerweile unter depressiven Symptomen, bei den jungen Erwachsenen gar die Hälfte, während es im Jahre 2019 weniger als fünf Prozent waren,“ berichtet Pieh. Besonders deutlich ist die Veränderung bei den sehr schweren depressiven Fällen, die sich seit dem letzten Jahr sogar verzehnfacht haben.
„Die bisherigen Maßnahmen reichen offenbar nicht aus, um die psychische Gesundheit der Menschen in den Griff zu bekommen. Hier benötigt es ein Umdenken auf vielen Ebenen,“ so der ÖBVP-Präsident Dr. Peter Stippl.
Psychische Belastungen ernst nehmen
Wenn aber die Probleme zu groß werden, sollte das auf keinen Fall auf die leichte Schulter, sondern unbedingt Hilfe in Anspruch genommen werden. „Gerade in schweren Fällen ist eine professionelle Hilfe in der Regel notwendig, um die psychische Gesundheit wieder in den Griff zu bekommen,“ erklärt Studienautor Christoph Pieh. „Der deutliche Anstieg verdeutlicht die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit und bedarf einer raschen und speziell auf die aktuelle Situation angepassten Hilfe,“ empfiehlt Pieh.
Information und Service
Bei akuten psychischen Überlastungen steht ihnen die Helpline des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen [BÖP] von Montag bis Freitag 9 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer 01/ 504 8000 oder per Mail an helpline@psychologiehilft.at kostenlos und anonym für Entlastungsgespräche zur Verfügung.
Klinische Psychologinnen und Psychologen sowie Gesundheitspsychologinnen und Psychologen in ihrer Nähe finden sie ganz einfach über die Suchmaschine psychnet.at.
*Die Studie zum Thema psychische Gesundheit können sie HIER als Pdf [in englischer Sprache] downloaden.
(Bilder: Pixabay.com; Grafik: Donau-Universität Krems)