„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, schrieb einst der Dichter Matthias Claudius. Dies trifft auf Menschen mit Behinderungen oft nicht nur im positiven Sinne zu, Stichwort Urlaub mit Hindernissen. Mangelnde Barrierefreiheit kann den Urlaubsfreuden von Menschen mit Behinderungen mitunter ein jähes Ende bereiten.
Spezifische Angebote oder sorgfältige Reiseplanung
Wollen sie nicht auf zielgruppenspezifische Angebote zurückgreifen, sind diese meist auf eine besonders sorgfältige Reiseplanung angewiesen. Dabei ist oft nicht klar ersichtlich, ob Angebote barrierefrei sind oder nicht. So werden beispielsweise Bezeichnungen wie „rollstuhlfreundlich“ benutzt, die aber keinen klaren Aufschluss darüber geben, ob das so bezeichnete Angebot tatsächlich für Menschen mit Rollstühlen nutzbar ist.
Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, dass den Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderungen auf Bundesebene regelt, ist nunmehr seit dem Jahr 2006 in Kraft. Es kommt unter anderem bei der Versorgung mit öffentlich angebotenen Gütern und Dienstleistungen zur Anwendung. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes kann die mangelnde Barrierefreiheit baulicher und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung sowie anderer gestalteter Lebensbereiche grundsätzlich eine verbotene Diskriminierung darstellen. Barrierefreiheit liegt dann vor, wenn diese Lebensbereiche für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Diskriminierung durch mangelnde Barrierefreiheit
In der Unterkunft selbst, aber auch bei der An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, kann es zu Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen durch mangelnde Barrierefreiheit kommen. Dabei beschränken sich die Barrieren oft nicht nur auf bauliche Barrieren. So können etwa Informationen aufgrund mangelnder Bereitstellung in Gebärdensprache für gehörlose Menschen oder durch Verwendung von komplizierter Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten unzugänglich sein.
Auch technische Hürden können den Zugang zu Information für Menschen mit Behinderungen unmöglich machen. So wandte sich aktuell eine blinde Klientin an die Behindertenanwaltschaft, die einen Flug mit Hilfe einer Handy-App nicht buchen konnte, da diese nicht mit den von ihr genutzten Screen-Reader kompatibel ist. Die Behindertenanwaltschaft wird die Klientin in einem Schlichtungsverfahren als Vertrauensperson begleiten und unterstützen. In einem sogenannten Schlichtungsverfahren wird versucht, einen Konfliktfall außergerichtlich beizulegen. Gelingt das nicht, kann in weiterer Folge Klage bei Gericht erhoben werden.
Des Weiteren sind die Rechte vom Menschen mit Behinderungen im Flug-, Bahn-, Bus- und Schiffsverkehr auf europäischer Ebene geregelt. Darüber hinaus hilft die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte – im Fall des Falles – bei der Durchsetzung dieser Ansprüche.
Wenn Barrierefreiheit selbst diskriminierend ist
Daneben sind die Vertragsstaaten gemäß der von Österreich ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichtet Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe an Erholungs-, Freizeit- und Sportaktivitäten zu ermöglichen.
Aber auch wenn Güter und Dienstleistungen barrierefrei bereitgestellt werden, kann dies unter diskriminierenden Bedingungen geschehen. So bot ein Hotel etwa barrierefreie Hotelzimmer nur in einer teureren Zimmerkategorie an, Zimmer in einer günstigeren Kategorie waren jedoch nicht barrierefrei verfügbar. In einem richtungsweisenden Urteil stellte das Handelsgericht Wien im Vorjahr fest, das in diesem Fall eine Diskriminierung im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes vorlag.
„Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht und darf keinesfalls eine aufpreispflichtige Sonderleistung sein. Trotz einiger positiver Entwicklungen gibt es diesbezüglich in Österreich noch viel Luft nach oben. Insbesondere relevante Akteurinnen in Politik und Wirtschaft sind zum Handeln aufgerufen. Es bedarf erhöhter Sensibilisierung. Abseits der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist es, angesichts der demographischen Entwicklung der Bevölkerung, auch wirtschaftlich sinnvoll auf Barrierefreiheit zu achten, nicht nur im Tourismus“, so Behindertenanwältin Christine Steger.
Hintergrundinformation
Die Behindertenanwaltschaft ist eine unabhängige staatliche Stelle, um Menschen mit Behinderungen bei Diskriminierung zu beraten und zu unterstützen – im täglichen Leben und in der Arbeitswelt.
Nähere Informationen über die Behindertenanwaltschaft finden sie HIER.
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