Gesundheitsminister Johannes Rauch gab vor kurzem ein „Long Covid-Update„: „Wir wissen inzwischen schon viel mehr über diese komplexe Erkrankung, aber bei weitem noch nicht alles. Es gibt weit über 200 Symptome, die sehr vielfältig sind – eines, mit dem viele Betroffene zu kämpfen haben, ist das Erschöpfungssyndrom. Eine lebensverändernde Erkrankung, die bis vor der Pandemie noch sehr wenig erforscht war. Auf Grund der Heterogenität dieses Symptomenkomplexes ist Long Covid vielfach noch eine Unbekannte,“ erklärt Rauch.
Die Impfung wirkt – auch gegen Long Covid
Besonders erfreut zeigt sich der Gesundheitsminister über eine aktuelle Meldung von Medizin Transparent/ Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems: „Personen, die zweifach geimpft sind und sich infizieren, haben möglicherweise nur ein halb so großes Risiko an Long Covid zu erkranken, wie Nicht-Geimpfte. Das sind gute Nachrichten – denn wir sehen einmal mehr: Die Impfung wirkt,“ so Rauch.
Das Gesundheitsressort ist zum Thema Long Covid bereits seit Frühjahr 2021 aktiv. Rauch gab auch einen Überblick über die Schritte, die aktuell gesetzt werden, um Betroffenen zu helfen. So wurde etwa im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit vom Gesundheitsministerium gemeinsam mit Ländern und Sozialversicherungen ein Versorgungspfad erarbeitet und vergangenen Oktober beschlossen. Die Behandlung von Personen mit Long Covid-Symptomen wird demnach vorrangig und niederschwellig von der Primärversorgung wahrgenommen.
Genau dafür wurde auch im Sommer die Erstellung der S1-Leitlinie der Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin [ÖGAM] zu Long-Covid von Seiten des Gesundheitsministeriums unterstützt. Diese Leitlinie wird derzeit aktualisiert und auf den neuesten Wissensstand betreffend Long Covid gebracht. Darin sind die Abklärung von Symptomen und deren adäquate Versorgung dargestellt.
Online-Tool für das schnelle[re| Erkennen von Long Covid
Das Gesundheitsministerium fördert dazu auch die Einrichtung eines Online-Tools, das sich an Hausärzt•innen richten. Behandler•innen sollen durch dieses Tool bestmöglich beim Umgang mit dieser komplexen Erkrankung unterstützt werden, um schneller und strukturierter Symptome von Long Covid zu erkennen und Patient•innen so effizient wie möglich zu Diagnose und Behandlung führen können.
Darüber hinaus widmet sich der Oberste Sanitätsrat im Gesundheitsministerium in einer eigens konstituierten Arbeitsgruppe dem Thema Long Covid. Auf Empfehlung dieser Arbeitsgruppe hat der Gesundheitsminister die GÖG beauftragt, eine exakte Problemerfassung samt Lückenidentifizierung in der Versorgung von Long Covid-Betroffenen aufzubereiten. Hierbei ist ein multidisziplinärer Ansatz unter Einbindung von Betroffenen sowie der Bereiche Arbeitsmedizin, Sozialversicherung, psychische Gesundheit und Kinder- und Jugendheilkunde essentiell. Ebenso wird die GÖG ein Informationsangebot für die Bevölkerung erstellen, um auch die von Long Covid Betroffenen direkt zu adressieren.
Was genau versteht man unter „Long Covid“?
Eine einheitliche Definition für Langzeitfolgen liegt bislang nicht vor. Der Begriff „Long Covid“ wurde zunächst in den sozialen Medien durch Personen geprägt, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion über lang anhaltende gesundheitliche Einschränkungen berichteten. Als Post Covid-Syndrom werden Beschwerden bezeichnet, die noch mehr als 12 Wochen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion vorhanden sind und nicht anderweitig erklärt werden können. Die bisher beobachteten Symptome sind dabei sehr unterschiedlich und reichen von schwerwiegenden Lungenschäden bei hospitalisierten Patient•innen über Entzündungsreaktionen und Veränderungen an verschiedenen Organen bis zu Atemnot, Fatigue [Post-Covid-Müdigkeit], Bewusstseinstrübungen und neurologischen Störungen. Gerade die Fatigue kann aber auch vermehrt nach milden Verläufen auftreten.
Die deutsche S1-Leitlinie „Post-/ Long-Covid“ vom Juli 2021 schätzte beispielsweise, dass bis zu 15 Prozent aller Covid-Kranken von Long-Covid-Symptomen betroffen sind. Eine im Oktober 2021 veröffentlichte Metaanalyse von 57 Studien mit insgesamt 250.351 Covid-Kranken ergab, dass mehr als die Hälfte der überwiegend hospitalisierten Patient•innen weltweit an mindestens einem Long-Covid-Symptom leidet. Einen Monat nach Diagnose berichteten 54 Prozent der Betroffenen über mindestens ein postakutes Folgesymptom, nach zwei bis fünf Monaten waren es 55 Prozent, nach sechs oder mehr Monaten 54 Prozent.
Wer ist besonders gefährdet und wie kann man sich davor schützen?
Personen, die schwer an Covid-19 erkrankten, leiden vermutlich häufiger an längerfristigen Symptomen als Personen, die zunächst „nur“ einen milden Verlauf hatten. Allerdings können auch Erkrankte mit zunächst milden oder sehr milden Covid-19-Verläufen langfristige gesundheitliche Symptome entwickeln. In einer Studie aus England mit zirka 4.000 Patient•innen konnte festgestellt werden, dass Personen, die während der Covid-19-Erkrankung an Durchfall litten, deren Geruchssinn eingeschränkt war und bei denen nur wenige Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen werden konnten, häufiger unter gesundheitlichen Langzeitfolgen von Covid-19 litten.
Auch zählen ein hohes Alter sowie körperliche und psychische Vorerkrankungen zu möglichen Risikofaktoren. Darüber hinaus sind Frauen [unabhängig vom Alter] überdurchschnittlich stark von gesundheitlichen Langzeitfolgen nach einer SARS-CoV-2-Infektion betroffen.
Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand ist der beste Schutz vor Long Covid das Vermeiden einer SARS-CoV-2-Infektion durch die Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen. Zunehmend gibt es auch Hinweise darauf, dass eine vollständige SARS-CoV-2-Schutzimpfung nicht nur vor schweren Verläufen einer Covid-19-Erkrankung schützt, sondern auch die Ausprägung von vorbestehenden Long Covid-Symptomen [bei Infektion vor Impfung] und auch im Zusammenhang mit Infektion trotz Impfung [Durchbruchsinfektion] mildert. Allerdings ist auch hier der Kenntnisstand noch nicht abgeschlossen.
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