Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) nehmen sich jährlich etwa eine Million Menschen das Leben. Weltweit übersteigt diese Zahl jene Opfer, die durch Mord und Krieg zu beklagen sind. Zusätzlich ist die Zahl der Suizidversuche etwa zehn- bis zwanzigmal höher als die der vollzogenen Suizide. Angesichts dieses erschreckenden Befundes hat die WHO gemeinsam mit der Internationalen Gesellschaft für Suizidprävention (IASP) den Weltsuizidpräventionstag begründet.
Connect – Communicate – Care
Das Thema des diesjährigen Weltsuizidpräventionstags lautet „Connect. Communicate. Care / Kontakt aufnehmen – offen kommunizieren – aktiv werden.“ Die wesentliche Botschaft lautet: Für suizidgefährdete Menschen ist es immer sehr hilfreich, wenn sie ein Gegenüber finden, mit dem sie offen über Verzweiflung und Suizidgedanken reden können.
Ältere Menschen mehr betroffen
Ältere Menschen ab 65 Jahre haben im Vergleich zur Gesamtbevölkerung eine deutlich erhöhte Suizidrate. 2014 haben sich in Österreich insgesamt 1.313 Menschen das Leben genommen. Mehr als ein Drittel aller Suizide entfallen auf Menschen im Alter über 65 Jahre. Im Jahr 2014 waren das 347 Männer und 135 Frauen. Das heißt, pro Tag nehmen sich in Österreich ein bis zwei ältere Menschen das Leben.
Am meisten gefährdet sind ältere Männer
Besonders gefährdet sind ältere Männer, die deutlich häufiger Suizide begehen als ältere Frauen. Männer über 85 haben eine fünfmal so hohe Suizidrate wie die Gesamtheit der österreichischen Männer. Trotz der hohen Suizidrate älterer Menschen wurden suizidpräventive Projekte für diese Bevölkerungsgruppe bisher leider vernachlässigt. Daher hab das Kriseninterventionszentrum Wien gemeinsam mit dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger das Projekt „Suizidprävention in der psychosozialen und medizinischen Versorgung älterer Menschen“ initiiert.
Hilferufe ernst nehmen!
Suizidäußerungen oder -handlungen sollten als Hilferuf betroffener Menschen verstanden werden. Dieser Hilferuf darf keinesfalls überhört werden. Ein zentrales Problem der Suizidprävention im Alter stellt die Tatsache dar, dass ältere Menschen Kriseneinrichtungen wie auch andere psychosoziale Hilfsangebote, gemessen an der Summe ihrer Probleme, selten in Anspruch nehmen. Daher kommt jenen Bezugspersonen, die in die Betreuung von älteren Menschen eingebunden und diesen vertraut sind, eine besondere Rolle zu.
Dazu gehören natürlich vor allem die Allgemeinmediziner, aber selbstverständlich auch Mitarbeiter ambulanter und stationärer Alten- und Krankenpflegeeinrichtungen. Es wurden Schulungsprogramme für diese Zielgruppen entwickelt, um diese in Suizidprävention zu qualifizieren und zu vernetzen. Ziel der Schulungen ist es, dass die Teilnehmer in der Lage sind, psychosoziale Krisen, Depressionen und suizidale Entwicklungen älterer Menschen zu erkennen und besser mit derartigen Situationen umgehen zu können.
Hohe Belastung für die Angehörigen
Eine weitere Zielgruppe des Projektes sind Angehörige älterer Menschen. Es wurde eine Broschüre erstellt, die sich an alle Personen richtet, die mit suizidgefährdeten älteren Menschen zu tun haben. Zusätzlich wurde die Broschüre „Krisen pflegender Angehöriger – Sie sind nicht allein!“ erstellt, die sich speziell den Problemen pflegender Angehöriger widmet. Auf Grund der hohen Belastung, derer sie sich oft nicht bewusst sind, sind diese Menschen besonders krisengefährdet, haben aber gleichzeitig oft eine große Scheu, sich Unterstützung zu holen. Nicht selten sind sie isoliert. Schuld- und Schamgefühle, hohe Ansprüche an sich selbst, aber auch gesellschaftliche Faktoren tragen zu dieser schwierigen Situation bei.
Beratungsangebote zur Suizid-Prävention über das Internet nutzen
Entgegen einem gängigen Vorurteil nutzen auch ältere Menschen zunehmend Angebote des Internets. Insofern ist es äußerst sinnvoll, älteren Menschen, die sich in Krisen befinden oder suizidgefährdet sind, ein Beratungsangebot über das Internet anzubieten. Dies umso mehr, als viele ältere Menschen Schwierigkeiten haben, eine telefonische oder persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Dies kann einerseits daran liegen, dass sie in ihrer Mobilität eingeschränkt oder aus anderen Gründen zurückgezogen und isoliert sind. Die Gründe dafür können aber auch mit Stigmatisierungsängsten, Informationsdefiziten und einem grundsätzlichem Vorbehalt, sich fremden Menschen anzuvertrauen, zusammenhängen.
Auf der neuen Website www.krisen-im-alter.at erhalten Betroffene und ihre Angehörigen leicht lesbare Informationen zu den Themen:
- Krisen können jeden Menschen betreffen
- Ursachen von Krisen und Suizidalität älterer Menschen
- Wie erkenne ich Zeichen der Depression und der Suizidgefährdung?
- Wo und von wem bekomme ich Hilfe?
- Tipps für Freude am Leben im Alter
- Unterstützung und Hilfe für suizidgefährdete ältere Menschen
Rasch und anonym
Besteht Bedarf an Kommunikation und praktischer Unterstützung, werden Betroffene, Angehörige und pflegende Angehörige direkt von der Website anonym und sicher im Sinne des Datenschutzes zur österreichweiten E-Mail-Beratung des Kriseninterventionszentrums weitergeleitet. Das Internet bietet durch seine rasche Verfügbarkeit und die Möglichkeit der Anonymität große Chancen, verzweifelte ältere Menschen und deren Angehörige besser mit einem Hilfsangebot zu erreichen.
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