Zellalterung und Geweberegeneration – im von der Stadt Wien geförderten Projekt „Aging Tissue“ erforscht ein WissenschaftlerInnen-Team der FH Technikum Wien [FHTW] die Effekte des Alters auf die Regenerationsfähigkeit von Körpergewebe.
Die Lebenserwartung in den Industrieländern ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Mit zunehmendem Alter häufen sich jedoch auch altersbezogene Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, neurodegenerative Leiden, gewisse Krebserkrankungen oder Wundheilungs-Störungen. Die Regenerationsfähigkeit von Körpergewebe bzw. -zellen lässt mit zunehmendem Alter ebenfalls nach. „Es ist ein Thema, das jede und jeden von uns irgendeinmal treffen wird – etwa bei Knochen- oder Muskelverletzungen, oder wenn man einmal ein künstliches Gelenk benötigt,“ sagt Gordin Zupkovitz vom Forschungsschwerpunkt Tissue Engineering and Molecular Life Science Technologies der FHTW.
Welche Effekte das Alter auf die Regenerationsfähigkeit von Körpergewebe hat, will ein Forschungsteam der FHTW in einem von der Stadt Wien [MA23] geförderten Projekt nun genauer unter die Lupe nehmen. Der Fachbereich Tissue Engineering an Österreichs technischer Fachhochschule widmet sich bereits seit Jahren intensiv Methoden zur Konstruktion bzw. Züchtung künstlichen Gewebes. So entstanden beispielsweise Verfahren für die Generierung von Skelett- und Herzmuskel-, Nerven- und Knorpelgewebe. Dabei beschäftigen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch mit Modellen für die Geweberegeneration und mit mechanischer Zell-Stimulierung.
Zellalterung im Labor
Im Projekt „Aging Tissue“ sollen zunächst Methoden entwickelt werden, um Zellalterung im Labor künstlich nachzubilden. Grundsätzlich können Zellen auf zwei verschiedene Arten „altern“: indem sie entweder nach vielen Replikationszyklen oder stressbedingt den Teilungsprozess einstellen. Eine Häufung gealterter Zellen begünstigt auch die Entstehung gewisser Krankheiten, kann Entzündungen auslösen und sich negativ auf das Regenerationspotenzial auswirken.
Das Projektteam will den Alterungsprozess von Zellen im Labor anhand von 3D-Gewebestrukturen untersuchen. Dabei sollen die bereits an der FHTW entwickelten Verfahren dazu genutzt werden, um Möglichkeiten zur Beeinflussung der Alterung und der Regeneration von Geweben zu finden. In weiterer Folge hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Maßnahmen gegen altersspezifische Krankheiten wie Osteoarthritis oder Phänomene wie Muskelschwund ableiten zu können.
Stoßwellentherapie als mögliche Behandlung
Um die Geweberegeneration zu beeinflussen, gibt es bereits etablierte chemische und biophysikalische Verfahren. Zu den biophysikalischen Methoden zählen etwa sogenannte Stoßwellen – hochenergetische, akustische Wellen ähnlich dem Ultraschall, die etwa bereits in der Behandlung von Nierensteinen, bei der Wundregeneration oder auch bei Entzündungen sowie in der Schmerztherapie eingesetzt werden. Im Rahmen des Projekts will das WissenschaftlerInnen-Team die Effekte der Stoßwellentherapie [SWT] auf die Zellalterungsprozesse erforschen. „Wir wollen vor allem genauer untersuchen, was hier auf molekularem Niveau passiert,“ sagt Gordin Zupkovitz.
Die SWT-Methode zur Behandlung von Zellkulturen an der FHTW wurde von Anna Weihs entwickelt, die ab September dieses Jahres das AgingTissue-Team verstärken wird. Zum Projektteam zählen neben Zupkovitz außerdem noch Dorota Szwarc und Carina Hromada, die sich in ihren Dissertationen mit der Regeneration von Herz- bzw. Nervenmuskeln befassen.
Neben den biophysikalischen Methoden werden die WissenschaftlerInnen im Rahmen des Projekts außerdem gewisse Inhaltsstoffe in Nahrungsmitteln und deren Schutzeffekt für Zellen sowie den Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit analysieren. So produzieren beispielsweise einige essbare Pflanzen die Substanz Resveratrol als Reaktion auf Verletzungen oder Angriffen von Schaderregern. Das Projektteam will solche chemischen Verbindungen genauer untersuchen und darauf aufbauend die Effekte potenzieller Anti-Aging-Wirkstoffe in 3D-Gewebemodellen testen.
Erkenntnisse in der Lehre an der FHTW nutzen
„Zwar liegt der Fokus des Aging Tissue-Projekts auf der Forschung, doch sämtliche Erkenntnisse daraus sollen auch für die Lehre genutzt werden,“ sagt Zupkovitz. Das Technikum Wien bietet mit dem Masterstudiengang Tissue Engineering & Regenerative Medicine als einzige FH Österreichs ein spezifisches, berufsbegleitendes Studium in diesem Bereich an. Mit Biomedical Engineering gibt es an der FHTW auch ein thematisch assoziiertes Bachelor-Studium. Das Themengebiet Alterung soll zudem disziplinenübergreifend für andere Studiengänge der Fakultät Life Science Engineering aufbereitet und genutzt werden. Schließlich ist die Eingliederung der Forschungsergebnisse und der generellen Thematik für die Ausbildung in mehreren Fachbereichen und Studiengängen der FHTW relevant.
Über die FH Technikum Wien
Die FH Technikum Wien hat in den 27 Jahren ihres Bestehens 13.000 Absolventinnen und Absolventen hervorgebracht. Aktuell werden mehr als 4.400 Studierende in 12 Bachelor- und 18 Master-Studiengängen an Österreichs technischer Fachhochschule zu Spitzenkräften für die Wirtschaft ausgebildet. Die FH ist ein Netzwerkpartner des FEEI – Fachverband der Elektro-und Elektronikindustrie.
Web-Links
- Forschungsschwerpunkt Tissue Engineering and Molecular Life Science Technologies
- Masterstudiengang Tissue Engineering & Regenerative Medicine
- Bachelorstudiengang Biomedical Engineering
(Bilder: Pixabay.com, FHTW (2x))