„Menschen mit Diabetes gelten als Hochrisikokollektiv für Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen. Speziell die schleichende und chronische Herzschwäche [in der Medizin Herzinsuffizienz genannt] ist besonders tückisch, da sie lange unerkannt bleibt und die Leistungsfähigkeit und somit die Lebensqualität massiv einschränkt. Von zwei Diabetes mellitus Typ 2 PatientInnen bekommt einer im Lauf seines Lebens eine Herzinsuffizienz. Und gerade die Herzinsuffizienz ist viel zu oft für einen frühen Tod verantwortlich„, warnt die Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG), Univ. Prof.in Dr.in Alexandra Kautzky-Willer, von der Univ.-Klinik für Innere Medizin III, Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, an der Med Uni Wien und fügt hinzu: „Dabei kann eine einfache Blutuntersuchung mit Bestimmung eines Biomarkers schon früh Hinweise geben“.
Diabetes – ein Herzensanliegen
Menschen, die bereits einen Herzinfarkt hatten, haben ein besonders hohes Risiko, weitere Herz-Kreislauferkrankungen zu erleiden. Genauso hoch ist aber auch das Risiko von Menschen mit Diabetes.
„Wir beobachten, dass die Grenzen zwischen Primär- und Sekundärprävention von Herz-Kreislauferkrankungen bei PatientInnen mit Diabetes immer mehr verschwinden. Es ist notwendig, sich bei Menschen mit Diabetes genauso vorsorglich mit deren Herzgesundheit zu beschäftigen, wie bei Menschen, die bereits einen Infarkt hatten“, erklärt Assoz. Prof.in Priv. Doz.in Dr.in Yvonne Winhofer-Stöckl, PhD, von der Univ.-Klinik für Innere Medizin III, Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, an der Med Uni Wien und First Secretary der ÖDG.
Diabetes geht auch an die Nieren
Diabetes ist darüber hinaus noch immer häufigste Ursache für eine Nierenersatztherapie. Die sogenannte Dialyse kostet Lebensqualität und Lebenszeit, da sie mehrmals wöchentlich durchgeführt werden muss und es keinen Urlaub von dieser Therapie gibt – denn sogar Urlaubsziele müssen nach der Möglichkeit einer Dialyse vor Ort ausgewählt werden.
Eine weitere Form der Nierenersatztherapie stellt die Nierentransplantation dar. Aber auch hier gilt man nachher nicht als geheilt. Man muss nämlich lebenslang abwehrunterdrückende Medikamente einnehmen und hat ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten. Ein erster Hinweis für die Verschlechterung der Nierenfunktion ist, wenn im Harn Eiweiß gefunden wird. So zeigt sich, dass die Gefäße der Nieren nicht mehr so gut arbeiten.
Wie Herz und Nieren zusammenhängen
Ab dem Zeitpunkt, ab dem Eiweiß im Harn festgestellt wird, wird auch ein Anstieg des Risikos für Herz-Kreislauferkrankungen beobachtet – denn die Gefäßschädigungen finden in beiden Organen statt. Diese Gefäßschäden entstehen direkt durch den Blutzucker. Aber auch durch erhöhten Blutdruck und schädliche Blutfette, die beide typische Begleiterkrankungen des Diabetes mellitus Typ 2 sind.
Winhofer-Stöckl erläutert: „Zwischen Herz und Nieren herrscht ein enger Kreislauf. Das hormonelle und metabolische Zusammenspiel wirkt sich auf beide Organe aus. Oft treten erste Zeichen der Nierenschwäche mit ersten Zeichen einer Herz-Kreislauferkrankung auf.“
„Und leider wird ein beiden Problemen zu Grunde liegender Diabetes oft erst bei Komplikationen entdeckt„, ergänzt Kautzky-Willer.
Menschen mit Diabetes können selbst zu ihrer Herz- und Nierengesundheit beitragen
Die ÖDG-Präsidentin erklärt, was PatientInnen selbst tun können, um ihre Gesundheit trotz der chronischen Krankheit Diabetes möglichst lange zu erhalten:
- Tägliche Bewegung – #BewegungISTgesund,
- eine ausgewogene Ernährung, zum Beispiel die Umstellung auf mediterrane Kost,
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht,
- ein guter Biorhythmus mit ausreichend Schlaf und guter Resilienz [psychische Widerstandsfähigkeit],
- sowie ein sofortiger Rauchstopp
sind die wichtigsten Maßnahmen, die jede und jeder für sich selbst setzen kann. Hier zählt jeder Schritt! Jede Lebensstilveränderung leistet einen Beitrag zur Verringerung des Risikos von Folgeerkrankungen.
Die ersten Jahre der Diabeteserkrankung sind entscheidend
Eine frühe und konsequente Diabetestherapie zahlt sich aus. „Gerade in den ersten Jahren der Erkrankung können wir durch eine konsequente Therapie die Basis für ein langes und gesundes Leben trotz Diabetes legen. Zu Beginn der Erkrankung müssen wir die Behandlung intensivieren, um Jahrzehnte danach unseren Patientinnen und Patienten Lebenszeit und Lebensqualität schenken zu können“, so Winhofer-Stöckl.
Sämtliche Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen müssen von Anfang an beobachtet und optimal eingestellt werden. Für Blutzucker, Blutfette und Blutdruck gilt es die jeweiligen Zielwerte möglichst rasch zu erreichen und dann zu behalten. Beim Blutzucker steht hier der HbA1c-Wert im Zentrum, da er als Langzeitwert besonders aussagekräftig ist.
Eine optimale Diabetesbetreuung schützt auch Herz und Nieren
Abschließend betont Kautzky-Willer: „Unser Dogma in der Therapie hat sich über die Zeit gewandelt: Früher war die glukozentrische Sicht im Vordergrund, dann wurde die Bedeutung der multifaktoriellen Therapie mit Beachtung aller bereits genannten Risikofaktoren [Cholesterin, Blutdruck, Blutzucker, etc.] auch dank neuer Medikamente wie RAS Hemmer, Gerinnungshemmer, Statine und zuletzt PCSK9 Hemmer erkannt. Und jetzt stehen wir tatsächlich am Beginn der personalisierten, individualisierten Therapie mit neuen Antidiabetika mit Zusatznutzen.
Heute stehen uns Diabetesmedikamente zur Verfügung, die nicht nur den Blutzucker senken, sondern gleichzeitig auch günstige Auswirkungen auf Herz, Gefäßverkalkung oder Herzschwäche, und Nieren haben. Dies führt erwiesenermaßen zu einer höheren Lebenserwartung und besserer Lebensqualität. Das gilt aber nur, wenn eine Diabeteserkrankung rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt wird.“
Neuer Spot der ÖDG klärt über Diabetesfolgen auf
Auch in ihrem neuen Awarenessspot „Diabetes kann jeden treffen“ weist die Österreichische Diabetes Gesellschaft darauf hin, dass Diabetes fatale Folgen hat und die größte Gefahr bei Herz-Kreislauferkrankungen liegt:
Die ÖDG bedankt sich bei den Sponsoren: Abbott, AstraZeneca, Boehringer Ingelheim, Lilly und Novo Nordisk, die durch ihre freundliche Unterstützung diesen Aufklärungsspot ermöglicht haben.
(Bilder: Pixabay.com (2x), MedUniWien/ Mattern; Video: Youtube.com)