Wir konsumieren zu viel Zucker. Zucker macht süchtig. Zucker macht krank. – Das sagen die einen. Die anderen halten dem wiederum entgegen, dass das alles nicht stimme, und Zucker unterm Strich ein wichtiger Energielieferant für unseren Körper sei. Grund genug, mal mit dem einen und anderen Zuckermythos aufzuräumen und aufzuklären.
Zu viel Zucker ist ungesund
Dass zu viel an Zucker ungesund ist, ist unbestritten. Aus diesem Grund haben SPAR, die Österreichische Ärztekammer, die Österreichische Adipositasgesellschaft, das vorsorgemedizinische Institut SIPCAN, die Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie, die Österreichische Anti-Aging-Gesellschaft sowie RAUCH Fruchtsäfte und Berglandmilch die zucker-raus-initiative, eine Allianz gegen zu viel Zucker, ins Leben gerufen.
„Zuckerreduktion passiert nicht von selbst“, resümierte SPAR-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerhard Drexel. „Wir brauchen dringend effiziente Maßnahmen. Es muss gehandelt werden, um die Überzuckerung unserer Gesellschaft einzudämmen. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit Ärzten, aber auch Lebensmittelherstellern die zucker-raus-initiative, die Allianz gegen zu viel Zucker, gegründet. Uns Initiatoren geht es darum, aufzuzeigen, dass eine Wende beim Zuckerkonsum möglich ist“.
„Als Vertreter der Ärzteschaft bin ich über jede Initiative glücklich, die Menschen dazu bewegt, sich gesünder und ausgewogener zu ernähren und die somit auch eine wichtige Rolle bei der Prävention von vermeidbaren Krankheiten einnimmt“, so der Präsident der Österreichischen Ärztekammer ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres.
Schwerwiegende Folgen für die Gesundheit durch zu viel Zucker
Prof. Dr. med. Markus Metka, Gynäkologe und Präsident der österreichischen Anti-Aging-Gesellschaft, mahnte: „In den letzten fünf Minuten der Menschheitsgeschichte haben wir verlernt, uns bewusst, gesund und richtig zu ernähren“. 33,4 Kilogramm Zucker in Rohform, in verarbeiteten Lebensmitteln oder Getränken nehmen Herr und Frau Österreicher jährlich zu sich[1]. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt weniger als zehn Prozent der täglichen Kalorien als Zucker aufzunehmen, noch besser wären nur fünf Prozent. Das sind 18,3 Kilogramm oder 9,1 Kilogramm Zucker pro Person pro Jahr. Pro Tag und Kopf bedeutet dies statt heute 92 Gramm eine empfohlene Zuckermenge von 50 beziehungsweise idealerweise 25 Gramm Zucker, sechs Teelöffel oder sechs Zuckerwürfel, die in Speisen oder Getränken enthalten sein sollten[2].
Viele Lebensmittel enthalten ein Vielfaches dieser empfohlenen Tagesmenge an Zucker. „Dies kann beispielsweise die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) hervorrufen. Hierbei handelt es sich um die weltweit häufigste Lebererkrankung, die zur Leberzirrhose und zum Leberkrebs führen kann. Übermäßiger Zuckerkonsum stellt für die Entstehung sowie auch für das Fortschreiten dieser Erkrankung einen wesentlichen Faktor dar. Eine Zuckerreduktion um lediglich 20 Prozent könnte eine Vielzahl dieser Erkrankungen verhindern“, erklärte Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Datz, Beirat für Ernährung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie, potentielle Auswirkungen des übermäßigen Zuckerkonsums.
Weniger Süße als Chance für die Gesundheit
„In Österreich nehmen derzeit acht von zehn Personen mehr Zucker zu sich als von der WHO vorgegeben[3]. Ein Grund hierfür ist, dass sich viele Konsumenten nicht bewusst sind, in welchen Produkten sich Zucker versteckt. Setzen wir heute keine Akzente, droht für viele Menschen eine Zukunft mit zB Übergewicht, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, erklärte Prim. Univ.-Prof. Dir. Dr. Friedrich Hoppichler, Vorstand des vorsorgemedizinsichen Instituts SIPCAN, die Gefahren des versteckten Zuckers. „Egal ob jung oder alt, jeder Mensch soll eine ehrliche Chance haben, sich an weniger Süße gewöhnen zu können. Im Speziellen aber unsere Kinder, denn gerade im Kindesalter manifestieren sich Ernährungsmuster“, ergänzt der Experte.
Fakt oder Mythos – hier finden sie es schwarz auf weiß
Zucker macht süchtig – Mythos
Dass Menschen eine grundsätzliche Präferenz für einen süßen Geschmack haben, ist genetisch bedingt und hat das Überleben der Menschheit gesichert. Eine explizite „Zuckersucht“ gibt es jedoch nicht. Zucker macht auch nicht abhängig. Für Suchtmittel als solche gibt es klare internationale Kriterien (ICD-10 Systematik – International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems): Anders als bei Opiaten, Kokain oder Tranquilizern ist Zucker demnach eindeutig keine Substanz mit Suchtpotenzial.
Das Märchen vom „versteckten Zucker“ – Mythos
Das Etikett auf den Lebensmitteln informiert klar über alle Nährstoffe. Seit den 1970er Jahren geben die Hersteller auf der Verpackung an, wie viel Fett oder Zucker in den Produkten enthalten ist. Wird Zucker bei der Herstellung eines Lebensmittels verwendet, ist er in der Zutatenliste angegeben. Dort ist er als „Zucker“ oder mit seinem spezifischen Namen je nach Art des Zuckers (zB Fruktose für Fruchtzucker) deklariert.
Darüber hinaus informiert die Nährwerttabelle über die Menge an Kohlenhydraten und davon die Gesamtmenge an natürlich vorhandenem und beigefügtem Zucker. Dieser Wert umfasst alle Arten von Zucker, die in Lebensmitteln vorhanden sind, also neben der Saccharose etwa auch Traubenzucker (Glukose), Fruchtzucker (Fruktose), Malzzucker (Maltose) oder Milchzucker (Laktose).
In diesem Sinn: Schauen sie auf die Verpackung 😉
Zucker an sich macht weder dick noch zuckerkrank – Fakt
Übergewicht und Adipositas sind in der modernen Gesellschaft häufig. Laut Österreichischem Ernährungsbericht 2017 sind bereits 41 % der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig bzw. adipös. Daran ist aber freilich nie ein einzelnes Lebensmittel oder ein einzelner Bestandteil der Ernährung „schuld“, sondern vielmehr ist es ein multikausales Zusammenspiel vieler Faktoren: einseitige und unausgewogene Ernährung, Stress, genetische Disposition, Schlaf- und vor allem Bewegungsmangel.
Die volkstümliche Bezeichnung „Zuckerkrankheit“ leitet sich von einem Hauptsymptom ab: Es wird zu viel Zucker (Glukose) im Blut und Urin nachgewiesen. Dem Zucker per se für Diabetes die Schuld zu geben, ist fachlich falsch. Laut International Diabetes Federation sind die Risikofaktoren für Diabetes mellitus Typ 2 neben der Ernährung, Übergewicht, Adipositas und ernährungsbedingten Erkrankungen wie Bluthochdruck, vor allem Bewegungsmangel und soziale, psychologische und genetische Faktoren.
Ausschlaggebend für Übergewicht ist die Kalorienbilanz – Fakt
Übergewicht ist insbesondere die Folge eines Ungleichgewichts von Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch. Vereinfacht gesagt: Wird dem Körper langfristig mehr Energie zugeführt als dieser verbraucht, entsteht Übergewicht. Hier spielen aber nicht nur Ernährungsgewohnheiten, sondern auch der Lebensstil eine wichtige Rolle. Wichtig für ein gesundes Leben sind nicht nur die Ernährungsgewohnheiten, sondern vor allem ausreichend Bewegung und ein aktiver Lebensstil insgesamt.
Die Ernährungsberichte der vergangenen Jahre zeigen auch, dass die tägliche Energieaufnahme relativ unverändert bei rund 2.000 Kalorien liegt. Während die tägliche Kalorienzufuhr also nahezu gleich bleibt, bewegen sich die Menschen immer weniger. Bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas spielt jedoch neben der Energieaufnahme auch der Energieverbrauch eine entscheidende Rolle.
Der Zuckerverbrauch nimmt seit Jahren stetig ob – Fakt
Laut Statistik Austria ist der jährliche Zuckerverbrauch pro Kopf seit 1994 von 41 kg auf rund 34 kg zurückgegangen. Laut Österreichischem Ernährungsbericht 2017 liegt die mittlere Kohlenhydrataufnahme bei knapp 45 Energieprozent (E%) der Gesamtenergiezufuhr. Die Aufnahme freier Zucker bei 16 E% bei Männern und 17 E% bei Frauen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, nicht mehr als 10 E%/ Tag über freie Zucker aufzunehmen. Laut Definition der WHO sind freie Zucker alle Mono-und Disaccharide, die Lebensmitteln zugefügt werden, sowie Zucker, der von Natur aus bereits in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten enthalten ist. Ausgenommen sind natürlich vorkommende Zuckerarten in Obst, Gemüse oder Milchprodukten.
Quellennachweis
[1] http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft
[2] https://www.who.int/mediacentre/news/notes/2014
[3] https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download
(Bilder: Pixabay.com)