Spielt die Zusammensetzung der Körpermasse [Body Composition] eine Rolle bei Asthma? Schon seit längerem gibt es den Verdacht, dass eine Verbindung zwischen Adipositas und Asthma besteht. Neueste Ergebnisse der österreichweiten LEAD-Studie[1], der ganzheitlichen Langzeitstudie zur österreichischen Lungengesundheit, weisen nun erneut darauf hin.
Die LEAD-Studie, bei der eine große Stichprobe der Bevölkerung über einen langen Zeitraum hinweg beobachtet wird, bringt laufend wertvolle Erkenntnisse über Lungenerkrankungen und so auch über Asthma und die unterschiedlichen „Asthma-Profile“. Denn schon lange weiß man, dass Asthma nicht gleich Asthma ist.
Anlässlich des Welt-Asthma-Tages betont die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie [ÖGP] daher die Wichtigkeit, Asthma-Patientinnen und Patienten genau auf ihr Asthma-Profil hin zu untersuchen: In speziellen Zentren für schweres Asthma kann diese „Typenanalyse“ durchgeführt und darauf basierend die optimale, personalisierte Therapie erstellt werden.
Erkenntnisse über Asthma nehmen laufend zu
Asthma ist eine chronische entzündliche Erkrankung und tritt in allen Altersgruppen häufig auf. Rund 4,3 Prozent der gesamten Weltbevölkerung sind davon betroffen; in Österreich sind es Daten der LEAD-Studie zufolge 4,4 Prozent [der untersuchten Allgemeinbevölkerung, Frauen und Männer, 6 – 82 Jahre; 4,3 Prozent Männer, 4,8 Prozent Frauen.] Bei Kindern war und ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung überhaupt.
„Dank der LEAD-Studie haben wir erstmals Daten aus Österreich für die Allgemeinbevölkerung: Mit einer Gesamtprävalenz von 4,4 Prozent ist Asthma eine häufige Erkrankung aller Generationen. Interessant ist, dass sich in den neuesten Analysen eine altersabhängige Verschiebung von allergischem zu nicht-allergischem Asthma zeigte: Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen überwiegt allergisches Asthma, bei älteren Erwachsenen [ab dem 60. Lebensjahr] hingegen nicht-allergisches Asthma“, so Prim.a Priv.Doz.in Dr.in Robab Breyer-Kohansal, Abt. für Atmungs- und Lungenerkrankungen Klinik Hietzing, Wien, und Forschungsleiterin am Ludwig Boltzmann Institut für Lungengesundheit.
Höherer Körperfettanteil bei nicht-allergischem Asthma signifikant häufiger
Im Zuge der Studie wird auch ganz genau die Köperzusammensetzung, also die Verteilung von Fett – und Muskelmasse im Körper untersucht. Und hier zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang: Asthmatikerinnen und Asthmatiker haben ein höheres Gewicht und einen höheren BMI [Body Mass Index].
Breyer-Kohansal: „Innerhalb der Asthma-Phänotypen war Fettleibigkeit bei nicht-allergischen Asthmatikerinnen und Asthmatikern signifikant häufiger anzutreffen als bei allergischen [26,7 Prozent gegenüber 17,9 Prozent] und das nahm mit dem Alter zu. Dabei zeigte sich das viszerale Fett, also das Bauchfett, als besonders dominante Komponente.“ Kurz zusammengefasst: Vor allem ältere Patientinnen und Patienten, die an nicht-allergischem Asthma leiden, sind viel häufiger adipös als Gesunde.
Risikofaktor Adipositas?
Ist also starkes Übergewicht ein eindeutiger Risikofaktor für Asthma? Breyer-Kohansal: „Wie wir wissen, stellen Übergewicht und Adipositas bei einer Vielzahl von Erkrankungen erhebliche Risikofaktoren dar. Ob es aber beim Asthma auch so ist, das kann man noch nicht eindeutig sagen. Da Adipositas auch mit einer vermehrten Produktion von Entzündungsbotenstoffen durch das Fettgewebe einhergeht, was naturgemäß entzündliche Prozesse fördert, und da Asthma eine chronisch entzündliche Lungenerkrankung ist, wäre ein ursächlicher Zusammenhang jedoch durchaus denkbar.
So oder so: Übergewicht behindert jedenfalls per se die Atemfunktion und kann so schon Asthma-Beschwerden verstärken. Die brennende Frage lautet nun: Werden die Symptome seltener, das Asthma weniger belastend und leichter behandelbar, wenn adipöse Asthma-Patientinnen und Patienten ihr Gewicht gezielt reduzieren?“ Dieser Frage wird in zukünftigen Untersuchungen nachgegangen werden.
Genaue Abklärung durch Spezialisten wichtig für bestmöglichen Outcome
Auch wenn der komplette Pathomechanismus der Entstehung bzw. der Ausprägungen von Asthma noch nicht vollständig geklärt ist: In den letzten Jahren sind enorme Fortschritte zum Verständnis dieser chronischen Erkrankung gemacht worden. Und mit zunehmendem Verständnis der einzelnen involvierten Signalwege [Pathways] eröffnen sich auch neue gezielte Therapieoptionen. „Daher ist die genaue Abklärung dieser Erkrankung durch Lungenfachärztinnen und -ärzten für die weitere Therapie und somit für den weiteren Krankheitsverlauf dieser chronischen, lebenslangen Erkrankung und so letztendlich für die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten entscheidend“, betont ÖGP-Generalsekretärin ao Univ.-Prof.in Dr.in Judith Löffler-Ragg. Am besten wird dies von den Expertinnen und Experten in auf Pneumologie und Asthma spezialisierten Zentren bewerkstelligt.
Und: Asthma ist die häufigste chronische Atemwegserkrankung bei Kindern. Die Diagnostik von kindlichem Asthma ist aber komplex und herausfordernd. Häufig wird die Erkrankung entweder nicht erkannt oder auch fälschlicherweise diagnostiziert. In der Folge werden diese Kinder und Jugendlichen nicht, nicht ausreichend oder unnotwendigerweise behandelt – mit mitunter weitreichenden Auswirkungen auf ihren weiteren gesundheitlichen Lebensverlauf: Daher auch bei Kindern und Jugendlichen – unbedingt zur Spezialistin oder zum Spezialisten gehen!
Zusammenfassung
Breyer-Kohansal abschließend: „Insgesamt kann gesagt werden: Asthma ist in Österreich häufig, es betrifft alle Altersgruppen, jedoch ist nicht jedes Asthma gleich – es gibt unterschiedliche Asthma-Untertypen oder Asthma-Profile, die auch unterschiedlich behandelt werden müssen, um die optimale Therapie und somit den besten Outcome zu erzielen. Es ist so, dass eine erhöhte Fettmasse bzw. starkes Übergewicht bei Patientinnen und Patienten mit Asthma häufiger vorkommt als bei Gesunden. Das bedeutet, dass es vermutlich notwendig sein wird, bei der Asthma–Behandlung nicht nur medikamentös zu intervenieren, sondern auch Maßnahmen zu fördern, die den Lebensstil und die Körperkomposition positiv beeinflussen.“
Quellenangabe
[1] https://lunghealth.lbg.ac.at/ [2] LEAD – Lung, hEart, sociAl, boDy – www.leadstudy.at
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